In Chat von Tätern belastet

Ibiza-Krimi: Jetzt Ermittlungen gegen Kripo-Offizier

26.06.2020

Der Ibiza-Krimi spielt nun auch im Innenministerium: Ein Kripo-Offizier steht in Verdacht, dass er Kontakt zu zwei Haupttätern der Ibiza-Bande hatte.

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Von „Imperium in imperio“ oder „Deep State“, also dem „Staat im Staat“, schwurbeln immer wieder Verschwörungstheoretiker – aber jetzt zeigt sich: Die etwa 20 Ibiza-Video-Produzenten und ihre Helfer und Komplizinnen könnten tatsächlich „Schutzengel“ in der Exekutive haben.

Computer kurz vor der Kripo-Razzia abgeholt

Zufall? Erste Hinweise darauf lieferte im Sommer 2019 der auffällig bedächtige Beginn der Ermittlungen gegen die Produzenten des Videos, das Heinz-Christian Strache den Vizekanzler-Job gekostet und die türkis-blaue Regierung gesprengt hat.

Dann konnte im Herbst des Vorjahres noch eine Teilzeit-Geliebte des tatverdächtigen Detektivs dessen Computer nur wenige Tage vor der Hausdurchsuchung in Wien-Donaustadt wegschaffen. „Was für ein Zufall . . .“, kommentiert das Prof. Gert Schmidt, Chef der Investigativplattform EU-Infothek.com, der ebenfalls schon seit Monaten in diesem Krimi recherchiert.

 

Polizieioffizier wird von Täter dreimal erwähnt

Brisant. Jetzt lieferten von der Soko Ibiza sichergestellte Threema-Chats des Ibiza-Detektivs mit dem in U-Haft sitzenden mutmaßlichen Komplizen K. den wichtigsten Hinweis auf ganz besondere Kontakte der Ibiza-Video-Clique.

Gleich dreimal erwähnt der im Herbst wegen Suchtgiftdelikten verhaftete K., bei dem die Cobra eine abgesägte Schrotflinte, 136.000 € in bar und auf Sparbüchern sowie Kokain gefunden hat, in seinen Chats mit dem untergetauchten Detektiv den abgekürzten Namen eines Kripo-Chefermittlers.

 

Belastender Chat auch im Soko-Zwischenbericht

Chat. Kripo-Boss X. (Name der Redaktion bekannt) soll laut K. konkrete Hinweise auf den Chefermittler der Soko Ibiza im Bundeskriminalamt, Andreas Holzer, gegeben haben. Am 10. Juni 2019 um 15.45 Uhr schrieb K. im Chat: „Dieser Holzer ist von Lungau. Gute Verbindungen nach Salzburg. X. sagt: Sehr falsch, mit Vorsicht zu genießen. Wenn was kommt, werde ich Info haben.“

„K. ist der Meinung, dass er ,Unterstützung von ihm immer habe‘“, schreiben dazu die Ermittler der Soko Ibiza auf Seite 223 ihres Zwischenberichts. Die Kriminalisten identifizieren auch ihren Kollegen: „Mit X. ist vermutlich der Leiter X. gemeint. Er hat K. offensichtlich geraten, dass er aufpassen soll.“

 

Kriminalbeamter: „Sag gar nix zu der Gschicht“

Bestätigt. Inoffiziell wurde ÖSTERREICH jetzt von Mitarbeitern des Innenministeriums bestätigt, dass gegen den Kripo-Offizier ein Ermittlungsverfahren beim Bundesamt für Korruptionsbekämpfung (BAK) eingeleitet worden sei. Eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft wurde jedoch rasch eingestellt. Die Reaktion aus dem Innenministerium dazu: „Ärgerlich. Wir wollen diesen Fall sauber aufarbeiten.“

Wie sah „Unterstützung“ der Ibiza-Täter dann aus?

Verdacht. Mit dem Auffliegen der Chats stellen sich mehrere Fragen: Wäre es möglich, dass der Kripo-Chef den Haupttatverdächtigen früh gewarnt hat, dass es einen Haftbefehl gegen ihn gibt? Oder davor, dass die Schweizer Justiz für die Staatsanwaltschaft Wien das Schließfach der Bande in Zürich durchsuchen lässt?

Gegenüber ÖSTERREICH wollte sich der Kripo-Offizier nicht äußern: „Ich sag gar nichts zu der Gschicht. Eine Dienststelle ermittelt eh.“

Die Bekanntschaft der Ibiza-Tätergruppe mit dem Offizier dürfte übrigens schon seit Jahren bestehen, meint Prof. Gert Schmidt von EU-Infothek.com: „Die kennen sich von Einsätzen gegen Zigarettenschmuggel-Banden. Da hatte die Truppe des Detektivs von der Kripo Aufträge übernommen.“

(rs)

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