Irak-Mission

Kurz besucht Flüchtlingslager

02.02.2015

Minister Kurz setzte seinen Irak-Besuch in der nordirakischen Kurdenregion fort.

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Abdullah Hawre kann sich noch genau an den 13. August des Vorjahres erinnern. "Plötzlich waren da 100.000 Menschen, die auf den Checkpoint zuströmten", erzählt der UNHCR-Mitarbeiter von den Tagen nach dem Fall der nordirakischen Stadt Mossul. Ein halbes Jahr später fristen knapp 3000 von ihnen ein kärgliches Dasein in einer Zeltstadt außerhalb von Erbil.

Camp Baharka
Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) hat sich am Montagvormittag für den Besuch von Camp Baharka Jeans und feste Schuhe angezogen, während viele der Delegationsmitglieder sichtlich Mühe haben, ihre Geschäftskleidung vor dem Schlamm zu schützen. Ein Teil der Zelte wurde in einer leer stehenden Betonhalle untergebracht, um den Menschen notdürftigen Schutz vor Wind und Wetter zu bieten.

 "Schauen Sie sich um, das größte Problem sind Wasser und sanitäre Einrichtungen", sagt der Mitarbeiter des UNO-Flüchtlingshilfswerks. Und, eine Ironie in der ölreichen Region, es fehlt auch an Brennstoffen - oder zumindest dem Geld dafür. Jede Flüchtlingsfamilie habe Anspruch auf 200 Liter Kerosin zum Kochen und Heizen, aber das reiche bei weitem nicht. Wenn es kalt wird, bleiben im Camp Baharka viele Öfen aus.

Humanitäre Hilfe
Drei Millionen Euro an humanitärer Hilfe hat Österreich seit dem Ausbruch der Flüchtlingskrise im vergangenen Sommer geleistet, rund 400.000 Menschen wurden dadurch mit notwendigen Gütern wie Decken, Hygieneartikeln oder Medikamenten versorgt. Die Versorgung der Flüchtlinge durch die kurdischen Behörden sei "relativ gut", erzählt Daniela Krejdl von der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit. Zelte und Decken gebe es mittlerweile genug, doch vielen Flüchtlingen fehle es an Geld.

Der erste Winter im Flüchtlingslager ist praktisch überstanden, und so sind die Camp-Bewohner vergleichsweise guter Dinge. Während Kurz gebückt ein Zelt von innen besichtigt, scherzt Europaabgeordneter Elmar Brok mit einer Gruppe von Kindern. Sie formiert sich zu einer Meute, die die Besucher auf ihrem Rundgang mit "Hoch lebe Kurdistan"-Rufen verfolgt.

Wirtschaftskrise
Sollten sie nicht in der Schule sein? Nein, denn auch in Kurdistan sind derzeit Semesterferien. Für den Volks- und Hauptschulunterricht ist im Flüchtlingslager gesorgt, betont Hawre. Zwar können sich die Flüchtlinge frei bewegen, "und sie können auch Häuser mieten, wenn sie das Geld dafür haben", aber um die Integration ist es nicht gerade gut bestellt. Wegen der Wirtschaftskrise tun sich auch die Einheimischen schwer, Jobs zu finden. Außerdem wollen fast alle Flüchtlinge zurück in ihre Heimatregion Mossul.

Nächste Station Ainkawa, ein Vorort von Erbil. Fast alle Bewohner dort sind Christen, und die chaldäische Kirche hat dort ein Flüchtlingslager für die aus Mosul und Qaraqosh geflüchteten Glaubensgenossen eingerichtet. 560 Personen leben in 62 Zelten, die einen robusteren Eindruck machen als jene in Baharka. Kein Schlamm, eine kleine Bibliothek mit Kinderbüchern und sogar ein Kinderspielplatz. "Hier beginnen die Kinder wieder zu spielen", sagt der chaldäisch-katholische Bischof von Erbil, Bashar Warda.

Viele Flüchtlinge haben Arbeit gefunden, und ihre Kinder gehen in Schulen außerhalb des Camps. Es gehe darum, sie aus der Notlage zu holen, betont der Bischof. "Ich möchte nicht, dass sie wie Bettler leben." Trotz der vom IS verübten Gräueltaten wollen die meisten Flüchtlinge wieder zurück in ihre Heimatorte. Gleichzeitig kämen viele Christen, die in die Türkei geflüchtet seien, in die nordirakische Kurdenregion zurück.

Von über einer Million auf nur noch 300.000 Personen ist die christliche Gemeinschaft im Irak durch den IS-Vormarsch geschrumpft, täglich verlassen 60 Christen den Irak. Bischof Warda sieht darin einen bleibenden Schaden für die irakische Gesellschaft. "Wir brauchen religiöse Vielfalt, um Brücken zu bauen", sagt er mit Blick auf die religiösen Konflikte im Land.

Zehn Millionen Menschen wurden durch den IS-Terrorismus vertrieben, betont Außenminister Kurz. Er sieht vor diesem Hintergrund keine Alternative dazu, sich am Kampf gegen IS zu beteiligen. Es wäre ein Fehler zu glauben, "dass, wenn wir uns raushalten, die IS-Terroristen an uns vorbeisehen würden". Insbesondere geht es darum, sicherzustellen, dass die religiösen Minderheiten im Land bleiben können. Ansonsten "hätten die Terroristen gewonnen". Einen Lichtblick sieht der Minister im friedlichen Zusammenleben von Christen, Yeziden, Schiiten und Sunniten im Flüchtlingslager Baharka. "Sie alle eint, dass ihnen grausame Verbrechen von den IS-Terroristen zugefügt worden sind."
 

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