In Mauretanien

Gaddafis Geheimdienstchef gefasst

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Er soll 1996 eine Schlüsselrolle bei der Tötung von mehr als 1.200 Häftlinge gespielt haben.

Die Behörden in Mauretanien haben den mit internationalem Haftbefehl gesuchten früheren libyschen Geheimdienstchef Abdullah al-Senussi (Senoussi) festgenommen. Die amtliche Nachrichtenagentur des afrikanischen Landes meldete am Samstag, Senussi sei am Vorabend bei der Ankunft auf dem Flughafen der Hauptstadt Nouakchott festgenommen worden. Er sei aus Casablanca in Marokko gekommen und habe sich mit einem gefälschten Pass aus Mali ausgewiesen. Die Regierung in Tripolis will nun eine Auslieferung des 62-Jährigen beantragen.

Gaddafi getötet: Sein Leben in Bildern

Gaddafi wurde im September 1942 in einem Zelt in der libyschen Wüste in der Nähe der Küstenstadt Sirte geboren.

Später besuchte er die Militärakademie in Bengasi und ging für ein halbes Jahr zur weiteren Ausbildung nach Großbritannien.

An die Macht kam der damals 29-Jährige am 1. September 1969 - vor genau 42 Jahren.

Auf seine Reisen nahm er stets ein Beduinenzelt mit. Gewohnt hat er allerdings in Luxus-Hotels.

Historische Aufnahme: Gaddafi mit Kubas Revolutionsführer Castro.

Jörg Haider war gern gesehener Gast in Libyen.

Auch Obama machte ihm seine Aufwartung

Der von ihm gegründete Bund der "Freien Offiziere" hatte den greisen König Idriss in einem unblutigen Putsch vom Thron gestoßen.

Gaddafi wollte stets in die Fußstapfen des charismatischen Araberführers Gamal Abdel Nasser aus Ägypten treten.

Dieser sagte kurz vor dem Tod sagte: "Du bist mein Sohn und mein Erbe."

Mit seinen theaterreifen Auftritten und seiner Frauenleibwache sorgt er immer wieder für Aufsehen - mal im weißen Beduinengewand, mal in Operettenuniform oder italienischem Designeranzug

Gaddafi liebt die Provokation - und ist immer für eine Überraschung gut.

Berlusconi zählte zu seinen Freunden.

Zu Italien unterhielt er exzellente Beziehungen.

Jetzt ist das Ende des Wüsten-Fuchses gekommen. In Tripolis haben die Rebellen die Macht übernommen. Am 20. Oktober 2011 wurde er in Sirte getötet.

Handshake mit Alfred Gusenbauer, 2007.

2005 bei einem Immigrations-Gipfel noch ohne Bart.

Ausstraffiert besuchter er 2009 den italienischen Präsidenten Giorgio Napolitano.

Gaddafi zeigte sich gerne als Familienmensch. Hier in einem Homevideo mit seiner Enkelin aus dem Jahr 2005.

Auch bei Romano Prodi war Gaddafi 2004 zu Gast.

Im April 2011 glaubte er noch ein einen Sieg im Kampf gegen die Rebellen.

2010 war für Gaddafi noch alles in Butter.

Mittlerweile wurden beide entmachtet: Hosni Mubarak (l.) und Muammar Gaddafi, anno 1991.

2010: Staatsoberhäupter als Kumpels. Gaddafi lehnt lässig auf den Schultern des yemenitischen Präsidenten Ali Abdulla Saleh und des ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak.

2007 war zwischen Gaddafi und Sarkozy noch alles in Ordnung.

Beim G8-Gipfel 2009 in L'Aquila trafen sich Obama und Gaddafi persönlich.

Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH/ICC) in Den Haag sucht Senussi mit Haftbefehl und wirft ihm "indirekte Mittäterschaft" an Morden vor. Er soll 1996 eine Schlüsselrolle bei der Tötung von mehr als 1.200 Häftlingen in einem Gefängnis in Tripolis gespielt haben. Die Festnahme des Anwalts von Angehörigen der Opfer war im Februar 2011 Auslöser des Volksaufstandes, der den langjährigen Diktator Muammar al-Gaddafi aus dem Amt fegte.

Mauretanien hat die Übereinkunft über den ICC nicht unterzeichnet. Welche Pläne die Regierung mit Senussi hat, war zunächst nicht bekannt.

Der frühere Geheimdienstchef galt als einer der engsten Vertrauten Gaddafis, der im Oktober von libyschen Rebellen in seiner Heimatstadt Sirte festgenommen und getötet wurde. Der Internationale Strafgerichtshof hatte Ende Juni auch einen Haftbefehl gegen Gaddafi und dessen im Oktober ergriffenen Sohn Saif al-Islam erlassen. Ihnen wurde vorgeworfen, den Sicherheitskräften ihres Landes den Auftrag zu Morden, Verfolgung und Verbrechen gegen die Menschlichkeit erteilt zu haben. Die Vorwürfe beziehen sich vor allem auf den Versuch, die Protestbewegung im Land gewaltsam niederzuschlagen.

Rebellen bejubeln das Ende Gaddafis

Senussi war untergetaucht, nachdem die libyschen Rebellen im August die Hauptstadt Tripolis eingenommen hatten. Im Oktober hieß es, er sei von Niger aus nach Mali gereist. Im November vermeldete die neue libysche Führung dann seine Festnahme, ruderte aber später zurück.

Ein Sprecher des Nationalen Übergangsrates sagte am Samstag, das mauretanische Außenministerium habe Senussis Festnahme bestätigt. Ein Sprecher der libyschen Übergangsregierung sagte, es würden Gespräche mit den mauretanischen Behörden geführt, um eine Auslieferung Senussis zu erreichen. In Libyen erwarte ihn ein "fairer Prozess".

Auch Frankreich forderte umgehend eine Auslieferung Senussis. Ein Auslieferungsantrag solle "in den kommenden Stunden" verfasst werden, teilte das Präsidialamt mit. Ein französisches Berufungsgericht hatte Senussi 1999 wegen seiner Rolle bei einem Anschlag auf ein Flugzeug in Abwesenheit zu lebenslanger Haft verurteilt. Bei dem Anschlag auf Flug UTA 772 im September 1989 waren 170 Menschen getötet worden, unter ihnen 54 Franzosen.

In Libyen bleibt die Lage auch rund ein halbes Jahr nach Gaddafis Sturz angespannt. Bei gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Gegnern und Befürwortern neuer föderaler Strukturen in dem Land wurden in der Stadt Benghazi (Bengasi) am Freitag mindestens fünf Menschen verletzt, wie ein Vertreter der örtlichen Gesundheitsbehörden sagte. Demnach wurde auch ein Mensch getötet, was andere Behördenvertreter aber zurückwiesen: Das Opfer sei bei einem Autounfall gestorben, hieß es.

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Die letzten Minuten in Gaddafis Leben

Der ehemalige libysche Machthaber Muammar al-Gaddafi ist offenbar noch lebend in die Hand der Aufständischen gefallen

In einem von Al-Arabija und CNN ausgestrahlten verwackelten Video soll Gaddafi zu sehen sein, wie er von Milizionären umringt wird.

Er scheint noch auf eigenen Beinen zu stehen und zu wanken

Sein Hemd ist blutgetränkt. Er scheint zu sprechen und seine rechte Hand zu bewegen.

Auf späteren Bildern ist der tote Gaddafi zu sehen. Ein Arzt im Krankenhaus von Misrata bestätigte nach einer Untersuchung, Gaddafi sei am Kopf und am Bauch von Schüssen getroffen worden.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International fordete eine Untersuchung der Todesumstände.