Kapitän unter Druck

Belastendes Telefonat aufgetaucht

17.01.2012

Ein Drogentest soll klären, ob Kapitän Schettino unter Suchtgifteinfluss stand.

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Aus dem Wrack des havarierten Kreuzfahrtschiffes vor der Toskana haben Rettungsmannschaften am Dienstag fünf weitere Leichen geborgen. Damit ist die Zahl der Todesopfer bei dem Unglück auf elf gestiegen, teilten die Behörden mit. Die Toten wurden im überfluteten Heckteil des gekenterten Luxusliners entdeckt. Bei den Opfern handelt es sich um vier Männer und eine Frau im Alter von 50 bis 60 Jahren. Sie trugen Schwimmwesten, berichteten die Rettungsmannschaften. 22 Personen wurden noch vermisst

 

Kapitän des Unglücksschiffes unter Hausarrest
Kapitän Francesco Schettino wurde einem dreistündigen Haftprüfungstermin unterzogen. Er sagte aus, zum Zeitpunkt der Kollision das Kommando gehabt zu haben. Ein Drogentest soll klären, ob Francesco Schettino unter Suchtgifteinfluss stand.

Am Abend entschied die zuständige Richterin, dass der Kapitän unter Hausarrest gestellt wird. Der Kapitän war auf Antrag der Staatsanwaltschaft vergangenen Samstag festgenommen worden. Die Staatsanwälte hatten von Fluchtgefahr gesprochen. Schettino wird mehrfache fahrlässige Tötung, Havarie und Verlassen des Schiffes mitten in der Evakuierung vorgeworfen. Ihm drohen bei einer Verurteilung bis zu 15 Jahre Haft.

Anruf-Protokoll
Am Dienstag wurden Mitschnitte von Telefonaten veröffentlicht, die den Kapitän schwer belasten. Die Aufnahme eines spannungsgeladenen Gesprächs zwischen Schettino und einem Offizier, der im Hafen der Insel Giglio Dienst hatte, erhärtete den Verdacht, wonach der Kapitän früh von Bord gegangen ist. Der Hafenmitarbeiter wies Schettino darin an, sich zurück auf das Schiff zu begeben.

>> Das Anruf-Protokoll: Hafenaufsicht spricht mit dem Kapitän

Inzwischen wuchs die Angst vor schweren ökologischen Schäden. 900 Meter lange Öl-Sperren wurden rund um das Wrack errichtet. Die Behörden fürchteten, dass die rund zwei Millionen Liter Dieseltreibstoff ins Meer laufen könnten. "Die Umweltgefahr für die Insel Giglio ist enorm. Wir müssen verhindern, dass Dieseltreibstoff aus dem Schiff fließt. Es ist dringend, wir führen einen Wettlauf gegen die Zeit", sagte der italienische Umweltminister Corrado Clini.

Vor allem eine Verschlechterung der Wetterlage stelle eine Gefahr dar. Dadurch könnte das Schiff endgültig sinken. Die niederländische Bergungsfirma Smit Salvage soll ab dem morgigen Mittwoch mit dem Abpumpen des Treibstoffs der "Costa Concordia" beginnen.

>>> Retter sprengen sich durch Concordia-Wrack

Inzwischen wollen mehr als 70 Passagiere der Costa Concordia mit einer Sammelklage gegen die Betreibergesellschaft vorgehen. "Unser Ziel ist es, jedem Passagier eine Entschädigung von mindestens 10.000 Euro für den entstandenen materiellen Schaden, die ausgestandene Angst, die ruinierten Ferien und die ernsthaften Risiken zukommen zu lassen", erklärte der Chef des italienischen Verbraucherschutzverbands Codacons, Carlo Rienzi, am Dienstag. Der Verband hatte die Klage angeregt.

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