Grasser zu Droh-Mail

"Vergessen Sie angeschossenes Raubtier"

06.10.2009

Der frühere Finanzminister will anhand von Unterlagen nachweisen, beim Buwog-Verkauf nichts manipuliert zu haben.

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In der Affäre um die Vergabe der Bundeswohnungen an die Immofinanz hat der damalige Finanzminister Karl-Heinz Grasser abermals alle Vorwürfe von sich gewiesen. "Sie können davon ausgehen, dass ich ein supersauberes, reines Gewissen habe", sagte er. Der Verkauf der Bundeswohnungen sei "sehr professionell, transparent, juristisch sauber und einwandfrei" über die Bühne gegangen und habe einen "sehr guten Erfolg für die Steuerzahler" gebracht.

Der Vorwurf der Manipulation war von einem ehemaligen Kabinettsmitarbeiter Grassers, Michael Ramprecht, gekommen. Sein Droh-Mail finden Sie hier.

Rache wegen Jobverlust
Grasser griff seinen ehemaligen Kabinettsmitarbeiter heftig an, der die Affäre ins Rollen gebracht hatte. Dieser Mitarbeiter, Michael Ramprecht, sei nur frustriert, weil Grasser sein Mandat als Geschäftsführer der Bundesbeschaffungsagentur nicht verlängert habe.

"Angeschossenes Raubtier"
Ramprecht hätte damals jederzeit die Möglichkeit gehabt, ihn, Grasser, direkt zu fragen, was er wolle. Das habe Ramprecht nie getan, aber Grasser hätte ohnehin nur geantwortet, dass er sich die Ermittlung des "Bestbieters" wünsche, sagt Grasser. Ramprechts Aussagen seien "völlig unglaubwürdig. Vergessen Sie das einfach", so Grasser, der auch aus einem E-Mail Ramprechts aus dem Jahr 2006 vorlas. Demnach habe sich Ramprecht selber als "angeschossenes Raubtier" bezeichnet, das "ganz ganz unangenehm werden" könne.

Haider in der "Realverfassung"
Das Vorkaufsrecht für das Land Kärnten sei politisch nötig gewesen, da in der "Realverfassung" in Zeiten der Schwarz-Blauen Koalition ein Wunsch des Kärntner Landeshauptmannes Jörg Haider nicht ignoriert werden konnte. Und Haider habe gegen den möglichen Verkauf Kärntner Wohnungen ins Ausland gewettert und habe dafür besänftigt werden müssen.

Preis war okay
Grasser wies auch Vorwürfe zurück, das Verfahren habe einen zu geringen Preis erbracht. Die Rendite für den Käufer sei bei nur 4,1 Prozent gelegen, international hätten Käufer bei vergleichbaren Wohnungspaketen Renditen von 4,7 bis 8 Prozent erzielt. "Wir hätten auch um zwei Milliarden Euro verkauft, wenn es jemand gezahlt hätte", so Grasser.

Vergabekommission und Rechnungshof
Grasser ruft auch die Mitglieder der zwei Vergabekommissionen als Zeugen auf, dass bei dem Deal alles mit Rechten Dingen zugegangen ist. Bisher haben diese aber jede öffentliche Stellungnahme verweigert - sie sind auch an die Schweigepflicht gebunden. Grasser wieder sagte, sie würden wohl lieber Golf spielen, als sich am frühen morgen den Fragen der Presse zu stellen. Auch die Rohfassung der Antworten des Finanzministeriums an den Rechnungshof, in der laut Grasser für ihn entlastende Aussagen enthalten wären, ist Verschlusssache und kann laut Finanzministerium nicht veröffentlicht werden.

Mieter war nicht interessiert
Zunächst sei versucht worden, die Wohnungen an die Mieter zu verkaufen, da hätten aber nur 1.200 Mieter zugegriffen, führte der Ex-Finanzminister aus. Dann sei der Versuch gestartet worden, die fünf Bundeswohnbaugesellschaften WAG Linz), Buwog (Wien), ESG (Villach), WBG und EBS im Paket zu verkaufen. Bei der WBG habe es eine "Rechtsunsicherheit" gegeben, deshalb sei diese aus dem Paket herausgelöst und um 55 Mio. Euro getrennt verkauft worden. Und bei der ESG habe der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider gegen einen möglichen Ausverkauf von Kärntner Wohnungen an das Ausland gewettert, deshalb sei dem Land Kärnten ein Vorkaufsrecht zugestanden worden, um den Verkaufsprozess nicht politisch zu gefährden.

