Hintergrund

So findet die EU aus der Krise

27.10.2011

Gipfel brachte 3 Beschlüsse: Schuldenschnitt, Banken-Rekapitalisierung & EFSF-Hebelung.

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© APA/dpa
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Der zehnstündige EU-Gipfel hat drei konkrete Beschlüsse gebracht - und Zusagen aus Italien und Spanien, weitere Sparmaßnahmen umzusetzen. So soll es einen Schuldenschnitt für Griechenland geben - obwohl dies monatelang als Katastrophenszenario dargestellt worden war. Der Euro-Schutzschirm EFSF soll durch eine Hebelung mehr Wirkung bringen. Und Europas wichtigste Banken müssen mehr Kapital aufnehmen.

Schuldenschnitt:
Die Banken verzichten auf die Hälfte ihrer Forderungen gegenüber Griechenland. Das geschehe völlig freiwillig, versichern alle Seiten, denn nur unter dieser Bedingung kann vermieden werden, dass Griechenland von den Ratingagenturen für zahlungsunfähig erklärt wird. Der Wert des Verzichts liegt bei 100 Mrd. Euro. Ziel ist, dass die Verschuldung des Landes dadurch von derzeit 160 Prozent des BIP bis 2020 auf 120 Prozent des BIP fällt. Details sind aber offenbar noch offen - so sprach die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel davon, dass der Verzicht der Privaten geringer als 50 Prozent sein werde, weil die öffentliche Hand weitere 30 Mrd. Euro für Griechenland aufbringen wolle. Bundeskanzler Werner Faymann wies darauf hin, dass die öffentliche Beteiligung von zuletzt geplanten 109 Mrd. Euro auf 130 Mrd. Euro steigen werde. Merkel wiederum nannte ein zweites Hilfspaket von 100 Mrd. Euro bis 2014.

Nicht mehr umgesetzt wird das im Juli beschlossene Programm, das einen Schuldenverzicht des Privatsektors in Höhe von 21 Prozent und öffentliche Hilfen in Höhe von 109 Milliarden Euro vorgesehen hatte. Dies war auf Grundlage von Annahmen ausgehandelt worden, die aufgrund der sich rasch verschlechternden Wirtschaftslage des Landes nicht mehr gegeben waren.

Banken-Rekapitalisierung
Die Systemrelevanten Banken Europas, die zuletzt den Banken-Stresstest durchlaufen haben, müssen ihr hartes Kernkapital bis zum 30. Juni 2012 auf neun Prozent aufstocken. Nach Angaben der Europäischen Bankenaufsicht EBA brauchen sie dafür 106 Mrd. Euro, österreichische Banken kommen auf 2,9 Mrd. Euro Kapitalbedarf, wobei der Löwenanteil auf die ÖVAG entfalle. Dies sind allerdings nur vorläufige Zahlen, endgültige will die EBA auf Basis der Werte der Staatsanleihen am 30. September errechnen. Die Vereinbarung ist als Übergangsmaßnahme gedacht. Bis die Banken ausreichend Kapital haben, müssen sie sich bei Dividenen und Boni zurückhalten. Das Geld soll in erster Linie vom Kapitalmarkt kommen, wenn das nicht geht von den Nationalstaaten und nur wenn diese nicht genug Mittel haben, vom EFSF.

EFSF-Hebelung
Der Euro-Schutzschirm EFSF ist mit 779 Mrd. Euro dotiert, was ihm ermöglicht, 440 Mrd. Euro zu vergeben. Nun haben sich die Staats- und Regierungschefs geeinigt, diese 440 Mrd. Euro durch zwei Hebel auf zumindest 1 Billion Euro aufzustocken - Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy sprach sogar von 1,4 Billionen Euro. Beim ersten Modell wird der Fonds zu einer Versicherung für Staatsanleihen mancher Euro-Länder: Investoren sollen damit geködert werden, dass der Fonds ihnen im Falle von Verlusten etwa 20 Prozent davon abnimmt. Das zweite Modell sind Sondertöpfe zum Aufkauf von Staatsanleihen, in die auch Staatsfonds und Privatleute investieren können. Deren Beitrag wird erst nach weiteren Gesprächen in einigen Wochen feststehen. Unklar bleibt also zunächst, welchen Gesamteffekt der Hebel erzielt. Sarkozy will noch heute mit Chinas Staatspräsident Hu Jintao telefonieren und ausloten, wie weit sich China an der Hebelung des EFSF beteiligen möchte.

Abgesehen von diesen konkreten Beschlüssen, haben sich Italien und Spanien im Rahmen des Gipfels zu weiteren Sparmaßnahmen verpflichtet. Italien will 2013 ausgeglichen budgetieren und 2014 seine Staatsverschuldung auf 113 Prozent der Wirtschaftsleistung senken. Auch soll das Pensionsantrittsalter bis 2026 auf 67 Jahre angehoben werden.

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