Volksabstimmung

Liechtenstein: Fürst behält Vetorecht

01.07.2012

Drei von vier Liechtensteinern gaben der "Demokratiebewegung" einen Korb.

Zur Vollversion des Artikels
© AP
Zur Vollversion des Artikels

Den Liechtensteinerinnen und Liechtensteinern ist ein ungetrübtes Verhältnis zu ihrem Fürstenhaus wichtiger als ein Stück mehr Demokratie. Eine Volksinitiative, die das Vetorecht des Monarchen beschnitten hätte, wurde mit Dreiviertelmehrheit verworfen. 76,1 Prozent Nein bei einer Stimmbeteiligung von 82,9 Prozent: Die Volksinitiative "Ja - damit Deine Stimme zählt" aus dem Kreis der "Liechtensteiner Demokratiebewegung" wurde in einer Deutlichkeit verworfen, die sogar die Verfassungsabstimmung von 2003 in den Schatten stellt. Damals brachte es die Reform aus der Feder des Fürsten Hans-Adam II., der gedroht hatte, sich im Fall einer Niederlage nach Österreich zurückzuziehen, auf einen Ja-Anteil von 64,3 Prozent.

Die nunmehr verworfene Initiative verlangte, dass das Vetorecht des Fürsten oder dessen Stellvertreters bei Urnengängen abgeschafft wird. Der Monarch hätte solche Volksentscheide, von denen es jährlich einen oder zwei gibt, nicht mehr durch sein Veto umstoßen können. Nach wie vor ein Veto hätte der Fürst gegen Parlamentsbeschlüsse gehabt.

Fürst erfreut
Hans-Adam II. reagierte erfreut auf die Ablehnung der Volksinitiative. Eine große Mehrheit der Bevölkerung wolle die bisher so erfolgreiche 300-jährige Partnerschaft zwischen Volk und Fürstenhaus fortsetzen, ließ der Monarch verlauten. Der als Stellvertreter seines Vaters regierende Erbprinz Alois teilte mit, durch das klare Ergebnis sei eine gute Grundlage gegeben, um die vielen Herausforderungen zu meistern, die auf Liechtenstein warteten. Er äußerte den Wunsch, das "nun alle im Land möglichst konstruktiv für eine glückliche, gemeinsame Zukunft zusammenarbeiten".

Der Fürst und der Erbprinz bedankten sich in der Hofkellerei in Vaduz bei den Mitgliedern der Interessengemeinschaft "Wir sind Liechtenstein" für deren Einsatz im Abstimmungskampf. Am Schluss war es nicht mehr um den Inhalt der Initiative gegangen, sondern nur noch um die Frage "Für oder gegen das Fürstenhaus".

Regierungschef Klaus Tschütscher sagte, in dieser Volksabstimmung habe es keine Verlierer gegeben. Sowohl Gegner wie Befürworter der Initiative stünden zum dualen System mit Fürstenhaus und Volk, wenn auch mit unterschiedlicher Akzentuierung. Das klare Bekenntnis zum Verfassungsmodell sei Ausdruck des Vertrauens, dass der Landesfürst sein Vetorecht auch künftig zurückhaltend und verantwortungsvoll ausüben werde, sagte Tschütscher. Darin liege der Schlüssel für den politischen Konsens, auf den das Zusammenwirken des monarchischen und des demokratischen Elements in der Verfassung ausgelegt sei.

Seit 1921 ist Liechtenstein eine parlamentarische Demokratie. Die damals erlassene Verfassung wurde 2003 nach langen Diskussionen geändert, aus denen Fürst Hans-Adam II. politisch gestärkt hervorging. Die novellierte Verfassung erweiterte die Kompetenzen des Fürsten erheblich. Der Herrscher hat ein Vetorecht gegen vom Landtag bereits verabschiedete Gesetze, kann bei Bedarf per Notrecht regieren und die Regierung ohne Angabe von Gründen entlassen. Im Gegenzug können die Bürger die Monarchie mittels Volksabstimmung abschaffen.


 
Zur Vollversion des Artikels