"Skifahren war mein Leben"

ÖSV-Star Raich beendet seine Karriere

08.09.2015

Der 37-jährige Tiroler war einer der erfolgreichsten Rennläufer Österreichs.

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Mit Benjamin Raich ist am Donnerstag der an Weltcupsiegen (36) erfolgreichste aktive Skirennläufer der Gegenwart zurückgetreten. Mit dem 37-jährigen Tiroler verlässt ein Hochkaräter die Skibühne und Österreich verliert einen seiner absoluten Top-Sportler. Raich ist Doppel-Olympiasieger, dreifacher Weltmeister und Weltcup-Gesamtsieger. Sein Abschied verlief emotional.

+++ Alle Stimmen zum Rücktritt von Benni Raich +++

Er habe im Sommer hart trainiert und sei fit wie eh und je, berichtete Raich, nachdem er um 14.01 Uhr im Wiener Hauptquartier des langjährigen Sponsors (Uniqa) seine Entscheidung bekannt gegeben hatte. "Ich habe aber gemerkt, dass, wenn ich an Skirennen denke, ich nicht mehr das Gefühl habe, weiterhin voll explodieren und hundert Prozent geben zu können. Wenn das nicht mehr so ist, muss man seinen Hut nehmen. Da hat mich mein Gefühl noch nie getäuscht", erklärte Raich. Er gehe aber mit positivem Blick zurück. "Skifahren hat mir viel gegeben. Skifahren war mein Leben und wird es hoffentlich immer ein bisserl bleiben."

Raich verkündete seinen Abschied ein Jahr und eine Woche nachdem seine nunmehrige Ehefrau Marlies ebendort ihren Rücktritt bekannt gegeben hatte. Er tat das mit dem Abarbeiten einer langen, viertelstündigen Liste an Danksagungen, bei dem selbst "die Leute im Büro" nicht vergessen wurden. Typisch für Raich. Am Ende gingen dann selbst beim sonst stets so kontrollierten Pitztaler die Emotionen durch und waren Tränen in den Augen zu sehen. "Das ist auch gut so", meinte Raich.

Benjamin und Marlies Raich werden Mitte Oktober erstmals Eltern. Gattin Marlies, selbst mit 37 Weltcupsiegen höchst erfolgreich im Skirennsport, ist hoch schwanger. "Es ist emotional, aber es ist gut so. Benni hat bisher fast sein ganzes Leben hundert Prozent im Sport gegeben. Jetzt freuen wir uns auf ein neues Leben", sagte Marlies Raich, ehemals Schild.

 

 

Wie die Zeit vergeht...Am 10. März 1996 durfte ich in Kvitfjell mein erstes Weltcuprennen bestreiten. Nun, gut 19 Jahre...

Posted by Benni Raich on Donnerstag, 10. September 2015

Neben der Ehefrau hatten auch ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel, Sportdirektor Hans Pum, Atomic-Chef Wolfgang Maierhofer, Herrenchef Andreas Puelacher sowie Bruder und langjähriger Trainer Florian Raich, den Weg nach Wien gefunden. Dass Benjamin Raichs Rücktritt ein weiteres Riesen-Loch in die Ski-Mannschaft reißt, nachdem zuvor schon Slalom-Doppelweltmeister Mario Matt sowie bei den Damen innerhalb von zehn Monaten Schild, Nicole Hosp, Kathrin Zettel, Andrea Fischbacher, Regina Sterz und Alexandra Daum zurückgetreten sind, weiß auch Puelacher. "So schnell werden wir diese Lücke, die Benni hinterlässt, nicht füllen können."

Top-Techniker
Der am 28. Februar 1978 in Tirol geborene Raich galt in seiner Top-Zeit als bester Techniker im Skirennsport. Zu Hause in Leins in der Gemeinde Arzl hatte sich der Stamser Ski-Gymnasiast mit 18 Jahren und als fünffacher Junioren-Weltmeister komplett dem Skirennsport verschrieben. Mit dem damals schnellsten Schwung im Weltcup stürmte Raich so vehement in die Szene, dass man ihn alsbald nur noch den "Blitz aus Pitz" nannte. 30 Jahre lang fuhr er stets auf der gleichen Skimarke (Atomic), ein weiterer Beweis für seine Loyalität. An die 700 Renn-Kilometer hat er während seiner Karriere alleine in Torläufen absolviert.

Heute darf man ihn wohl als "Gentle-Ben" verabschieden. Denn Raich stand vor allem für eines: Ob Sieg oder Niederlage, er blieb stets fair. Böse Worte sucht man vergebens. Dass er in der Ära des großen Hermann Maier zu oft etwas im Hintergrund stand, war und ist für Raich kein Problem. "Wer die meisten Erfolge hat, bekommt eben auch das meiste Rampenlicht."

Spannende Zeit
Dass demnächst sein erstes Kind auf die Welt kommt, sei aber nicht der Grund für den Rücktritt gewesen, versicherte Raich. "Vielleicht unbewusst. Jetzt kommt eine spannende Zeit mit dem Kind, die ich sicher ein bisserl mehr genießen kann, als wenn ich weiter gefahren wäre. Es war aber nicht der Grund. Ich werde nun durchschnaufen, reflektieren, aber mich nun sicher auch mehr in laufende Unternehmungen einbringen und auch meinen Vater entlasten, mit Sponsoren arbeiten, mich weiterbilden."

Als ein Abschieds-Geschenk wurde der Familie Raich ein Zirbenholz-Kinderbett mit dem Namen "Bennis Nest" geschenkt. Dieses wird man sicherlich bald gut brauchen. Zu seinen Fähigkeiten im Windelwechseln meinte der zurückgetretene Skirennfahrer: "Ich kann schnell lernen. Wenn es so weit ist, werde ich es zusammen bringen." Ob es ein Bub oder ein Mädchen wird, wollten aber weder Benjamin noch Marlies Raich verraten.

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