Tschetschenen-Mord

Weitere Polizei-Panne im Fall Israilov

07.09.2010

Laut Peter Pilz bekam Verfassungsschutz einen Tipp, unternahm aber nichts.

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© Roman Fuhrich/TZ ÖSTERREICH
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Der Grüne Sicherheitssprecher Peter Pilz hat am Dienstag im Zusammenhang mit dem Mordfall Israilov eine weitere mögliche Fehlleistung der Polizei aufgedeckt. Kosum Y., ehemaliger Informant des Wiener Landesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung, hat drei Monate vor der beabsichtigten Entführung des tschetschenischen Flüchtlings Umar Israilov (27) dem Verfassungsschutz "eindeutige Hinweise, dass etwas geplant ist" zukommen lassen, so Pilz.

Sie haben "nichts unternommen"
"Der Verfassungsschutz, das Innenministerium und das Justizministerium haben daraufhin nichts unternommen", stellte der Grün-Politiker fest. Israilov wäre damit "seinen Mördern ans Messer geliefert worden".

LVT-Bericht als Beweis
Zum Beweis für seine Behauptungen präsentierte Piz einen LVT-Bericht, der sich unter anderem auf eine Einvernahme des 38-jährigen Kosum Y. bezieht. Dort heißt es wörtlich: "Er (Kosum Y.) gab weiters an, dass er bereits beim Besuch des Shakya T. geahnt habe, dass etwas passieren werde. Er habe deshalb auch die Behörden informiert, da er dachte, dass Schritte gesetzt würden. Dies sei nicht erfolgt."

Shakya für Kadyrow im Einsatz
Shakya T., ein ehemaliger und in seiner Heimat als Held gefeierter Widerstandskämpfer im Tschetschenien-Krieg, den die Staatsanwaltschaft Wien als "einen der engsten Vertrauten" des tschetschenischen Präsidenten Ramsan Kadyrow bezeichnet, war am 22. Oktober 2008 mit einem Begleiter nach Österreich gekommen. Mit der Reise wurden laut Staatsanwaltschaft Wien mehrere Ziele verfolgt: "Der Aufenthalt in Österreich diente vorgeblich dem Zweck, eine Beinprothese für ihn anfertigen zu lassen (Shakya T. hatte im Krieg ein Bein verloren). Es gibt jedoch zahlreiche Hinweise, dass T. tatsächlich im Auftrag Kadyrows ein 'Rückkehr'- bzw. 'Rückführungsprogramm' propagierte, um Angehörige der tschetschenischen Diaspora zur Rückkehr in die Heimat zu bewegen."

Doch das war nicht alles, schenkt man der - nicht rechtskräftigen - ersten Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Wien in der Causa Israilov Glauben: "Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass T. mit seinem Besuch noch ein weiteres Ziel verfolgte, das darin bestand,(...) eine neuerliche Aktion zur 'Rückführung' von Umar Israilov einzuleiten, mit deren Durchführung nunmehr Otto K. betraut wurde".

Obwohl das Wiener LVT von Kosum Y. vom bevorstehenden Besuch von Shakya T. in Kenntnis gesetzt wurde, konnte dieser mehrere Personen - neben Otto K. auch Letscha B., der laut Staatsanwaltschaft die tödlichen Schüsse abfeuerte - treffen, die zumindest nach Ansicht der Anklagebehörde nachweislich in die Ermordung Israilovs verwickelt waren. Shakya T. wurde zwar observiert, konnte aber unbehelligt nach Paris weiterreisen. Umar Israilov erhielt weiter keinen Personenschutz, obschon seine Anwälte bereits im Juni 2008 darum angesucht und vor Kosum Y. bereits ein weiterer Mann, nämlich der russische Geheimdienstler Artur K. , warnend an die Behörden herangetreten war.

Artur K. hatte Ende 2008 in der Bundespolizeidirektion Wien zu Protokoll gegeben, er arbeite für den tschetschenischen Präsidenten und habe den Auftrag erhalten, Israilov "verschwinden" zu lassen. Artur K. steht der österreichischen Justiz für die strafrechtliche Aufarbeitung der Causa Israilov nicht mehr zur Verfügung. Er wurde mittlerweile nach Russland abgeschoben, wo sich seine Spur verloren hat.

Wiener Polizei sieht keinen Fehler
Die Bundespolizeirektion Wien weist eine Fehlleistung in der Causa Israilov zurück. Kosum Y. habe zwar das LVT im Oktober 2008 vom bevorstehenden Besuch zweier hochrangiger Tschetschenen-Vertreter unterrichtet. In seiner Information sei aber nur die Rede davon gewesen, "dass tschetschenische Mitbürger zur Rückreise nach Tschetschenien bewegt werden sollen", so Polizeisprecher Roman Hahslinger.

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