Blaue Wähler-Watsche

Michael Häupl ahnte die SP-Verluste

10.10.2010

Bis zuletzt hatte der SP-Spitzenkandidat auf ein Wunder gehofft – umsonst.


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© REUTERS
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Der Wiener Bürgermeister war am Sonntag nach der Wahl tief enttäuscht: "Es ist uns nicht gelungen, unsere Wähler zu mobilisieren. Bedauerlich. Weil die Krise nicht mehr so dominierte, war unser Thema, die soziale Frage, bei den Wählern zu weit hinten.“ Im Klartext meinte Michael Häupl: Die Ausländer-Attacken der FPÖ hatten weit besser gegriffen als seine eigene Kampagne.

Stimmenabgabe in Ottakring
Dabei hatte der Sonntag für Häupl entspannt begonnen: Um 10.00 Uhr schritt er in Begleitung seines Sohnes Bernhard, 195. der SP-Kandidatenliste in Wien, in seinem Heimatbezirk Ottakring zur Wahlurne. "Bernhard war nervöser als ich.“ Danach fuhr Häupl zum Mittagessen. Im Szenerestaurant "Silberwirt“ musste zunächst ein weißer G’spritzter her – da ahnte der Bürgermeister schon, dass an diesem Tag noch Frustabbau anstehen würde.

Häupl wusste: "Nur ein Wunder kann uns retten“
Nach dem Essen ein nachdenklicher Moment im Kreise einiger weniger Vertrauter: "Es wird eng. Nur wenn alle SP-Wähler hingehen, ist das Wunder einer absoluten Mehrheit drin.“ In den Abendstunden stand dann fest, dass die Wiener SPÖ ab sofort einen Koalitionspartner braucht. Die absolute Mehrheit ist futsch. Sie SPÖ erreichte nur 44,1 Prozent, ein Minus von fast fünf Prozent. Häupl muss nun entweder mit der ÖVP oder den Grünen, die beide ebenfalls verloren, eine von ihm ungeliebte "Koalition der Verlierer“ zusammenzimmern. Auch wenn es in der SPÖ niemand offen aussprach: Das heißt, dass Häupl sein rotes Haus rasch ordnen und in 2 Jahren an Jüngere übergeben wird.

"Bis Ende November steht Koalition für Wien"

Michael Häupl im ÖSTERREICH-Gespräch

ÖSTERREICH: Sie bzw. die SPÖ hat die Absolute verloren. Wie fühlen Sie sich nach der Niederlage?

Michael Häupl: Das ist nicht der erfreulichste Tag, und wir werden die Konsequenzen ziehen. Aber zuerst werden wir Koalitionsverhandlungen mit Schwarz und Grün führen.

ÖSTERREICH: Ist Ihr Rücktritt ein Thema?

Häupl: Diesen Gefallen mache ich Strache sicher nicht! Klar ist aber auch, dass ich die Verantwortung für dieses Wahlergebnis übernehme.

ÖSTERREICH: Woran hat es gelegen, dass die SPÖ die Absolute verloren hat?

Häupl: Offenbar hat Strache seine Wähler besser mobilisieren können. Das heißt aber nicht, dass die Hetze der FPÖ besser gezogen hat. Aber vermutlich mobilisiert das Kopftuchthema mehr als die Bewältigung der Krise, die wir zum Thema gemacht hatten. Immerhin: International gesehen haben wir ein beachtliches Ergebnis eingefahren, darüber würden sich viele Bürgermeister freuen. Leider ist die absolute Mehrheit weg.

ÖSTERREICH: Mit wem werden Sie als Erstes Koalitionsgespräche führen?

Häupl: Da gibt es keine persönliche Präferenz, das entscheidet letztendlich der Terminkalender, mit wem wir zuerst am Tisch verhandeln. Jedenfalls nicht und nie mit den Freiheitlichen!

ÖSTERREICH: Christine Marek hatte immer wieder mindestens drei Stadtratsposten als Bedingung für eine Koalition angeführt.

Häupl: Wenn Marek das fordert, dann stehe ich auf und gehe.

ÖSTERREICH: Was sind Ihre Bedingungen an den Koalitionspartner?

Häupl: Ziel ist, mit so vielen Gemeinsamkeiten wie möglich in eine Koalition zu gehen, damit wir die nächsten fünf Jahre regieren können.

ÖSTERREICH: Bis wann wird die neue Koalitionsregierung stehen?

Häupl: Der Zeitplan ist durch die Erstellung des Budgets definiert. Also spätesten Ende November muss es in Wien die neue Regierung geben.

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