ÖSTERREICH-Kritik

Rock Me Amadeus: Ganz Wien feiert neues Falco-Musical

07.10.2023

Ovationen für das neue Falco Musical Rock Me Amadeus, das am Samstag im Ronacher seine Weltpremiere feierte. Mit Moritz Mausser als neuer Lichtgestalt, grandiosem Bühnenbild und dramatischer Inszenierung. Nur die neuen Songs sind zum Vergessen. 

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"Oiso, die G'schicht is a jene, des wa a jeder, weu des liegt doch auf der Hand": Ein Muttersöhnchen, das sich von der Wiener Underground-Szene zum Weltstar hoch singt. Platz 1 in den USA inklusive. Jubel, Trubel, Traurigkeit. Ein Erfolg an dem er zerbricht. Auch wegen Alk, Drogen und der niederschmetternden Erkenntnis, dass seine geliebten Tochter doch nicht von ihm ist. Letztendlich crasht er in den Tod. Vielleicht ja sogar freiwillig. Die Biografie von Falco kennt, um in den Worten seines Klassikers „Der Kommissar“ zu sprechen, „heute jedes Kind“. Die Vereinigten Bühnen Wien haben nun daraus das flotte Musical „Rock Me Amadeus“ gemacht.

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Mit dem spannenden und eigentlich logischem Zugang seine gespaltene Persönlichkeit durch gleich zwei Darsteller zu zeigen. Moritz Mausser als „Hans Hölzel / Falco“ und Alex Melcher als sein dämonisches „Alter Ego“. Eine Tatsache, die am Samstag bei der Weltpremiere im Ronacher für den größten VIP-Rummel seit dem Opernball sorgte: Von Bürgermeister Dr. Michael Ludwig über Falcos letzte Liebe Caroline Perron oder ÖSTERREICH-Herausgeber Wolfgang Fellner bis zu den Austropostars Cesar Sampson und Virgina Ernst. Dazu sogar Peter Weck und Schockmaler Gottfried Helnwein.   

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Sie alle wurden nicht enttäuscht: Das Musical liefert von der Eröffnung mit dem „Falco-Requiem“ rund um der in vielen internationalen TV-Stationen gesendeten Todesmeldung bis zum Finale „Coming Home“, wo er nach dem Begräbnis noch einmal seine Freunde um sich scharrt, eine ebenso schonungslose, wie Hit-gespickte Biografie, die dabei nur selten nervig wirkt.

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Im ersten Teil zeigt Moritz Mausser, der den Falken glaubhaft mit Inbrunst und Lässigkeit spielt, aber in Summe doch etwas zu theatralisch intoniert und inszeniert, unterstützt von wichtigen Falco-Figuren wie der übermächtigen Mama (Tania Golden), die ihn am Liebsten bei der Pensionsversicherungsanstalt untergebracht hätte, den Freunden Billy (Simon Stockinger) und Hansi Lang (Martin Enekel), Entdecker Markus Spiegel (Franz Frickel) oder Manager Horst Bork (Andreas Lichtenberger) die von DDR-Skispringer Falko Weißpflog inspirierte Verwandlung von Hans Hölzel zu Falco.  

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Von der ersten Rebellion in der Schule und zögernden Bass-Sessions im Kinderzimmer, das wie die meisten Räume im Stück einem Schaukasten gleich über die verspiegelte Bombast-Bühne schwebt, über die lange Nächte mit Bier und Frauen im U4 („The Sound Of Musik“) bis zum ambivalenten Verhältnis zu „Rock Me Amadeus“: „Ich lass mi ja ned als Mozartkugel durch die Nation rollen. Ich singe diesen Song nur unter größtem Protest. Gegen meinen erklärten Willen. Und auf Druck meines Managements.“ Das wird dann - auf der Bühne unterlegt vom kitschigen Mozart(kugel)-Bildern - zum Welthit und zum Verdammnis.   

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Nach der Pause übernimmt im dramaturgisch stärkeren Teil sein „Alter Ego“ (Alex Melcher, teuflisch gut), der als Hirngespinst in einem überdimensionalen fast sieben Meter hohen Kopf auftaucht und ihn in Folge immer mehr Drogen und Wahnsinnigkeiten einflößt, das Kommando: Mit Worten wie „Geld Ruhm und Macht“ verführt er den sensiblen Falken zur dunklen Seite.  

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Hans Hölzel wird zwischen Triumph - Platz 1 in den USA - und Tragödie - Hochzeit, Trennung und die fatale Erkenntnis, dass er nicht der Vater seiner geliebten Tochter ist -, immer mehr zur Marionette seines Dämonen. Bei „Dance Mephisto“ auch mit Whiskey, Kokain oder Pulver gefüttert und zu „Emotional“ sogar Handgreiflich gegen seine Ehefrau Isabella (Katharina Gorgi). Szenen die auch ihn schockieren: „Ich hab ihn satt diesen Falco.“  

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Die Verzweiflung treibt ihn schließlich in den Wahn und zur Flucht in die Dom Rep. Als auch dort wieder der Dämon auftaucht ist das fatale Ende unausweichlich. Falco macht die Worte von „Out of The Dark“ wahr und steigt in seinen Kopf hoch. Bis das rettende weiße Licht kommt. Der Unfall selbst wird nicht gezeigt. Auch dafür gab es minutenlange Ovationen. 

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"Die beste Show, die Wien je gesehen hat," hat Regisseur Andreas Gergen dafür versprochen und er sollte fast recht behalten, denn leider gibt es im Musical auch vier neuen Songs aus der Feder der Amadeus-Komponisten Rob und Ferdi Bolland. Und die sind absolut verzichtbar. Ja sogar störend. Banales Schlager-Gesülze („Leb deinen Traum“), Kinderreime („Du bist mein Zuhause“) und die absolute Verzweiflungstat „Ein weißes Blatt Papier“. Einzig „I Am You“, ein Duett mit dem Alter Ego, sorgte für Jubel.
Trotzdem: Falco hätte das zu Lebzeiten nie aufgenommen!   

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Dass dafür im Musical u.a. auf den Klassiker „Nachtflug“ verzichtet wird und „Vienna Calling“ zwar dramaturgisch spannend aber nur sehr gekürzt erklingt wäre eigentlich unverzeihlich, doch die bombastische Inszenierung und die neue Lichtgestalt Moritz Mausser machen es wieder wett. Ein starkes Musical und eine würdige Huldigung des Falken. Jetzt noch bis mindestens Ende März im Ronacher .
  

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