LASK-"Co" Baur

"Motivieren der Spieler fällt schwer"

09.11.2010


Co-Trainer des LASK spricht über die verkorkste Saison der Linzer.

Zur Vollversion des Artikels
© GEPA
Zur Vollversion des Artikels

Vor etwas mehr als einem Monat führte Michael Baurein schicksalhaftes Telefonat. Am anderen Ende der Leitung: Helmut Kraft . Der LASK -Trainer richtete im Gespräch unter Tirolern ein Angebot an seinen Landsmann. Nämlich ihm bei einer kniffligen Angelegenheit unter die Arme zu greifen: Die Linzer Abwehr als Co-Trainer mit auf Vordermann zu kriegen.

„Ich habe nicht lange überlegt“, blickt Michael Baur im Gespräch zurück. Seit seinem erfolgreichen Debüt beim 2:1-Sieg gegen Wiener Neustadt in seinem alten Wohnzimmer in Pasching setzte es jedoch nur Niederlagen. 1:4 gegen die Austria, 0:3 gegen Ried und am Samstag gegen Kapfenberg 1:4.

Frage: Du bist seit einem Monat beim LASK als Co-Trainer tätig. Bereust du diesen Schritt?
Michael Baur: Überhaupt nicht. Mir macht es sehr viel Spaß, mit den Jungs am Platz zu arbeiten. Noch mehr Spaß würde es natürlich machen, wenn wir besser da stünden. Aber im Fußball gibt es nicht nur gute, sondern auch schlechte Zeiten. Momentan durchleben wir letztere und wir legen alles daran, da wieder herauszukommen.

Frage: Hast du dir aber die Herausforderung nicht ein wenig anders vorgestellt?
Baur: Mir war die Situation von Anfang an klar. Wir versuchen jetzt einfach, Dinge zu verbessern. In Kapfenberg etwa hatte ich die ersten 40 Minuten den Eindruck, dass wir endlich wieder dorthin finden würden, wo wir hin wollen. Leider sind uns dann wieder individuelle Fehler unterlaufen, die nicht passieren dürfen und so haben wir vier Tore bekommen. In der Situation, in der wir uns befinden, muss die Konzentration einfach über 90 Minuten hochgehalten werden. Anders werden wir keine Punkte holen.

Frage: Du hast nach der Partie von einem Trauerspiel und einer Schülermannschaft gesprochen.
Baur: Schülermannschaft habe ich im Bezug auf die Tore, die wir bekommen haben, gemeint. Die Fehler kann ich auch nicht nachvollziehen. Da muss ich mich in den Situationen als Verteidiger einfach für eine andere Lösung entscheiden. Da kann dir auch kein Trainer oder sonst irgendwer helfen, die Entscheidung musst du als Spieler während einer Partie selbst treffen. Wenn so etwas öfter passiert, muss die Frage gestellt werden, ob das alleine auf die Verunsicherung zurückzuführen ist oder auch auf die Qualität des einzelnen Spielers. So fair muss jeder zu sich sein. Wir spielen in der Bundesliga und oftmals ist es so, dass wir nicht das entsprechende Niveau zeigen.

Frage: Ist die Defensive reif für die Bundesliga?
Baur: Wenn wir die Fehler, die wir zuletzt gemacht haben, abstellen, sind wir reif für die Bundesliga. Wenn nicht, und das wird sich in den nächsten Spielen zeigen, sind wir es in dieser Zusammenstellung nicht. Dessen muss sich auch jeder bewusst sein. Es geht um den LASK und um jeden Spieler selbst. Daher müssen wir mit dem Ziel, diese entscheidenden Fehler abzustellen, auftreten.

Frage: Was kannst du etwa Thomas Piermayr, der zuletzt in Kapfenberg solche Fehler beging, mitgeben?
Baur: Ich bin einer, der sehr viel mit den jungen Spielern spricht, und speziell den Piermi kenne ich schon längere Zeit. Wir haben auch noch zusammen gespielt. Er muss einfach die Kurve kriegen. Von den körperlichen Voraussetzungen her ist er für mich ein Top-Athlet, nur muss er in den gewissen Situationen die richtigen Entscheidungen treffen. Dahingehend hat er momentan ein Problem, daran muss er aber arbeiten, wenn er weiterkommen und eine konstante Größe im österreichischen Fußball sein will. Dir bringt die beste Physis nichts, wenn du im Kopf die falschen Entscheidungen triffst.

Frage: Wie trifft man die richtigen Entscheidungen am Platz?
Baur: Das ist reine Kopfsache. Ich war auch ab und zu in Situationen, in denen es nicht so gelaufen ist. Wenn es läuft, dann hat man automatisch die richtige Entscheidung im Kopf, wenn man in der Kist'n ist, hat man mehrere zur Auswahl. Aber es führt auch nicht jeder Fehler gleich zu einem Tor, nur bei uns ist das momentan eine Folgeerscheinung, weil der nächste Spieler ihn auch nicht ausbessern kann.

