ÖSTERREICH-Interview

Erwin Pröll fordert neues ORF-Gesetz

12.12.2008

Landeshauptmann Erwin Pröll fordert im ÖSTERREICH-Interview eine Reform des ORF-Gesetzes.

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© TZ Oesterreich Niesner Lisi
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ÖSTERREICH: Sie waren einer der härtesten Kritiker der „alten“ Großen Koalition - wie beurteilen Sie die Neuauflage unter Faymann?

Erwin PRÖLL: Ich bin froh, dass es diesen Neuanfang gegeben hat. Ich glaube, dass eine Große Koalition gerade in herausfordernden Zeiten gut funktionieren kann. Die neue Regierung gefällt mir gut - sie ist eine echte Alternative zu den letzten zwei Jahren. Die Ansätze der neuen Regierung sind vielversprechend, zeigen in die richtige Richtung. Da sind zwei an der Spitze, die miteinander wollen, die ihr politisches Handwerk beherrschen - kein Vergleich zu früher.

ÖSTERREICH: Stehen wir vor schwierigen wirtschaftlichen Jahren?

PRÖLL: Der Weg wird zweifelsohne steiler. Wir haben in Niederösterreich mit einem Konjunkturpaket von 350 Millionen Euro und einem Arbeitnehmerpaket gegengesteuert und wir sind das einzige Bundesland neben Wien, wo die Arbeitslosigkeit noch sinkt und nicht steigt. Aber wir planen angesichts der doch dramatischen Wirtschaftslage noch mehr, ein zweites Konjunkturpaket und werden vermutlich Anfang Jänner beschließen, weitere 500 Millionen Konjunkturförderung bereitzustellen, um diesmal öffentliche Bauten - von Krankenhäusern bis Schulen - vorzuziehen.

ÖSTERREICH: Sollte auch die Bundesregierung ihr Konjunkturpaket nachbessern?

PRÖLL: Wenn die Auftragslage Schwächen zeigt, muss so wie in Niederösterreich nachgebessert werden - auch im Bund. Die Konjunktur muss in Trab gehalten werden. Aber ich warne davor, dass wir uns jetzt in einen Pessimismus hineinsteigern. Es kommt auch auf die emotionale Stimmung an - wir sollen uns jetzt nicht in eine Negativspirale hineinreden. Viel spricht dafür, dass wir die Konjunktur-Delle besser überstehen als andere Länder.

ÖSTERREICH: Es gibt Gerüchte, dass Sie dem von Ihnen so lange abgelehnten Semmering-Tunnel jetzt zustimmen?

PRÖLL: Der Kompromiss ist im Gange, das ist richtig. Ich halte fest, dass das ursprüngliche Projekt ein Bruchprojekt, eine Umweltkatastrophe gewesen ist. Faymann war bereit, von diesem Projekt vollständig abzurücken. Wir haben eine Analyse des gesamten Semmeringmassivs vorgenommen, es wurden 13 Alternativen auf den Tisch gelegt, es wurde nun eine Alternative ausgewählt, die befindet sich jetzt bereits in der Umweltverträglichkeitsprüfung. Und wenn die positiv ausfällt, wird es meine Zustimmung zu einem Semmering-Tunnel geben.

ÖSTERREICH: Sie sagen das zum ersten Mal so klar?

PRÖLL: Ich sage das zum ersten Mal klar, weil die Alternative gut ist, weil die Umwelt jetzt für Generationen gerettet ist - wenn die Prüfung positiv ist, gibt es meine Zustimmung, dann kann der Semmeringtunnel 2015 fertig befahrbar sein.

ÖSTERREICH: Treten Sie 2010 als Bundespräsident an?

PRÖLL: Die Gerüchte sind offenbar von dem Faktum genährt, dass der jetzige Bundespräsident angeblich amtsmüde ist. Aber das ist für mich kein Grund, darüber nachzudenken.

ÖSTERREICH: Was wünschen Sie sich von der neuen Regierung außer Konjunkturhilfe?

PRÖLL: Eine rasche Gesundheitsreform, 300 Polizisten mehr für Niederösterreich vor allem aber - ganz wichtig - eine rasche ORF-Reform. Wenn die Dinge im ORF so weiterlaufen, wie sie es derzeit tun, dann ist absehbar, dass dieses Unternehmen sehenden Auges direkt an die Wand fährt. Da ist Handlungsbedarf in den nächsten Wochen. Da muss man zunächst das Gesetz analysieren und reformieren und dann das Unternehmen organisatorisch und personell neu aufstellen.

ÖSTERREICH: Sie fordern ein neues ORF-Gesetz?

PRÖLL: Man muss das Rundfunkgesetz rechtlich neu hinterfragen. Es kann nicht sein, dass ein Unternehmen ständig die Gebühren erhöht, dabei 100 Millionen Euro Schulden macht und noch seine Seher verliert.

ÖSTERREICH: Soll die Führung ausgetauscht werden?

PRÖLL: Das kann dann die Konsequenz sein, ja.

ÖSTERREICH: Sie fordern also die Ablöse von Generaldirektor Wrabetz und der ORF-Direktoren.

PRÖLL: Das ist Ihre Interpretation, aber ich widerspreche nicht.

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