Doppelmord-Prozess fortgesetzt

Schwestern ermordet: Täter seelisch abnorm

17.10.2016

Empathielosigkeit und ich-bezogenes Weltbild beim Beschuldigten.

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© Elmar Gubisch (Symbolbild)
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Der Prozess um einen mutmaßlichen Doppelmord an zwei Schwestern ist am Montag in Leoben fortgesetzt worden. Zwei Gutachter wurden gehört, wobei sich die Experten einig waren: Der 34-jährige Beschuldigte hat eine schwere seelische Abnormität, ist emotional instabil und wird mit großer Wahrscheinlichkeit wieder Gewalt anwenden. Für den Nachmittag wird das Urteil erwartet.

Der Prozess hat vor einer Woche begonnen. Am ersten Tag hatte der Angeklagte seine Sicht der Tat geschildert und zeigte sich dabei auch geständig. Sein Verteidiger sprach jedoch nicht von Mord, sondern von Totschlag. Die Staatsanwältin dagegen skizzierte einen brutalen Mord. Der Gerichtsmediziner zeigte sich erschütterte über die Vielzahl der schweren Verletzungen.

Kombinierte Persönlichkeitsstörung

Nach einer Woche ist der Prozess am Montag mit den Ausführungen der psychiatrischen Gutachter Manfred Walzl und Anita Raiger weitergegangen. Walzl erklärte, dass der 34-jährige Serbe eine kombinierte Persönlichkeitsstörung habe, jedoch zum Zeitpunkt der Tat zurechnungsfähig gewesen sei. Im Blut des Verdächtigen waren kein Alkohol und lediglich Abbauprodukte von Kokain, ohne psychoaktive Wirkung, festgestellt worden. Der Gutachter schilderte weiter, dass es dem Beschuldigten nicht gelinge, Konflikte auszudiskutieren, sondern "er löst sie impulsiv". Außerdem leide der Mann an ausgeprägtem Narzissmus: "Er ist sich selbst der Nächste."

Laut dem Gutachter ist beim Angeklagten ein Mangel an Empathie für die Opfer festzustellen. Ähnliches berichtete dessen Kollegin Raiger: Der Serbe habe bei ihr den Eindruck hinterlassen, dass bei allen seinen vorangegangenen Verurteilungen eigentlich immer die anderen schuld gewesen sein sollen. Aufgewachsen sei der 34-Jährige in einer Familie mit trinkendem Vater und häuslicher Gewalt: "Für den Angeklagten ist Aggression und Gewalt normal." Deshalb habe er auch seine Frau und seine Kinder geschlagen. "Er konnte nicht einsehen, dass Gewalt und Drohungen mit der Trennung zu tun haben." Er habe sich gekränkt gefühlt und verfüge nur über ein "ich-bezogenes Weltbild". Raiger sprach von einer sehr hohen Rückfallwahrscheinlichkeit und Empathielosigkeit: "Er sieht seine eigene Gewalttätigkeit nicht und zeigte keine Reue für die Opfer."

Urteil für Nachmittag erwartet

Am späten Vormittag begannen Staatsanwältin Yvonne Huber und der Verteidiger des Angeklagten mit den Schlussplädoyers. Anschließend müssen die Geschworenen über die Schuld des 34-Jährigen entscheiden. Das Urteil wird für den Nachmittag erwartet.

Der Serbe soll im vergangenen April seine Ehefrau und deren Schwester auf offener Straße in Kapfenberg getötet haben. Er stach laut Anklage mit einem Messer mehrmals auf beide ein und trat anschließend unzählige Male auf die Köpfe und Körper der am Boden liegenden Frauen ein. Passanten, die dazwischengehen wollten, attackierte der 34-Jährige ebenfalls. Er wurde nur rund 100 Meter vom Tatort entfernt von der Polizei verhaftet und behauptete, er stünde unter Alkohol- und Drogeneinfluss. Seine Ehefrau hatte sich wenige Tage vor der Tat von ihm getrennt. Sie hinterließ drei Kinder, ihre Schwester zwei.
 

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