Zib2-Interview

Bischöfin kämpft für Feiertags-Comeback

14.11.2025

Marie Claire Zimmermann hat mit Cornelia Richter gesprochen, der ersten Frau an der Spitze der evangelischen Kirche. Im ZiB2-Interview erzählt Richter von der Rolle von Frauen in der Kirche, finanziellen Herausforderungen und ihrem Wunsch, den Karfreitag wieder als Feiertag zu etablieren.

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© ORF/Screenshot
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"Offensichtlich ist jetzt die Zeit reif", sagt sie zu ihrem historischen Amtsantritt. Es habe in Österreich schon länger Frauen in hohen kirchlichen Funktionen gegeben. Richter erinnert an Superintendentinnen oder an die Diakoniedirektorin. Nur das Bischofsamt habe bisher gewartet. "Und in wenigen Wochen werden wir auch die erste evangelische Superintendentin in Kärnten ins Amt einführen."

Für junge Frauen sieht sie in ihrem Amt eine klare Vorbildfunktion. "Die Jugendlichen, die groß werden, die haben damit natürlich ein Rollenbild vor Augen, wo man sagt: Ah, da schau, das kann man dann auch werden." Sie selbst habe das schon an der Universität erlebt, in der Kirche werde das jetzt noch deutlicher.

"Empowerment von Frauen vorantreiben"

Im Gespräch über die katholische Kirche zeigt sie Respekt für deren schwierige Lage, macht aber auch Unterschiede deutlich. "Biblisch und auch dogmatisch, also von der Glaubenslehre her, gibt es eigentlich keinen Grund, Frauen nicht zu ordinieren." Die katholische Kirche müsse allerdings Spannungen über Kontinente hinweg aushalten, deshalb handle sie in manchen Fragen anders. Trotzdem bleibt für Richter klar: "Das gemeinsame Ziel muss ja sein, dass man Frauen fördert, das Empowerment von Frauen vorantreibt gemeinsam."

Mitgliederschwund und finanzielle Sorgen

Auch der Mitgliederschwund in ihrer Kirche beschäftigt sie. Das Phänomen sei Teil eines größeren Wandels, der mit dem veränderten Verhältnis junger Menschen zu Institutionen zu tun habe. "Die binden sich in Kirchen, aber auch in anderen Institutionen eher auf Zeit, eher projektbezogen." Trotzdem sieht sie viel Potenzial. "Wir sind immerhin noch fast 250.000. Das ist gar nicht so wenig, auch im Vergleich mit anderen Playern in der Gesellschaft."

Die finanzielle Lage beschreibt sie als angespannt. "Die evangelische Kirche ist eine sehr bescheidene Kirche, um nicht zu sagen: eine arme Kirche." Es gebe keine großen Rücklagen oder Ländereien, alles fließe direkt in die Gemeindearbeit. "Sparen müssen wir immer und überall", sagt sie. Ein Chauffeur für die Bischöfin? "Das wäre uns zu teuer." Kirchenverkäufe? "Derzeit eigentlich keine Frage." Gemeinden hätten viel Eigenständigkeit und viele funktionierten vor Ort sehr gut.

Richter kämpft für den Karfreitag als Feiertag

Ein Thema, das sie besonders bewegt, ist der Karfreitag. Seit dem EuGH-Urteil von 2019 ist er kein gesetzlicher Feiertag mehr für evangelische Gläubige. Für Richter ist das ein empfindlicher Verlust. "Das ist ein Feiertag, der nicht nur essentiell zu diesem gesamten Osterzyklus dazugehört, sondern einer, von dem ich überzeugt bin, dass er auch eine gesamtgesellschaftliche Funktion hat." Die biblische Geschichte vom Aufstieg und Fall Jesu sei auch heute aktuell. "Das ist eine Erfahrung, die ja heutzutage bedauerlicherweise auch Politikerinnen und Politiker machen. Wie schnell es gehen kann, dass man vom Jubel in den Abgrund oder ans Kreuz fällt."

Ihr Wunsch ist klar formuliert. "Am liebsten wäre mir, wenn es ein Feiertag für alle wäre." Sie weiß, dass es dazu politische Gespräche braucht. Eine einfache Lösung werde es nicht geben. Aber: "Es nicht zu versuchen, dann wäre ich nicht die richtige Bischöfin der evangelischen Kirche."

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