Reformwahn

Wehrpflicht: VP droht Darabos

04.02.2011

Wirbel um 'Wehrmacht'. SP-Minister 'überlebt'.

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© BHF/Fotomontage, APA/GEORG HOCHMUTH
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SPÖ-Verteidigungsminister Norbert Darabos ist ein Ausnahmepolitiker: Gegen keinen Minister gab es bisher drei Misstrauensanträge an einem Tag. Doch Darabos hält sich auch nach der turbulenten Sondersitzung am Freitag im Sattel. Die ÖVP stimmt für keinen der Anträge der Opposition. Doch Unterstützung kommt keine: Außer Staatssekretär Reinhold Lopatka ist kein ÖVP-Regierungsmitglied anwesend – und Klubchef Karlheinz Kopf attackiert Darabos frontal.

Pilz: "Milchmädchen"
Doch zum Anfang: Obwohl die Grünen selbst seit Jahren die Abschaffung der Wehrpflicht fordern, bezeichnete Peter Pilz Darabos’ Heermodelle als "Milchmädchenrechnungen". Lustvoll zelebrierte er den Koalitionsstreit: "Wenn Sie sich nicht einigen können, dann bleibt als einzige Möglichkeit, das Volk zu befragen." Sein Antrag auf Volksbefragung wurde aber abgelehnt. Der FPÖ warf Pilz wörtlich vor: "Ja, Sie wollen eine österreichische Miniwehrmacht im Gedankengut des vorigen Jahrhunderts." – was für enormen Ärger bei den Blauen sorgte.

Darabos: "Jetzt schon 3.500 Freiwillige"
Der Heeres-Minister verteidigte sich wortreich: Auch er wolle eine Volksbefragung. Seine Modelle seien seriös durchgerechnet. Dass sich zu wenige Freiwillige melden würden, stimme nicht: "Es melden sich jetzt schon 3.500 pro Jahr, brauchen werden wir im ersten Jahr 2.500 und dann 2.000 Freiwillige pro Jahr."

ÖVP: Mandatar zieht aus
Doch dann der Angriff vom Koalitionspartner. ÖVP-Wehrsprecher Norbert Kapeller: "Sie entwaffnen unser Bundesheer." Klubchef Karlheinz Kopf drohte: "Eine Unterstützung eines Misstrauensantrags hätte so weitreichende Folgen, dass wir davon absehen. Aber Sie sollten den Bogen nicht überspannen." ÖVP-Mandatar Peter Michael Ikrath konnte sich nicht überwinden, gegen den FPÖ-Misstrauensantrag zu stimmen und verließ bei der Stimmabgabe den Saal.

3 Parteien für Volksbefragung
Bei solch einer Breitseite wirkte die Opposition lahm: FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache sah das Abschaffen der Wehrpflicht als Schritt in Richtung NATO. Jedenfalls sprachen sich SPÖ, Grüne und BZÖ für eine Volksbefragung aus – auch wenn die Roten dem entsprechenden Antrag der Grünen gestern (noch) nicht zustimmten.
 

Bei Freiwilligen-Heer wackelt jede dritte Kaserne

Das Konzept für die neue Freiwilligen-Armee ist noch gar nicht fertig – und schon beginnt ein harter Fight um die Standorte der Kasernen. Denn das "Heer neu" braucht von derzeit 100 Gebäuden 29 nicht mehr.

Heeresinsider rechnen demnach damit, dass von den derzeit noch bestehenden Kasernen an 50 Standorten rund ein Drittel – also etwa 17 – wackeln könnte.

© APA

Eine Katastrophe für Lokalpolitiker – sind doch die Kasernen ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Zudem wurden seit 2006 bereits 100 Heeresliegenschaften verkauft. So ist am Freitag bereits die Vorarlberger Landesregierung ausgerückt, um dagegen zu protestieren, dass das Ländle künftig "Kasernen-frei werde". Proteste gibt es auch vorsorglich gegen Schließungen der Kaserne in Freistadt (OÖ) und den Hubschrauber-Fliegerhorst Aigen (St).

Im Heer versucht man die Debatte zu beruhigen, schon jetzt würden 27 Liegenschaften von der heereseigenen Immobiliengesellschaft Sivbeg (www.sivbeg.at) zum Kauf angeboten. Die Verkäufe seien im Konzept des Freiwilligen-Heers beinhaltet – weitere größere Kasernenschließungen nicht geplant.

Allerdings ist in der Modellrechnung für 29 Gebäude ein Erlös von 328 Millionen Euro eingeplant. Um das zu erreichen, müssen wohl Filetstücke verkauft werden. 100 Liegenschaften, die das Heer bisher verkaufte, brachten 140 Mio. €.

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