Freiwilligen-Heer

So wird das neue Bundesheer

Teilen

Laut SP-Plänen soll eine Volksabstimmung die Wehrpflicht kippen.

Die Gnade der späten Geburt hat diese 12.150 jungen Männer wahrlich nicht ereilt: Am ersten Arbeitstag des Jahres mussten sie als allerletzter Jahrgang von Grundwehrdienern, auf die die allgemeine Wehrpflicht angewendet wurde, zur deutschen Bundeswehr einrücken. Ab 1. Juli wird diese offiziell ausgesetzt – dann ist mit Deutschland die letzte große Nation des Kontinents endgültig am Weg zum Freiwilligenheer.

"Da können wir in Österreich natürlich auch nicht mehr so tun, als ob uns das überhaupt nichts anginge und das – an sich bewährte – System der allgemeinen Wehrpflicht für immer festschreiben", kommentierte SP-Verteidigungsminister Norbert Darabos diese Entwicklung, die mittlerweile bis auf wenige Ausnahmen wie die Schweiz ganz Europa erfasst hat.

Und Darabos hat nun Ehrgeiz entwickelt. Der einstige Zivildiener will nicht nur als Sparmeister in die Annalen der Heeresgeschichte eingehen – sondern auch als großer Reformer.

"Er hat das Ziel, als erster Verteidigungsminister von der Einmottung sinnloser Panzerverbände bis hin zur Abschaffung der Wehrpflicht alles zu tun, um das Heer aus dem Kalten Krieg ins neue Jahrtausend zu führen", beschreibt ein Kenner des Ministers die Da­rabos-Pläne.

SP will VP zum Aus für die Wehrpflicht "überreden"
Kanzler Werner Faymann und sein Minister haben längst ihre Aufmarschpläne für die Schlacht ums Bundesheer fixiert: In der kommenden Woche wird Darabos sieben mögliche Modelle für das Heer der Zukunft vorlegen – aus denen sich die SPÖ binnen kürzester Zeit auf eines festlegen wird. Wobei gleich vier nicht in Frage kommen, da sie entweder keine Auslandseinsätze oder keinen Katastrophenschutz mehr vorsehen. Bleiben eigentlich nur noch drei Varianten:

  • Modell 1, das die Beibehaltung der allgemeinen Wehrpflicht wie bisher vorsieht, fällt aus, da es eine Null-Reform wäre.
  • Modell 2, das auf ein reines Berufsheer abzielt, ist laut Experten zu teuer.
  • Modell 3, das bei gleichbleibenden Aufgaben ein Freiwilligenheer (Berufsheer mit Milizkomponente) vorsieht, ist derzeit SP-intern der Top-Favorit.

Fast sicher wird es nach schwedischem Vorbild das Aus für die Wehrpflicht beinhalten und soll binnen weniger Wochen als Verhandlungsgrundlage für ein gemeinsames Gesetz dem Koalitionspartner präsentiert werden.

"Wehrpflicht light"
Spannend wird, ob sich VP-intern Außenminister Michael Spindelegger durchsetzt. Er ist ein Verfechter einer "Wehrpflicht light", die de facto das Ende der Wehrpflicht bedeutet. Oder ob Innenministerin Maria Fekter stärker ist. Sie will als Hüterin des Zivildiensts die Wehrpflicht retten, um das Sozialsystem zu sichern. Immerhin würde ein Aus des Zivildiensts bis zu 100 Mio. Euro Mehrkosten verursachen. VP-Klubchef Karlheinz Kopf erklärte gestern, dass er skeptisch zur Abschaffung der Wehrpflicht sei.

Nur wenn die VP nachgibt, gibt es eine verbindliche Volksabstimmung – die Alternative ist eine Befragung der Wähler mit zwei bis drei Modellen.

SP-Geheimplan für neues Heer
So soll das Aus der Wehrpflicht nach dem Schweden-Modell laufen:

  • Die Wehrpflicht wird per Gesetz aufgehoben.
  • Die Regierung darf nur in Notfällen Stellungspflichtige einberufen.
  • Offen ist, ob – wie in Schweden – davon auch Frauen betroffen wären.
  • Alle möglichen Rekruten werden jährlich medizinisch untersucht. Bis auf die Arzt-Checks sind das aber nur noch theoretische Planspiele für – unwahrscheinliche – Kriegsfälle. Die Realität in Schweden sieht so aus:
  • Die Armee wird auf einen Stand von 15.000 bis 16.000 aktiven Soldaten reduziert – was auch Da­rabos vorschwebt.
  • Dafür braucht man jährlich etwa 3.000 bis 6.000 Freiwillige – bei einem Anfangsgehalt von 2.200 € ist das in Schweden derzeit kein Problem.
  •  Die Freiwilligen erhalten eine dreimonatige Grundausbildung. Die Ausbildung von 3.000, für Kampfeinsätze taugliche Soldaten kostete bisher 390 Mio. €, im neuen System mit weniger Rekruten durch die Freiwilligkeit sollen es nur noch 161 Mio. € pro Jahr sein.
  • Danach entscheiden sie sich für weitere Ausbildungen vom U-Bootfahrer bis zur Luftwaffe. Davon hängt auch ab, ob sie für 8 Jahre Reservisten (Verlängerungsmöglichkeit 8 Jahre) oder für 8 Jahre aktiver Profi-Soldat (4 Jahre mehr möglich) werden.
  • Per Generalkollektivvertrag werden Reservisten für den Fall der Einberufung sozialrechtlich abgesichert.
Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.