Nicht Kairo
Friedenspoker mit Hamas im Urlaubs-Paradies hat begonnen
06.10.2025Unterhändler Israels und der radikal-islamischen Hamas nehmen am Montag in Ägypten neue Verhandlungen über eine Waffenruhe und die Freilassung der verbliebenen Geiseln im Gazastreifen auf. Mittlerweile sind die Vertreter beider Seiten in Ägypten eingetroffen.
Das teilte ein Vertreter des Flughafens des Badeorts mit. Wie die ägyptischen Sendergruppe „Al-Kahera News“ und der israelischen Sender „i24“ berichten, haben die Gespräche am späten Nachmittag unserer Zeit begonnen.
Plans von US-Präsident Donald Trump
Die Gespräche im Badeort Sharm el-Sheikh am Roten Meer sollen auf Grundlage eines Plans von US-Präsident Donald Trump zu einem Ende des Krieges führen, dessen Beginn sich am Dienstag zum zweiten Mal jährt.
- Bekommt Trump jetzt wirklich den Friedensnobelpreis?
- "Stoppt den Völkermord": 250.000 demonstrierten gegen Gaza-Krieg
- Trump droht Hamas mit "vollständiger Vernichtung"
Trump äußerte sich im Vorfeld optimistisch. "Wie ich höre, soll die erste Phase diese Woche abgeschlossen sein, und ich fordere alle auf, sich zu beeilen", schrieb er auf einer Online-Plattform Truth Social. Diese erste Phase sieht die Freilassung von Geiseln im Austausch gegen palästinensische Gefangene vor.
Insider erwartet keine schnelle Einigung
Ein mit den Gesprächen vertrauter Insider sagte der Nachrichtenagentur Reuters allerdings, er erwarte keine schnelle Einigung. "Die Verhandlungen werden mindestens einige Tage, wenn nicht länger dauern." Ziel sei es, ein umfassendes Abkommen mit allen Details auszuarbeiten, bevor eine Waffenruhe umgesetzt werden könne.
Zwar hätten beide Seiten den Grundlagen des Trump-Plans zugestimmt, nun gehe es aber um die Details. Ein zentraler Streitpunkt dürfte die israelische Forderung nach einer Entwaffnung der Hamas sein. Dies lehnt die Gruppe ab, solange die israelische Besatzung andauert und kein palästinensischer Staat gegründet ist, wie es aus Hamas-Kreisen hieß.
Delegationen stehen fest
Die Hamas-Delegation wird von Khalil al-Hayya angeführt, dem im Exil lebenden Chef der islamistischen Palästinensergruppe. Für Israel nehmen Vertreter der Geheimdienste Mossad und Shin Bet sowie Berater von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu teil. Der Chefunterhändler, der Minister für strategische Angelegenheiten, Ron Dermer, wird nach israelischen Angaben aber erst im Lauf der Woche erwartet. Auch der US-Sondergesandte Steve Witkoff und Trumps Schwiegersohn Jared Kushner sollen anreisen.
Der deutsche Außenminister Johann Wadephul hält sich derzeit in der Region auf und wollte noch am Montag nach Israel reisen. Er bezeichnete die neuen Verhandlungen über ein Ende des Gaza-Krieges als die vielversprechendsten seit Beginn des Konflikts vor zwei Jahren. Er sehe die Möglichkeit nicht nur einer Waffenruhe, sondern auch einer tragfähigen politischen Lösung, sagte der Minister in der ARD.
"Schwerwiegender Fehler"
Netanyahu hat die Gründung eines palästinensischen Staates wiederholt ausgeschlossen. Weitere schwierige Themen sind der Zeitplan für einen israelischen Truppenabzug und die künftige Verwaltung des Gazastreifens. In Israel steht Netanyahu innenpolitisch unter doppeltem Druck.
