Im ÖSTERREICH-Interview

Van der Bellen: 'Spionage ist inakzeptabel'

09.11.2018

Bundespräsident im ÖSTERREICH-Interview über Russland, Regierung und Migrationspaket. 

Zur Vollversion des Artikels
© TZOE/Artner
Zur Vollversion des Artikels

Im Interview mit der Tageszeitung ÖSTERREICH (Samstagsausgabe) verurteilt Bundespräsident Alexander van der Bellen den heute bekannt gewordenen Spionagefall. Van der Bellen: "Spionage ist inakzeptabel. Der Fall gehört natürlich lückenlos aufgeklärt."

Van der Bellen erneuert in dem Interview seine Kritik am Entschluss der Regierung, den Migrationspakt der UNO nicht zu unterzeichnen: "Österreich ist als exportorientiertes Land darauf angewiesen, größte Aufmerksamkeit auf unser Ansehen in der Welt zu legen, und den ausgezeichneten Ruf der österreichischen Diplomatie, auch in schwierigen Fragen Konsens zu erzielen, zu erhalten. Da haben wir ein großes Kapital angehäuft in all den Jahren – wir sollten alles daran setzen, das zu erhöhen und nicht zu vermindern." Und: "Österreichs Haltung kann zumindest missverstanden werden. Dass Österreich weniger als früher gewillt sein könnte, seine diplomatischen Fähigkeiten im Interesse der Weltgemeinschaft einzusetzen. Wir sollten alles vermeiden, was diesen Eindruck erwecken könnte."

Lob für Regierung

Ausdrückliches Lob gibt es von Van der Bellen für den Umgang der Regierung mit der Vergangenheit: "Zum Beispiel im Bereich der Erinnerungskultur, zuletzt die Entscheidung der Bundesregierung, maßgeblich für die Errichtung der Erinnerungsmauer beizutragen. Auch die Initiative, Menschen, die nach 1938 emigrieren mussten, und ihren Nachkommen die Doppelstaatsbürgerschaft anzubieten, begrüße ich."

Kritik gibt es für die Details beim 12-Stunden-Tag. Hier kritisiert Van der Bellen vor allem die überhastete Umsetzung ohne Einbindung relevanter Gesprächspartner. Van der Bellen: "Vor allem bei der Frage, wer und wie man den Begriff der Freiwilligkeit definiert. Genau hier spießt es sich jetzt.  Das kommt eben davon, wenn man sich nicht genügend Zeit lässt und zu wenig in die Gesprächsbereitschaft investiert. Das fällt einem später auf den Kopf. Hätte man länger darüber geredet, hätte man sich viel Ärger bei den Betroffenen erspart."

© TZOE/Artner

ÖSTERREICH-Chefredakteur Werner Schima mit Bundespräsident Van der Bellen.

Absolute-Deutschpflicht an Schulen nicht sinnvoll

Van der Bellen spricht sich auch offen gegen Pläne aus, ausschließlich den Gebrauch der deutschen Sprache in den Schulen zuzulassen: "Das macht keinen Sinn. Schon deshalb nicht, weil ich es für nicht exekutierbar halte. Soll jetzt hinter jedem Schüler eine Lehrerin stehen, die das kontrolliert? Natürlich ist es wichtig, dass alle Schüler im eigenen Interesse gut Deutsch lernen, aber man darf auch seine eigene Muttersprache pflegen dürfen und wenn zwei Schüler die gleiche Sprache sprechen, müssen sie das dürfen."

Würden diese Pläne umgesetzt, würde sie Van der Bellen verfassungsrechtlich genau prüfen lassen. In diesem Zusammenhang regt der Bundespräsident eine Gesetzesänderung an. Van der Bellen: "Ich würde ja gerne initiieren, dass es in Österreich möglich wird, dass der Verfassungsgerichtshof gefragt werden darf, bevor eine Sache Gesetz wird. Derzeit kann er ja erst danach darüber entscheiden. Es würde die Arbeit des Bundespräsidenten erleichtern, wenn er davon unterrichtet werden kann, dass ein Gesetz verfassungswidrig ist, bevor er es unterschreibt."
 

Zur Vollversion des Artikels