Salzburger Festspiele

Jedermann fiel ins Wasser

21.07.2012

Die Premiere wurde nach längerem Bangen ins Große Festspielhaus verlegt.

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© APA/ Gindl
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Unwetter sorgten nicht nur beim Beach Volleyball Grand Slam für Chaos, auch die gestrige Jedermann-Premiere ging baden. So übersiedelte man vom Domplatz ins Festspielhaus.

Schon bei den Proben sahen die Schauspieler oft ihre Hand nicht mehr vor den Augen, Hauptdarsteller Nicholas Ofczarek ging an seine körperlichen Grenzen: „Ich hole mir hier noch den Tod“, hatte er während der Generalprobe geschnaubt.

Da hatte selbst Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler Mitleid: „Das Salzburger Wetter ist für die Künstler eine zusätzliche Belastungsprobe – es ist eine Zitterpartie!“

Während die gestrige Jedermann-Premiere eine Woche früher als sonst über die Festspielhaus-Bühne ging, findet der offizielle Eröffnungsakt – wie gewohnt – am 27. Juli statt. Intendant Alexander Pereira wird um 11 Uhr in der Felsenreitschule die Eröffnungsrede halten. Einen Tag davor, am 26. Juli, geben sich die VIPs bei der ISA-Gala ein Stelldichein. Zur Audi Night am Freitag wollen Anna Netrebko und Erwin Schrott antanzen.

Jedermann als Macho-Man

Bis zuletzt war der Jedermann gestern eine „Zitterpartie“ – wie auch Festspiel-Präsidentin Helga Rabl-Stadler im ÖSTERREICH-Interview bestätigte. Bis zuletzt war es unsicher, ob der traditionelle Festspiel-Auftakt draußen, auf dem Domplatz, über die Bühne gehen würde – um 19 Uhr kam der Bus, der die Schauspieler ins Große Festspielhaus chauffierte. Dorthin wurden dann auch die Zuschauer des traditionellen Festspiel-Auftakts geleitet.

Machohaft
Beim Indoor-Jedermann geht einem natürlich die barocke Domfassade ab. Die schwarze Bühne zieren lediglich zwei Treppen und eine Heiligenstatue. Nach dem etwas peinlichen Vorspiel mit den über die Bühne fuhrwerkenden rezitierenden und musizierenden Kindern erscheint Nicholas Ofczarek – anders als seine Vorgänger (Peter Simonischek & Co.) in dieser Rolle ein junger, gewalttätiger Prolet. Polternd und infantil. Alle Darsteller spielen frontal ins Publikum, was an der mangelnden Personenführung von Jedermann-Langzeit-Regisseur Christian Stückl liegt.

Korpulenter Tod
Theater-Enfant-terrible Ben Becker ist – wie schon im Vorjahr – ein außerordentlich korpulenter Tod. Seine großen, groben, opernhaften Gesten passen auf den Domplatz, nicht aber ins Festspielhaus. Birgit Minichmayrs Auftritt als Buhlschaft ist – anders als der ihrer Vorgängerinnen (Veronica Ferres & Co.) – eher dezent. Auch diese hervorragende Schauspielerin wirkt im Verlauf der Aufführung vom Regisseur alleine gelassen.

Neuinszenierung ist längst überfällig
2014 soll Hofmannsthals Jedermann frisch inszeniert werden – und zwar vom neuen Schauspiel-Chef der Salzburger Festspiele, Sven-Eric Bechtolf. Das ist längst überfällig. Wir freuen uns darauf.

E. Hirschmann

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