Nach Google-Vorstoß

Selbstfahrende Autos werden bald Realität

30.05.2014

Fahrzeug kommt von allein herbei, wenn man es per Smartphone ruft.

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© BMW AG
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Dass die Entwicklung von selbstfahrenden und hochvernetzten Autos derzeit hoch im Kurs steht, wurde in dieser Woche einmal mehr eindrucksvoll untermauert. Und zwar mit der Vorstellung des Google-Autos (wir berichteten): Kein Lenkrad, kein Gaspedal, keine Bremse - beim Auto der Zukunft soll der Mensch laut dem IT-Riesen dem fahrenden Computer gar nicht erst dazwischenfunken können. Nach Jahren der Entwicklung von Technik für selbstfahrende Fahrzeuge wagt der Internetkonzern mit dem eigenen Auto den nächsten Schritt. Doch auch die großen Hersteller wie Mercedes, BMW, Audi, Toyota oder Volvo treiben die Entwicklung von autonomen Fahrzeugen seit Jahren auf Hochtouren voran.

Google setzt auf Playmobil-Design
Der erste Prototyp, den Google auf einem Parkplatz in Kalifornien rollen ließ (siehe Video), erinnert mit seiner kugeligen Form äußerlich noch mehr an ein übergroßes Spielzeugauto aus dem Hause Playmobil oder einen Kindereinkaufswagen aus dem Supermarkt denn an die ausgefeilten Produkte der etablierten Fahrzeughersteller. Selbst die Lampen auf der Frontpartie, die ein unverkennbares Gesicht bilden, sind noch Aufkleber. Aber es ist ein Anfang: Das Kugelauto fährt wie von Geisterhand und soll dank eines dicken Laserscanners auf dem Dach, vielen weiteren Sensoren und der speziell angepassten Konstruktion auch extrem sicher werden.



Der Internetkonzern hatte vor knapp vier Jahren die Autobranche mit der Nachricht kalt erwischt, dass er eine Flotte Toyotas zu Roboterwagen umgebaut hat. "Die ersten Google-Fahrzeuge haben die Autoindustrie aufgeschreckt", sagt Branchenexperte Uwe Schick von der Unternehmensberatung Accenture. Die Autohersteller und Branchenzulieferer legten sich fortan mächtig ins Zeug und etwa Mercedes oder Audi können inzwischen eigene selbstfahrende Fahrzeuge vorweisen. Die Industrie bereitet sich darauf vor, dass sie etwa zum Jahr 2020 regulär auf die Straße kommen.

Google geht einen Schritt weiter
So weit, auf die grundlegenden Steuerelemente zu verzichten und den Fahrer ganz zu entmachten, ging vor Google aber noch keiner. Audi demonstrierte zur diesjährigen Computermesse CeBIT zwar den Entwurf eines Cockpits mit klappbarem Lenkrad - aber ein heutiges Grundprinzip ist: Der Mensch muss jederzeit ins Fahrgeschehen eingreifen können. Das Auto ohne Lenkrad macht nicht nur die Haftungsfrage bei Unfällen noch akuter. Was ist, wenn der Auto-Computer in einer extremen Notfallsituation entscheiden muss, ob er das Leben des Passagiers oder eines im Weg stehenden Fußgängers retten soll? Wie schnell werden überhaupt wie viele Menschen bereit sein, ihr Leben im Straßenverkehr dem Computer anzuvertrauen? "Was wirklich akzeptiert wird, was nachhaltig sicher ist, wird man noch sehen müssen", sagt Accenture-Experte Schick.

Google-Mitgründer Sergey Brin macht es jedenfalls vor: "Etwa zehn Sekunden nach dem Einsteigen habe ich meine E-Mails gecheckt. Es war wie in einem Sessellift." Es gehe aber insgesamt um ein Modell für die Mobilität der Zukunft, erklärte er nach der Ankündigung bei einem Auftritt auf der Konferenz des Blogs "Recode". Die vielen Autos im privaten Eigentum seien eine große Belastung für die Gesellschaft. Sie würden 96 Prozent der Zeit nicht genutzt - und zugleich sei zu Stoßzeiten jeder Dritte in der Stadt auf der Suche nach einem Parkplatz unterwegs. "Damit ist es vorbei, wenn man Autos hat, die selbst fahren, sie aussetzen und sich andere Passagiere suchen."

Noch nicht serienreif
Bis es soweit ist, müsste allerdings erst noch tatsächlich ein serienreifes Auto gebaut werden. Im Google-Video zur Vorstellung der ersten Prototypen war kurz die Montage per Hand zu sehen. Google hätte das nötige Kleingeld, um sich einen eigenen Autozulieferer oder Auftragsfertiger zu kaufen. Doch der Konzern steht hier einer Industrie gegenüber, die auf Jahrzehnten hochtechnologischer Forschung aufbauen kann. "Die Stärke der Autoindustrie ist die Fähigkeit der Gesamtintegration. Und sie erzählt auch nicht von allem, was sie macht", betont Schick. 100 Jahre Fahrzeugerfahrung und ständige Innovationen zu überbieten - "dafür muss einer schon verdammt gut sein", gab sich jüngst der Chef des deutschen Branchenverbandes VDA, Matthias Wissmann, selbstbewusst.

Brin zeigte sich erneut offen für Kooperationen mit der Autoindustrie, sie reagierte jedoch bisher zurückhaltend. "Google möchte die zentrale Informationsdrehscheibe für den Menschen werden", sagt Schick. Es gebe Überschneidungen bei allen Informationen zur Mobilität rund um das Auto. "Wenn es für die Autohersteller an den Kern der jeweiligen Geschäftsmodelle geht, sind Kooperationen wie zum Beispiel mit Google klare Grenzen gesetzt", ist er überzeugt.

So verwies auch Daimler darauf, dass der Konzern sich schon länger selbst mit dem Thema befasse. "Bei Mercedes-Benz haben die ersten teilautonomen Funktionen das Prototypen-Stadium längst verlassen", erklärte Ralf Guido Herrtwich, Leiter Fahrassistenz- und Fahrwerksysteme. Die Kunden profitierten schon heute davon. "Und wir haben noch sehr viele konkrete Ideen für die kommenden Jahre."

Einstieg in die Branche ist schwer und teuer
Für neue Spieler ist der Einstieg in die Branche extrem schwierig und teuer. Der Elektrowagenhersteller Tesla, der von Grund auf ein neuartiges Auto entwickelte, kann ein Lied davon singen. Die Firma hat zwar eine treue Fangemeinde, die Stückzahlen sind mit etwas über 20.000 im Jahr aber nach wie vor überschaubar. Für die deutschen Hersteller, die in der Oberklasse mit teuren und sportlichen Autos punkten, kommen die neuen Flitzer aber gar nicht so ungelegen, da sie auf neue Technik neugierig machen.

Google ist als Suchmaschine im Internet groß geworden und verdient mit Werbung viel Geld. Der Konzern mischt aber mittlerweile auch in vielen anderen Bereichen mit. So testet er derzeit unter anderem eine Datenbrille, die Videos aufnehmen sowie E-Mails und andere Inhalte aus dem Internet darstellen kann. Die Betriebssoftware Android ist bereits auf unzähligen Smartphones, etwa von Marktführer Samsung, präsent. Der Chef des deutschen Axel-Springer-Verlags, Mathias Döpfner, hatte kürzlich Angst vor Google geäußert, weil das Unternehmen aus dem Silicon Valley mit seinen Algorithmen den Werbemarkt extrem stark präge. Springer und viele andere Medienfirmen seien deswegen in Abhängigkeit geraten.
 

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