Mario Scaramella

Italienischer "Schattenmann" im Fall Litwinenko

02.12.2006

Kurz vor seinem Tod soll der russische Ex-Agent Alexander Litwinenko den Verdacht geäußert haben, dass Mario Scaramella die fatale Strahlenladung verabreicht hat.

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© (c)AFP PHOTO/MARIO LAPORTA
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Schließlich sei es "Mario" gewesen, mit dem er sich am 1. November in jener Londoner Sushi-Bar am Piccadilly Circus getroffen habe. Scaramella sei "nervös gewesen", habe "das Essen nicht einmal angerührt". Lediglich ein Glas Wasser habe der Italiener getrunken. Wenige Stunden nach dem Treffen war Litwinenko erkrankt - jetzt liegt auch Scaramella in einem Londoner Krankenhaus, auch in seinem Körper wurden Spuren von Polonium 210 gefunden.

Scaramella: Ominöser „Sicherheitsexperte“
Der aus Neapel stammende, 36 Jahre alte Scaramella ist über Nacht zu einer der bekanntesten Personen Italiens geworden. Akribisch zeichnen die Medien seine Wege in den vergangenen Wochen nach: Nach dem Treffen mit Litwinenko sei er mit einer Billiglinie nach Neapel geflogen, traf seine Ex-Frau, fuhr weiter nach Ischia, dann zu einer Pressekonferenz in den römischen Senat, dann wieder per Billigflieger nach London. Die Wege des "professore", wie er sich gerne nenne, seien verschlungen. Jetzt wird geprüft, ob Scaramella dabei eine gefährliche Strahlenspur hinterließ. "Polonium-Alarm in Italien" titeln römische Zeitungen am Samstag.

Schattenmann der Geheimdienste
Ansonsten liegt die Vergangenheit des Neapolitaners eher im Dunkeln: Italienische Medien beschreiben ihn als "Schattenmann", als Person im Zwielicht von Geheimdiensten, Kriminalität und Politik. Dubiose Geschäfte, windige Dossiers, undurchsichtige Machenschaften seien sein Metier. So habe er eine Organisation namens "Environmental Crime Protection Program" gegründet, die angeblich Recherchen für US-Universitäten betreibt. Immer wieder rühmte sich Scaramella prominenter Kontakte im "Sicherheitsbereich", legte sich selbst ernannte Titel wie "Professor" zu, dann die Bezeichnung "Sicherheitsexperte".

Verstrickungen in Waffenhandel
Einen "abenteuerlichen Berater" nennt ihn die Zeitung "Corriere della Sera". Seine eigentlichen Tätigkeiten seien obskur, gesichert sei aber, dass im vergangen Jahr die römische Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts des Waffenhandels gegen ihn ermittelte, berichten italienische Medien. Nebenbei solle der Mann aus Neapel etwa die Geschichte in die Welt gesetzt haben, im Golf von Neapel liege ein russisches Atom-U-Boot auf der Lauer.

Berater bei KGB-Ermittlungen
Eine Art "Karrieresprung" habe er dann im Jahr 2002 erlebt: Die Regierung von Ministerpräsident Silvio Berlusconi setzte damals eine parlamentarische Untersuchungskommission ein, die angebliche Verwicklungen des KGB in Italien während des Kalten Krieges aufdecken sollte. Vorsitzender wurde Paolo Guzzanti, ein Vertrauensmann Berlusconi. Und Guzzanti suchte sich einen "Berater": Mario Scaramella.

Politischer Komplott gegen Regierung Prodi
Doch selbst innerhalb der Kommission wurden rasch Stimmen gegen die Aktivitäten Scaramellas laut, "kaum glaubwürdig" sei sein Vorgehen, seine Mitarbeit "nicht opportun". Kritiker werfen Berlusconi noch heute vor, das wahre Ziel der Kommission sei es gewesen, dem Linkslager und seinem "Intimfeind" Romano Prodi "Schmutz anzuhängen". Scaramella sei in diesem Spiel lediglich als Werkzeug missbraucht worden. Dieser wiederum habe den Ex-Spion Litwinenko als Informanten benutzen wollen. Zu dem Treffen in der Sushi-Bar am Piccadilly Circus sei Scaramella aber nicht als Täter erschienen. Die Zeitung "La Repubblica" meint am Samstag: "Der Italiener war eher ein Kollateralschaden bei der Ermordung Litwinenkos."

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