Kanzler im ÖSTERREICH-Interview

Kurz: Strengere Grenzkontrollen für Rückkehrer

14.08.2020

Kanzler Kurz im ÖSTERREICH-Interview über den Anstieg bei den Corona-Neuinfektionen und Reisewarnungen. 

Zur Vollversion des Artikels
© TZOE/Deak
Zur Vollversion des Artikels

ÖSTERREICH: Wie schätzen Sie den aktuellen Anstieg bei den Corona-Neuinfektionen ein? Ist das besorgniserregend?

Sebastian Kurz: Es war absehbar, dass durch die Reisebewegungen in der Ferienzeit die Zahl der Neuinfektionen steigt. Aber ja, ich mache mir Sorgen: Die aktuellen Zahlen sind besorgniserregend.

ÖSTERREICH: Immer mehr Infizierte in Österreich sind laut den aktuellen Statistiken Junge. Woran liegt das?

Kurz: Das liegt an sozialen Kontakten sowie der ausgelassenen Urlaubsstimmung. Aus Gesundheitssicht ist es freilich positiv, dass wir weniger ältere Corona-Infizierte haben. Ich kann jedenfalls nur appellieren, dass wir weiter vorsichtig sind, Abstand halten und soziale Kontakte möglichst im Freien haben. Außerdem sind Reisen in betroffene Gebiete zu unterlassen, und wenn man in diesen Regionen ist, sollte man dringend nach Österreich zurückkehren.

ÖSTERREICH: Ab Montag gilt eine Reisewarnung für Kroatien. Warum war das notwendig?

Kurz: Alleine gestern gab es 55 Infizierte, die sich in Kroatien angesteckt haben. Es gibt eine massive Einschleppung des Virus aus Kroatien. Deshalb mussten wir hier rasch handeln. Die Reisewarnung für Kroatien gilt ab Montag und wird ab dann auch kontrolliert.

ÖSTERREICH: Heißt das, dass man ab Montag einen Corona-Test braucht, wenn man aus Kroatien nach Österreich einreist?

Kurz: Ja, genau. So wie es auch bei der Einreise aus anderen Risikogebieten ist.

ÖSTERREICH: Es gibt Kritik, dass Rückkehrer an den Grenzen nicht ordentlich kontrolliert werden. Muss hier bei den Grenzkontrollen nachgeschärft werden?

Kurz: Hier muss strenger kontrolliert werden. Es ist dringend notwendig, dass die Gesundheitsbehörden sicherstellen, dass hier flächendeckender kontrolliert wird als bisher. Und zusätzlich liegt es in der Verantwortung jedes Einzelnen, sich an die Vorgaben zu halten und innerhalb von 48 Stunden einen Corona-Test zu machen.

ÖSTERREICH: Es gibt die Forderung, dass Rückkehrer direkt an der Grenze getestet werden sollen. Was halten Sie davon?

Kurz: Das halte ich für sinnvoll. Das liegt in der Verantwortung der Gesundheitsbehörden.

ÖSTERREICH: In wenigen Wochen startet die Schule. Wie wird der Schulstart im Herbst ablaufen? Im Vollbetrieb?

Kurz: Ich bin dem Bildungsminister sehr dankbar, dass er über den Sommer ein detailliertes Konzept ausgearbeitet hat, das er am Montag präsentieren wird. Ziel ist, dass der Schulbetrieb stattfindet. Wenn Verdachtsfälle auftreten, soll es in diesen Schulen dann möglichst flächendeckende Tests geben.

ÖSTERREICH: Wann werden Schulen geschlossen?

Kurz: Das wird für jede Schule einzeln zu beurteilen sein.

ÖSTERREICH: Wie schätzen Sie die Situation im Herbst ein? Können Sie einen zweiten Lockdown ausschließen?

Kurz: Wir müssen alles tun, um die Ausbreitung des Virus zu unterbinden, ohne, dass wir einen zweiten Lockdown durchführen. Das will keiner! Aber die Gesundheitsbehörden müssen besser werden in ihrer Arbeit. Das betrifft das Durchführen von Testungen. Es dauert noch immer zu lange, bis die Betroffenen die Ergebnisse bekommen. Aber auch die Quarantäne-Maßnahmen müssen schneller umgesetzt werden.

ÖSTERREICH: Fürchten Sie, dass durch die steigenden Corona-Zahlen jetzt auch die Stimmung für die Wirtschaft wieder schlechter wird?

Kurz: Umso besser die Gesundheitssituation ist, desto besser ist auch die Basis für unsere Wirtschaft. Genau deswegen ist es auch so wichtig, dass wir jetzt konsequent gegen den Anstieg bei den Neuinfektionen vorgehen.

ÖSTERREICH: Es wirkt so, dass Sie sich jetzt wieder stärker einbringen und die Corona-Politik zur Chefsache machen …

Kurz: Als Bundeskanzler bin ich immer intensiv im Einsatz. Corona wird uns noch länger beschäftigen. Aber natürlich ist es so, dass mehr gefordert wird, wenn die Zeiten herausfordernder werden.

Interview: Niki Fellner 
Zur Vollversion des Artikels