Arbeitszeugnisse

Chef regt sich über Bewerbungs-Methode auf: "Zwei Minuten Arbeit für diesen Bullsh*t“

14.10.2025

Ein deutscher Geschäftsführer sorgt auf TikTok für Wirbel: Er hält Arbeitszeugnisse für überholt – und erklärt, warum er sie in Bewerbungen „nicht einmal mehr liest“. 

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Mit einem kurzen TikTok-Video hat Andreas Henschel, Geschäftsführer der Mebatron Elektronik GmbH mit 50 Angestellten, eine hitzige Diskussion ausgelöst. „Boah, Leute“, sagt er darin, „ich habe gerade wieder ein Arbeitszeugnis geschrieben – mache ich zwar gerne, aber ich verstehe nicht, warum man so etwas heute noch braucht.“

"Niemand liest sie“

Henschel kann nicht nachvollziehen, warum Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer immer noch auf qualifizierte Arbeitszeugnisse bestehen, auf die sie nach deutschem Gesetz seit 1900 einen gesetzlichen Anspruch haben. Viele Nutzer auf TikTok widersprachen ihm zunächst – schließlich verlangen die meisten Arbeitgeber solche Zeugnisse weiterhin im Bewerbungsprozess.

Doch Henschel sieht darin ein überholtes System: Geschäftsführer müssten die Texte „immer wohlwollend“ formulieren. „Ich kann nicht reinschreiben, wenn jemand nicht so gut war“, erklärt er.

„Zwei Minuten Arbeit für diesen Bullshit“

Auch in den Kommentaren bekommt der Unternehmer Zustimmung: „Ich stelle auf Anfrage immer ein Arbeitszeugnis aus, was die gängige Formulierung enthält, dass es einer ‚sehr gut‘ entspricht“, schreibt eine Führungskraft. „Zwei Minuten Arbeit für diesen Bullshit", ein anderer. 

Gesetzliche Pflicht, aber wenig Aussagekraft

Laut § 109 der Gewerbeordnung müssen Arbeitszeugnisse „klar und verständlich formuliert“ sein und dürfen keine versteckten Merkmale enthalten. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) legte 2014 fest, dass Arbeitnehmer Anspruch auf ein „befriedigendes“ Zeugnis haben – also die Formulierung, man habe die Aufgaben „zur vollen Zufriedenheit“ erfüllt.
Für Henschel sind solche Regelungen aber längst veraltet: „Aus meiner Sicht ist die Reglementierung unpassend und damit überholt“, sagt er gegenüber BuzzFeed News Deutschland.

„Ich habe das Zeugnis nicht einmal gelesen“

Wie Henschel erklärt, habe er das qualifizierte Arbeitszeugnis seines letzten Bewerbers „nicht einmal gelesen, nur kurz den Briefkopf der Firma und den Titel der Beschäftigung“.
„Für mich zählt der Mensch im Interview mehr“, sagt er weiter. „Zumal er mir gerne einfach mitteilen kann, welche Tätigkeiten in der letzten Zeit seinen Alltag bestimmt haben und welche er vielleicht nur theoretisch hatte.“

Empfehlung statt Floskel

Empfehlungsschreiben seien für ihn viel aussagekräftiger als ein standardisiertes Arbeitszeugnis: „Man ist bei der Gestaltung völlig frei, kann die bisherigen Standards durchbrechen.“ Dennoch, so Henschel, hänge die Bewertung stark vom Umfeld, der Branche und der Tätigkeit ab. Für Bewerbungen reiche ihm daher ein einfaches Zeugnis mit Bestätigung der Beschäftigungsdauer. „Letztendlich wollen wir Menschen einstellen und nicht deren bisherige Bewertung“, betont der Geschäftsführer. 

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