Milch-Skandal

EU fordert scharfe Importkontrollen bei Milch

15.09.2008

Obwohl China keine Milch in die EU exportiert sollen die Kontrollen verschärft werden. In der Volksrepublik kostete der Milch-Skandal bisher vier Babys das Leben.

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Nach dem Skandal um verseuchtes Milchpulver in China hat die Europäische Kommission die EU-Mitgliedstaaten zur Verschärfung ihrer Importkontrollen aufgerufen. "Das ist eine reine Vorsichtsmaßnahme, um mögliche Sicherheitslücken zu stopfen", sagte die Sprecherin von Gesundheitskommissarin Androulla Vassiliou am Freitag in Brüssel. Die Affäre zieht mittlerweile weitere Kreise: Die giftige Chemikalie Melamin wurden nun auch in Flüssigmilch und Fischfutter gefunden. China hat keine von der EU anerkannten Prüfverfahren für Rückstände und exportiert deshalb keine Milchprodukte in die EU. Die Behörde habe die 27 Mitgliedstaaten dennoch aufgefordert, die Kontrollen an den Grenzen zu verschärfen, um illegale Importe zu verhindern, sagte die Sprecherin.

Die EU-Kommission verlange zudem von den chinesischen Behörden mehr Informationen über den Grad der Verseuchung und "diese Geschichte, die China foltert", sagte die Sprecherin. In China hat die Verseuchung von Milchpulver mit Melamin vier Säuglinge das Leben gekostet, tausende Kleinkinder sind erkrankt. Auch in Frischmilch wurde die giftige Chemikalie inzwischen gefunden. Mit Melamin, das in der Industrie als Bindemittel eingesetzt wird, kann in minderwertiger Milch ein höherer Proteingehalt vorgegaukelt werden. Nach Angaben der chinesischen Behörden drohen Erwachsenen von der mit Melamin versetzten Milch keine gesundheitlichen Schäden.

Singapur stoppt Milchimporte aus China
Singapur hat am Freitag die Einfuhr von Milch und Milchprodukten aus China gestoppt, nachdem auch in dort vertriebenen Produkten Spuren von Melamin gefunden worden waren. Die Landwirtschafts- und Veterinärbehörde (AVA) teilte mit, in Riegeln der Marke "Yili" und in Erdbeermilch der Marke "Dutch Lady" sei die gesundheitsschädigende Chemikalie entdeckt worden. Die betroffenen Produkte seien aus allen Geschäften entfernt und zerstört worden. "Als Vorsichtsmaßnahme setzt die AVA die Einfuhr und den Verkauf jeglicher Milch und Milchprodukte aus China aus", hieß es.

Nur mehr schwarzer Kafffee bei Starbucks in China
Wegen des Milchskandals bleibt der Kaffee bei Starbucks in China vorerst weitgehend schwarz. In zwei Dritteln seiner Filialen in China zog das US-Unternehmen seine Milch zurück. Dies sei eine Vorsichtsmaßnahme, mit der den Sorgen der Kunden Rechnung getragen werde. Kaffee wird also in den betroffenen Filialen nur noch schwarz ausgeschenkt. In den Skandal um verseuchte Milch ist auch einer der Hauptlieferanten von Starbucks in China, Mengniu, verwickelt.

Jede zehnte Probe verseucht
Eine Untersuchung von Milch aus den größten chinesischen Molkereien hat ergeben, dass fast zehn Prozent der Proben mit Melamin versetzt waren. Es zeigt, dass der Milchskandal weit über verunreinigtes Milchpulver hinausgeht.

Zuvor war bekanntgeworden, dass der gefährliche Zusatzstoff Melamin auch von einem Sponsor der Olympischen Spiele in Peking verwendet worden war.

Größten Milchproduzenten des Landes verwickelt
Die giftige Chemikalie Melamin wurde nun auch in Flüssigmilch nachgewiesen worden. Der Stoff befinde sich in Milch, die von den drei größten Milchproduzenten des Landes vertrieben und in Geschäften verkauft wurde. In Südkorea haben Ermittler die Chemikalie Melamin in Fischfutter aus China entdeckt. Spuren von Melamin seien in Fischfutter aus chinesischem und südkoreanischem Tintenfisch entdeckt worden. Zuvor hatten die Behörden in Hongkong mitgeteilt, dass in Milchprodukten der Firma Yili Melamin gefunden worden sei. Bei den Produkten handelte es sich um Speiseeis, Joghurt und Milchgetränke.

Nach offiziellen Angaben starb ein viertes Baby an den Folgen der Nierenvergiftung, die die Chemikalie auslöst. Mindestens 158 Kleinkinder litten unter Nierenversagen, 6344 weitere Babys seien erkrankt, teilten die Gesundheitsbehörden mit.

Erste Geständnisse
Nach ersten Geständnissen von verhafteten Milchhändlern scheint in der Industrie allgemein bekanntgewesen zu sein, dass Melamin den Proteingehalt von minderwertiger oder mit Wasser verdünnter Milch aufbessert. Obwohl sich die Chemikalie derart gewinnbringend einsetzen lässt, wurden Lieferungen von Milchhändlern nicht auf Melamin untersucht.

Die Regierung in Peking ordnete umgehend an, dass Milch künftig auch auf diese Chemikalie hin geprüft wird, die in der Industrie als Bindemittel oder in der Plastikverarbeitung eingesetzt wird. Bei Stichproben in China wurden 14 Prozent oder 69 Lieferungen von 491 Fertigungsreihen beanstandet.

Skandal wurde vertuscht
Chinas Regierung sichert erkrankten Kinder kostenlose medizinische Behandlung zu. 1.327 vor allem Neugeborene lägen gegenwärtig in Krankenhäusern, berichtete Gesundheitsminister Chen Zhu. 158 Kinder litten unter "ernsthaften Nierenproblemen". Die Zahl könnte noch steigen, da noch mehr Informationen aus dem Land zusammenfließen. Ein fünf Monate alter Bub starb im Mai, ein acht Monate altes Mädchen im Juli. Erste Berichte über Erkrankungen erhielt der führende Milchpulverhersteller Sanlu bereits im März. Der Skandal wurde lange vertuscht - wenn nicht monatelang, dann aber mindestens seit Anfang August, als die Vergiftung des Pulvers durch Melamin zumindest bei Sanlu bekannt war, ohne dass ein Rückruf gestartet wurde.

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