SP-Gipfel in Paris

Faymann: Rote stehen zu Juncker

21.06.2014

Kanzler gegen den Briten-Premier. SP-Spitze macht schwarzem Kandidaten die Mauer.

Zur Vollversion des Artikels
© APA/BKA
Zur Vollversion des Artikels

Elf sozialdemokratische Regierungschefs sowie Deutschlands SPD-Vizekanzler Sigmar Gabriel und EU-Parlamentspräsident Martin Schulz trafen einander am Samstag um 11 Uhr in Paris, um ein Personalpaket für die EU zu schnüren.

SP-Fraktion rüstet sich für Kampf gegen Cameron
In einem Lokal vis à vis vom Élysée konferierten François Hollande, Werner Faymann, Italiens Matteo Renzi und andere über den spannenden EU-Gipfel, der am Donnerstag in Brüssel tagt.

Die Roten schworen sich auf Jean-Claude Juncker als EU-Kommissionspräsidenten ein. Dänemarks Premierministerin Helle Thorning-Schmidt (samstags auch in Paris dabei) könnte EU-Ratspräsidentin werden. Ein Kampf mit David Cameron steht bevor, wie auch Kanzler Werner Faymann im ÖSTERREICH-Interview ankündigt: „Wenn Cameron gegen ihn stimmen will, müssen wir ihn notfalls überstimmen.“ Und auch Merkel müsse man daran erinnern, dass sie Juncker zum EVP-Spitzenkandidaten gewählt habe.
 

Faymann: "Notfalls Cameron überstimmen"

ÖSTERREICH: Sie waren bei einem informellen Treffen mit anderen SP-Regierungschefs in Paris. Haben Sie sich auf Jean-Claude Juncker als EU-Kommissionspräsidenten geeinigt?
Werner Faymann: Was man vor der Wahl sagt, muss auch nach der Wahl gelten. Die Konservativen sind bei der EU-Wahl trotz Stimmenverlusten Erste geblieben, daher soll der EVP-Spitzenkandidat Jean-Claude Juncker Kommissionspräsident werden. Wir Sozialdemokraten sind da einig. Bei dem Treffen ging es uns aber auch um Inhalte.

ÖSTERREICH: Sie wollen den Stabilitätspakt neu interpretieren?
Faymann: Ja, es geht darum, Spielräume vernünftig zu schaffen, um Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Nur sechs bis sieben Milliarden gegen Jugendarbeitslosigkeit bereitzustellen, ist ein schlechter Scherz. Allein für eine Halbierung der Jugendarbeitslosigkeit in der EU bräuchten wir 15 bis 17 Mrd. pro Jahr. Und auch die Finanztransaktionssteuer kann nicht nur ein Erinnerungsposten bleiben.

ÖSTERREICH: Am Donnerstag will David Cameron Juncker beim EU-Gipfel verhindern. Was machen Sie, wenn Merkel ihn nicht überstimmen will?
Faymann: Da muss man Frau Merkel erinnern, dass sie Juncker in Dublin zum EVP-Spitzenkandidaten mitgewählt hat. Ich glaube aber, dass Merkel ihre Unterstützung für Juncker nun ernst meint. Wenn Cameron gegen ihn stimmen will, müssen wir ihn notfalls überstimmen. Dann soll die Mehrheit für Juncker stimmen.

ÖSTERREICH: Freitagabend wurden 11 heimische Banken wegen des Hyposondergesetzes abgewertet. Echtes Ungemach für den Finanzplatz, oder?
Faymann: Wenn schon das Hyposondergesetz so ein Ungemach auslöst, was glauben Sie, was die Insolvenz für den Finanzmarkt Österreich bedeutet hätte? Daher sollte die Opposition auch endlich ihre Polemik mit der Insolvenz einstellen. Eine Insolvenz hätte eine gefährliche Lawine zur Folge.

ÖSTERREICH: Deutschlands Finanzminister Schäuble will mit Spindelegger über das Hyposondergesetz reden. Und es drohen Klagen von Gläubigern, nicht?
Faymann: Finanzminister und Justizminister sind auf mögliche Klagen vorbereitet. Dann muss man diese Verfahren führen. Wir haben es uns nicht einfach gemacht. Daher war es ja auch so wichtig, die Bankenabgabe zu verlängern, die in die Hypo-Abwicklung geht. Es kann nicht sein, dass nur die Steuerzahler haften.

ÖSTERREICH: Apropos: Die ÖVP-Spitze lehnt nach wie vor eine Steuerreform ab 2015 ab …
Faymann: Die Menschen müssen von Lohnerhöhungen auch etwas spüren. Die kalte Progression muss ausgeglichen werden. Wir brauchen eine Entlastung im Umfang von vier bis sechs Milliarden Euro. Ich denke, eine Einigung mit der ÖVP dazu wird möglich sein. Die Steuerreform muss bereits 2015 in Kraft treten. Isabelle Daniel

Zur Vollversion des Artikels