Duell ums Bundesheer

Darabos: Neues Heer, alter Preis

08.01.2011

Der Verteidigungsminister verspricht: "Neues Heer kostet keinen Cent mehr."

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© Kernmayer
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Über das Wochenende nahm sich Verteidigungsminister Norbert Darabos ganze Berge von Akten mit ins heimatliche Kroatisch-Minihof im Burgenland – und wurde dort noch mit E-Mails von Sozialminister Rudolf Hundstorfer „bombardiert“.

Die SP-Minister rechnen derzeit mit rauchenden Köpfen nach, wie viel jedes Modell einer Heeresreform kosten würde. Wie hoch etwa die Einstiegsgehälter künftiger Profi-Soldaten sein könnten (knapp 2.000 Euro). Und wie teuer es käme, wenn man bei einem Aus für die Wehrpflicht die etwa 100 Millionen Euro teuren Leistungen der Zivildiener für den Sozialstaat anders finanzieren müsste.

Am Mittwoch wird Darabos zunächst dem SP-Präsidium sein Lieblingsmodell präsentieren – es wird sich eng an das schwedische Freiwilligenheer anlehnen. Und „in den nächsten zehn Tagen wird es für die Öffentlichkeit sieben seriös gerechnete Modelle geben, die ich der Öffentlichkeit präsentiere. Eines davon werde ich als mein Ziel-Modell nennen“, so Darabos im ÖSTERREICH-Gespräch.

„Wir könnten schon 2011 die Wehrpflicht aussetzen“
Spätestens dann wird ein monatelanger knallharter Poker mit der ÖVP um das Bundesheer der Zukunft beginnen. Im späten Frühjahr will Darabos mit dem Koalitionspartner einig sein, danach einen möglichst breiten Konsens im Parlament suchen – „außer der FPÖ arbeiten alle Parteien konstruktiv mit“, sagt Darabos. Gelingt das, will er einen Volksentscheid über die Zukunft des Bundesheers: „Sollte sich eine Mehrheit für die Abschaffung der Wehrpflicht finden, könnte diese bei seriöser Vorbereitung schon 2011 ausgesetzt werden.“

Das VP-Modell, die Wehrpflicht beizubehalten, aber durch verschärfte Tauglichkeitskriterien weniger Rekruten einzuberufen, ist für Heeres-Experten Gerald Karner keine taugliche Alternative: „Das ist keine Reform und es gibt ein schweres Verfassungsproblem, weil es keine Wehrgerechtigkeit mehr gibt.“
 

„VP-Plan mit Drehen an Tauglichkeitsschraube ist unehrlicher Ansatz.“

Verteidigungsminister Darabos kündigt eine „billige“ Heeresreform an.

ÖSTERREICH: Wann werden Sie Ihre Pläne für eine Heeresreform präsentieren?
Norbert Darabos:
In den nächsten zehn Tagen werden sieben, höchst seriös durchgerechnete Modelle präsentiert. Und ich werde eines davon als meine persönliche Präferenz benennen. Dann wird mit der ÖVP und im Parlament verhandelt. Ich bin erfreut, dass nun die ÖVP nach einer Einigung auf ein Modell einen Volksentscheid nicht mehr ausschließt. Übrigens: Wenn Außenminister Michael Spindelegger eine seriöse Debatte einfordert, kann ich nur zustimmen. Deshalb bin ich verwundert, dass da zuletzt mit unseriösen Zahlen herumgespielt wurde. Ein Modell ist erst dann mein Modell, wenn die Zahlen von mir authorisiert wurden.

ÖSTERREICH: Sie haben eine Präferenz für ein Freiwilligenheer nach schwedischem Vorbild geäußert. Wie teuer wird das?
Darabos:
Das schwedische Modell wird es nicht 1:1 werden. Aber es ist wirklich sehr interessant. Und es gilt mein Versprechen: Das neue Bundesheer wird keinen Cent mehr kosten, weil wir so oder so große Sparpotenziale haben, indem wir nicht mehr für eine Panzerschlacht im Marchfeld mit tausend Panzern und zehntausenden Soldaten gerüstet sein müssen.

ÖSTERREICH: Wie viele Soldaten wird es künftig geben?
Darabos:
An den genauen Zahlen wird noch gearbeitet. Aber klar sind zwei Eckpunkte: Wir brauchen etwa 10.000 Soldaten für den Katastropheneinsatz und rund 1.000 Soldaten für die Auslandseinsätze.

ÖSTERREICH: Wird der VP-Plan mit Wehrpflicht und weniger Grundwehrdienern Teil Ihrer sieben Modelle sein?
Darabos:
Ein Drehen an der Tauglichkeitsschraube, wie es die ÖVP vorschlägt, wäre ein unehrlicher Ansatz. Deutschland, das nur 16 Prozent eines Jahrgangs einberufen hat, führt aus gutem Grund ein Freiwilligenheer ein. Es stellte sich nämlich heraus, dass trotz Zufallsgenerator viel mehr sozial Schwache einberufen wurden als sozial Privilegierte – ohne da bewusste Manipulation zu unterstellen. Schon aus Gründen verfassungsrechtlicher Bedenken wegen der Wehrgerechtigkeit ist der VP-Vorschlag für mich kein taugliches Modell.

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