Lehman mit Mehrheit gewählt
Zunächst habe es von Jänner bis 21. September 2009 eine Vergabekommission zur Findung der Investmentbank gegeben. Von zunächst 19 Interessenten seien 5 eingeladen worden, Lehman Brothers sei von der Kommission "mit Mehrheitsbeschluss" vorgeschlagen worden. "Mir war es völlig wurscht", welche Bank den Zuschlag erhält, sagt Grasser heute dazu und verweist auf die prominente Besetzung der Kommission unter Leitung seines ehemaligen Kabinettsmitglieds Michael Ramprecht.

Immofinanz war Bestbieter
Danach gab es eine zweite Vergabekommission, die den richtigen Käufer suchen sollte. Es habe zunächst rund 30 Interessenten, meist aus dem Ausland gegeben, von denen drei, Blackwater, CA Immo und eine Gruppe um die Immofinanz verbindliche Angebote legten. Blackwaters Höchstgebot sei bei 677 Mio. Euro gelegen, die CA Immo habe 928 Mio. Euro geboten, das "Österreich-Konsortium" hingegen 837 Mio. Euro plus sechs Besserungsscheine. Diese Angebote habe die Vergabekommission nicht vergleichen können, daher sei eine weitere Bieterrunde eröffnet worden. Wobei es international üblich sei, dass mehrere Runden gemacht werden, betonte Grasser.

Dann seien - am 11. Juni 2004 - zwei versiegelte Kuverts beim Notar abgegeben worden, die vor Zeugen geöffnet wurden. So sei es zum Letztgebot von 961 Mio. Euro gekommen. Auch die unterlegene CA Immo habe gegen die Entscheidung nie Rechtsmittel eingelegt, sagte Grasser, der nach eigenen Angaben die Entscheidung "zur Kenntnis genommen" und "in den Ministerrat gebracht" hat.

Kärnten verzichtete
Schon am 14. Juni habe das Land Kärnten dann auf sein Vorkaufsrecht verzichtet, am gleichen Tag habe der Ministerrat dem Bestbieter den Verkauf abgesegnet. Eile sei geboten gewesen, denn die Immofinanz hätte einen Abschlag von drei Prozent (also knapp 30 Mio. Euro) verrechnet, wenn die Entscheidung nicht innerhalb einer Woche gefallen wäre. Grasser sagte, er wisse nicht, ob Haider damals von diesem Abschlag gewusst habe, es seien aber sicher deswegen keine Zahlungen an ihn geflossen.

Die Transaktion habe der Republik 961 Mio. Euro Erlös für die vier im Paket verkauften Wohnbaugesellschaften sowie 55 Mio. Euro für die einzeln verkaufte WBG gebracht. Dazu komme die Übernahme von Darlehen im Wert von gut 1,5 Mrd. Euro, sodass der Deal in Summe ein "Transaktionsvolumen" von 2.639 Mio. Euro umfasse.

ÖVP gegen weitere RH-Prüfung
ÖVP-Finanzminister Josef Pröll will keine weitere Rechnungshof-Prüfung der Angelegenheit. Der Rechnungshof habe den Buwog-Verkauf bereits zweimal "auf Herz und Nieren geprüft". Nun sei die Justiz gefordert, in der Affäre für Transparenz zu sorgen. Einen U-Ausschuss lehnt Pröll ebenfalls weiterhin ab: "Ich sehe derzeit keine politischen Verfehlungen." Der gleichen Meinung sind ÖVP-Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner und ÖVP-Finanzstaatssekretär Reinhold Lopatka.

SPÖ bleibt misstrauisch
Davor hatte SPÖ-Finanzstaatssekretär Andreas Schieder nach einer RH-Prüfung aller Privatisierungen unter Grasser gerufen. Und SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter will nicht glauben, dass "Grasser nicht davon gewusst haben will, dass sein Trauzeuge und Geschäftspartner viele Millionen Euro für den von ihm als Finanzminister forcierten BUWOG-Deal kassiert hat". Zuletzt hatte SPÖ-Parteichef Werner Faymann einen U-Ausschuss nicht ausgeschlossen.

Grüne pochen auf U-Ausschuss
Die Grünen machen sich weiterhin für einen U-Ausschuss stark. Natürlich solle die Justiz ermitteln, so Grünen-Chefin Eva Glawischnig. Der geforderte U-Ausschuss müsse sich aber nicht nur mit der Buwog-Affäre, sondern mit dem "ganzen System unter Schwarz-Blau" auseinandersetzen, denn "Grasser stand oft im Zwielicht". Es gehe auch um Fälle, die weiter zurückliegen würden.

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