Frage: Inwiefern darf sich Piermayr noch auf seine Jugend ausreden?
Baur: Ich zähle ihn schon noch zu den jungen Spielern. Es ist natürlich auch so, dass es für Jüngere einfacher ist, in einer funktionierenden, eingespielten Mannschaft zu spielen. Das ist bei uns nicht der Fall und deswegen kann ich das auch nachvollziehen. Niklas Hoheneder hat sich damals, als ich noch gespielt habe, leichter getan. Da lief alles von alleine. Momentan sind bei uns die arrivierten Spieler sehr mit sich beschäftigt, da wird es für einen jungen Spieler nicht einfacher.

Frage: Es läuft wohl alles darauf hinaus, dass im Winter ein Abwehchef kommen muss, oder?
Baur: Für mich ist das Defensiverhalten nicht nur Sache der Abwehr allein. Aber wir haben sicherlich momentan die Innenverteidiger nicht in der Form, wie sich das alle vorstellen. Bis zur Winterpause haben wir noch fünf Liga-Partien und da kann jeder beweisen, dass er besser ist. Aber es ist leicht möglich, dass im Winter die eine oder andere Verstärkung kommt. Auf welcher Position auch immer. Das ist aber Sache des Vereins und da gibt es andere Ansprechpartner.

Frage: Der Ansprechpartner in diesen Dingen sagt selbst, der LASK ist dort, wo er hingehört und der Abstieg wäre eine logische Konsequenz. Wie siehst du die Aussagen von Peter-Michael Reichel ?
Baur: Das war ganz sicher ein Wachrütteln des Präsidenten. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er damit meinte, er rechne schon mit der Ersten Liga. Wenn ich wieder Spieler wäre, würde ich es dem Präsidenten einfach zeigen und beweisen wollen, so dass man am Ende nicht am letzten Platz steht. Da hätte ich auch zu viel Stolz, um das anders zu interpretieren. Ich denke, er will da einfach eine Reaktion sehen.

Frage: Helmut Kraft meinte nach dem Ried-Spiel, die Mannschaft sei mausetot und die Anweisungen würden nicht angenommen werden.
Baur: Da muss ich ihm auch vollkommen Recht geben. Da hat weder von der spielerischen noch von der kämpferischen Seite irgendetwas gepasst. Wir haben in diesem Derby nicht um jeden Meter gekämpft, wie es sein sollte und das kann man dann der Mannschaft schon vorwerfen. Das hat der Heli auch gemeint und da stehe ich auch voll hinter ihm. Wir sind nachher auch mit einigen Spielern zusammengesessen und haben darüber gesprochen. Sie haben das genauso gesehen. In Kapfenberg war da auch eine andere Mannschaft zu beobachten.

Frage: Wie gestaltet sich das Training, wenn es fast jedes Wochenende eine herbe Niederlage setzt?
Baur: Natürlich fällt das Motivieren schwer. Aber ich war ein Spieler, der auch nach einer Niederlage gerne trainiert hat, gut arbeiten und die nächste Partie wieder gewonnen wollte. Ich glaube, ich bin auch als Co-Trainer ein sehr positiver Mensch. Wir, Heli und ich, sprechen die Fehler an und jeder Spieler ist dann selbst zuständig, dass er daraus etwas lernt. Wir versuchen die Spieler aufzubauen, sie müssen aber selbst wissen, dass sie an sich arbeiten müssen, wenn wir als Mannschaft weiterkommen wollen.

Frage: Wie würdest du das Verhältnis zwischen Cheftrainer und Spieler beurteilen?
Baur: Ich denke, es ist ein gutes. Die Spieler hören nach wie vor auf den Heli. Nach dem Ried-Spiel sind zwar nicht umgesetzte Anweisungen angesprochen worden, aber es kommt vor, dass eine Mannschaft in einem Spiel nicht in der Lage ist, das umzusetzen, was vorgegeben wurde. Das ist mir als Spieler mit Teams auch schon passiert, das richtet sich aber nicht gegen den Trainer. Das Verhältnis Trainer-Spieler ist hier beim LASK kein schlechtes.

Frage: Inwieweit nervt dich das Gerede, wonach du Helmut Kraft beerben könntest?
Baur: Das nervt mich, weil ich dem Heli von Anfang an gesagt habe, dass ich ein loyaler Typ bin und hundertprozentig hinter ihm stehe. Ich wäre der Letzte, der an einem Sessel sägt, das interessiert mich gar nicht. Ich war nie ein Spieler, der irgendjemanden hintergegangen hat.

Frage: Was darf man sich nun im ÖFB-Cup gegen Ried erwarten?
Baur: Ich sehe in diesem Spiel keinen Druck, der auf der Mannschaft lastet, weil es eben nicht die Meisterschaft ist. Man kann sich aus der Partie vielmehr Selbstvertrauen holen. Selbst wenn man verliert, wovon ich nicht ausgehe, aber eine ordentliche Leistung gezeigt hat. Der Druck ist nicht da und deswegen kann die Mannschaft das auf den Platz bringen, zu was sie im Stande ist, zu leisten.

Frage: Bist du kommende Woche wieder als ÖFB-Scout im Einsatz?
Baur: Es stünde die Partie Türkei-Holland an. Es wäre aber sicher nicht förderlich, wenn ich jetzt herumreise und wir hier in Linz eine Baustelle haben. Wir schauen, dass wir das regeln können.

Zur Vollversion des Artikels
Weitere Artikel