Ukraine-Präsident
Selenskyj lässt aufhorchen: "Warum sollte ich Angst vor Trump haben?"
09.11.2025Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat Berichte über ein hitziges Treffen mit Donald Trump in Washington zurückgewiesen – und betont, dass er im Gegensatz zu anderen westlichen Staatschefs keine Angst vor dem US-Präsidenten habe.
In einem exklusiven Interview mit dem Guardian sprach er zudem über die Rolle von König Charles III., der hinter den Kulissen geholfen habe, das Verhältnis zwischen den beiden Staatschefs zu verbessern.
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Selenskyj schilderte das Gespräch im Weißen Haus im Oktober als „konstruktiv und geschäftsmäßig“. Trump habe weder Karten geworfen noch die Nerven verloren – entgegen anderslautender Medienberichte. „Er hat nichts geworfen, da bin ich sicher“, so der ukrainische Präsident.
Laut Financial Times soll Trump Selenskyj damals gedrängt haben, die Bedingungen von Wladimir Putin für ein Kriegsende zu akzeptieren – andernfalls würde Russland die Ukraine „zerstören“. Selenskyj beschreibt das Treffen jedoch anders: Seine Delegation habe strategische Vorschläge zur Schwächung Russlands präsentiert, etwa durch Waffenlieferungen und verschärfte Sanktionen. Ziel sei gewesen, Moskau zu Friedensverhandlungen zu zwingen.
„Alle in der Welt haben Angst vor Trump – das ist die Wahrheit“, sagte Selenskyj. „Aber ich nicht. Wir sind keine Feinde Amerikas, wir sind Freunde. Warum sollte ich also Angst haben?“ Er betonte die strategische Partnerschaft zwischen den USA und der Ukraine, die „viele Jahre, vielleicht Jahrhunderte“ überdauern werde.
König Charles als stiller Vermittler
Überraschend lobte Selenskyj auch den britischen Monarchen. König Charles habe eine entscheidende Rolle gespielt, um Trumps Unterstützung für die Ukraine zu stärken. Während eines Treffens im September habe der König dem US-Präsidenten laut Selenskyj „wichtige Signale“ gesendet. „Seine Majestät ist sehr unterstützend – Trump respektiert ihn, was er nicht über viele Menschen sagen würde“, so der Präsident.
Leben im Dunkeln – und Kampf an der Front
Während des Interviews im Mariinskyj-Palast in Kiew fiel zweimal der Strom aus – eine Folge der jüngsten russischen Angriffe auf das ukrainische Energienetz. „Das sind unsere Lebensbedingungen“, sagte Selenskyj mit einem bitteren Lächeln. Russland führe „terroristische Angriffe“ gegen die Infrastruktur, um die Zivilbevölkerung zu treffen und Angst zu schüren.
Der Präsident sprach auch über die militärische Lage im Osten: Russische Truppen hätten zuletzt große Teile der Stadt Pokrowsk eingenommen. „Sie haben 170.000 Soldaten dorthin geschickt – viele Tote, keine echten Erfolge“, sagte er. Laut Selenskyj habe Russland allein im Oktober 25.000 Verluste erlitten.
Trotz der schwierigen Lage hofft Selenskyj weiterhin auf mehr Unterstützung des Westens, insbesondere moderne Luftabwehrsysteme vom Typ Patriot. „Es ist nie genug – genug ist es erst, wenn der Krieg vorbei ist und Putin versteht, dass er aufhören muss“, so der Präsident.
Selenskyj schloss mit einem persönlichen Bekenntnis: „Ich liebe die Ukraine. Es ist schwer gerade, aber ich will hier sein. Ich liebe unsere Menschen sehr – und das ist stärker als jede Logik.“