Einerseits fordern die Familien der Geiseln und eine kriegsmüde Öffentlichkeit ein Ende der Kämpfe. Andererseits drohen rechtsextreme Koalitionspartner wie Finanzminister Bezalel Smotrich und Sicherheitsminister Itamar Ben-Gvir damit, die Regierung zu stürzen, sollte der Krieg gegen die Hamas beendet werden. Ein Stopp der Angriffe auf den Gazastreifen wäre ein "schwerwiegender Fehler", erklärte Smotrich auf der Online-Plattform X.
Hardliner "das Abkommen torpedieren"
Oppositionsführer Yair Lapid sicherte der Regierung hingegen politische Unterstützung zu, um einen Erfolg des Abkommens zu ermöglichen. Man werde nicht zulassen, dass die Hardliner "das Abkommen torpedieren".
Trump drängte im Voraus zur Eile, damit sein Nahost-Friedensplan tatsächlich umgesetzt werden kann. Fast zwei Jahre nach ihrem brutalen Großangriff auf Israel hatte die Hamas am Freitag Trumps 20-Punkte-Plan in Teilen zugestimmt. Ein hochrangiger Hamas-Vertreter sagte, dass die Palästinenserorganisation "sehr interessiert" an einer Einigung mit Israel sei. Ihm zufolge will die islamistische Palästinensergruppe "unverzüglich" mit dem Austausch der Geiseln gegen palästinensische Häftlinge beginnen. Dies solle allerdings "unter Berücksichtigung der Bedingungen vor Ort" erfolgen, schränkte er ein.
Netanyahu hofft auf Geiselfreilassung während Laubhüttenfest
Israels Ministerpräsident Netanyahu hatte zuvor betont, Israel und die USA seien entschlossen, die indirekten Verhandlungen mit der Hamas auf wenige Tage zu beschränken. Israel hatte dem am vergangenen Montag verkündeten Trump-Plan sofort zugestimmt. Netanyahu sagte am Samstag, er hoffe, "dass wir in den kommenden Tagen alle unsere Geiseln zurückbringen werden können". Konkret sprach er dabei vom jüdischen Laubhüttenfest (Sukkot), das am Montagabend beginnt und eine Woche dauert.
Plan von Trump
Trumps Plan sieht neben der Freilassung der Geiseln unter anderem die Entwaffnung der Hamas und einen schrittweisen Abzug der israelischen Armee aus dem Gazastreifen vor. Dem Plan zufolge soll die Hamas künftig bei der Verwaltung des Gazastreifens keinerlei Rolle mehr spielen. Die Hamas besteht allerdings auf ein Mitspracherecht.
Der Krieg begann mit dem von der Hamas angeführten Angriff auf Israel am 7. Oktober 2023. Dabei wurden rund 1.200 Menschen getötet und 251 als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Von den verbliebenen 48 Geiseln sollen noch 20 am Leben sein. Bei der anschließenden Militäroffensive Israels im Gazastreifen sind den von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörden zufolge bisher mehr als 67.000 Menschen ums Leben gekommen, die meisten davon Zivilisten.
Palästinenser: Weiter tödliche Angriffe im Gazastreifen
Während in Ägypten Verhandlungen über die Umsetzung des US-Friedensplans geführt werden, gehen die israelischen Angriffe im Gazastreifen palästinensischen Angaben zufolge vorerst weiter. Seit dem Morgen seien sieben Menschen bei Bombardements und Beschuss getötet worden, hieß es aus medizinischen Kreisen.
Mindestens zwei Tote soll es demnach in der Nähe einer Verteilstelle für Hilfsgüter der umstrittenen Gaza Humanitarian Foundation (GHF) im Süden des Gazastreifens gegeben haben. Die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa meldete, israelische Soldaten hätten das Feuer auf Palästinenser eröffnet, die auf Hilfe gewartet hätten. Eine israelische Armeesprecherin sagte auf Anfrage, ein solcher Vorfall sei dem Militär nicht bekannt. Die Stiftung GHF äußerte sich auf Anfrage zunächst nicht dazu. Unabhängig lassen sich die Vorwürfe nicht überprüfen.