In Mauretanien

Gaddafis Geheimdienstchef gefasst

17.03.2012

Er soll 1996 eine Schlüsselrolle bei der Tötung von mehr als 1.200 Häftlinge gespielt haben.

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Die Behörden in Mauretanien haben den mit internationalem Haftbefehl gesuchten früheren libyschen Geheimdienstchef Abdullah al-Senussi (Senoussi) festgenommen. Die amtliche Nachrichtenagentur des afrikanischen Landes meldete am Samstag, Senussi sei am Vorabend bei der Ankunft auf dem Flughafen der Hauptstadt Nouakchott festgenommen worden. Er sei aus Casablanca in Marokko gekommen und habe sich mit einem gefälschten Pass aus Mali ausgewiesen. Die Regierung in Tripolis will nun eine Auslieferung des 62-Jährigen beantragen.

Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH/ICC) in Den Haag sucht Senussi mit Haftbefehl und wirft ihm "indirekte Mittäterschaft" an Morden vor. Er soll 1996 eine Schlüsselrolle bei der Tötung von mehr als 1.200 Häftlingen in einem Gefängnis in Tripolis gespielt haben. Die Festnahme des Anwalts von Angehörigen der Opfer war im Februar 2011 Auslöser des Volksaufstandes, der den langjährigen Diktator Muammar al-Gaddafi aus dem Amt fegte.

Mauretanien hat die Übereinkunft über den ICC nicht unterzeichnet. Welche Pläne die Regierung mit Senussi hat, war zunächst nicht bekannt.

Der frühere Geheimdienstchef galt als einer der engsten Vertrauten Gaddafis, der im Oktober von libyschen Rebellen in seiner Heimatstadt Sirte festgenommen und getötet wurde. Der Internationale Strafgerichtshof hatte Ende Juni auch einen Haftbefehl gegen Gaddafi und dessen im Oktober ergriffenen Sohn Saif al-Islam erlassen. Ihnen wurde vorgeworfen, den Sicherheitskräften ihres Landes den Auftrag zu Morden, Verfolgung und Verbrechen gegen die Menschlichkeit erteilt zu haben. Die Vorwürfe beziehen sich vor allem auf den Versuch, die Protestbewegung im Land gewaltsam niederzuschlagen.

Senussi war untergetaucht, nachdem die libyschen Rebellen im August die Hauptstadt Tripolis eingenommen hatten. Im Oktober hieß es, er sei von Niger aus nach Mali gereist. Im November vermeldete die neue libysche Führung dann seine Festnahme, ruderte aber später zurück.

Ein Sprecher des Nationalen Übergangsrates sagte am Samstag, das mauretanische Außenministerium habe Senussis Festnahme bestätigt. Ein Sprecher der libyschen Übergangsregierung sagte, es würden Gespräche mit den mauretanischen Behörden geführt, um eine Auslieferung Senussis zu erreichen. In Libyen erwarte ihn ein "fairer Prozess".

Auch Frankreich forderte umgehend eine Auslieferung Senussis. Ein Auslieferungsantrag solle "in den kommenden Stunden" verfasst werden, teilte das Präsidialamt mit. Ein französisches Berufungsgericht hatte Senussi 1999 wegen seiner Rolle bei einem Anschlag auf ein Flugzeug in Abwesenheit zu lebenslanger Haft verurteilt. Bei dem Anschlag auf Flug UTA 772 im September 1989 waren 170 Menschen getötet worden, unter ihnen 54 Franzosen.

In Libyen bleibt die Lage auch rund ein halbes Jahr nach Gaddafis Sturz angespannt. Bei gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Gegnern und Befürwortern neuer föderaler Strukturen in dem Land wurden in der Stadt Benghazi (Bengasi) am Freitag mindestens fünf Menschen verletzt, wie ein Vertreter der örtlichen Gesundheitsbehörden sagte. Demnach wurde auch ein Mensch getötet, was andere Behördenvertreter aber zurückwiesen: Das Opfer sei bei einem Autounfall gestorben, hieß es.

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