Khan Younis

Israelische Panzer rücken in Hamas-Hochburg ein

06.01.2009

In Khan Younis lieferten sich Israelis und die Hams hefitge Gefechte, das Rote Kreuz spricht von einer "humanitären Krise" im Gaza-Streifen.

Zur Vollversion des Artikels
© Reuters
Zur Vollversion des Artikels

Die israelische Armee ist im umkämpften palästinensischen Gaza-Streifen nach Angaben von Augenzeugen in die Hamas-Hochburg Khan Younis vorgestoßen. Mehrere Panzer rollten am Dienstag in den frühen Morgenstunden mit Unterstützung der Luftwaffe in die zweitgrößte Stadt des Küstengebietes ein, wo es zu heftigen Feuergefechte mit Hamas-Kämpfern und Mitgliedern anderer Gruppen kam, wie Augenzeugen berichteten. Ein israelischer Armeesprecher wollte die Berichte zunächst nicht bestätigen.

Erneut Tote
Bei einem Panzerangriff wurden in Deir al-Balah im Zentrum des Gaza-Streifens am Morgen sechs Palästinenser getötet, wie Augenzeugen und palästinensische Ärzte berichteten. Bei den Opfern soll es sich um vier Hamas-Aktivisten und zwei Mitglieder des Islamischen Jihad handeln. Die Männer hatten sich in einem Haus verschanzt und starben bei einem Schusswechsel mit der israelischen Armee. Auch in der Stadt Gaza gingen die Gefechte weiter. Die Stadt und der gesamte nördliche Gaza-Streifen waren ohne Strom.

Israel stellt zentrale Bedingung für Waffenruhe
Als zentrale Bedingung für ein Ende der Militäroffensive im palästinensischen Gaza-Streifen fordert Israel die Verhinderung einer Wiederbewaffnung der Hamas. Dies sei die notwendige Voraussetzung für jede neue Vereinbarung, sagte der israelische Regierungssprecher Mark Regev am Dienstag in Jerusalem. Das habe Ministerpräsident Ehud Olmert am Vortag dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy vermittelt, der sich in seiner Eigenschaft als Ko-Vorsitzender der Mittelmeerunion um ein schnelles Ende der seit nunmehr elf Tagen andauernden Kämpfe bemüht. Die Hamas hat seit langem Waffen durch ein weitreichendes Tunnelsystem an der Grenze zu Ägypten in den Gaza-Streifen geschmuggelt.

Drei israelische Soldaten starben durch "friendly fire"
Beim versehentlichen Beschuss durch einen israelischen Panzer wurden im nördlichen Gaza-Streifen nach israelischen Armeeangaben drei Soldaten einer israelischen Eliteeinheit getötet und 24 weitere zum Teil schwer verletzt. Ein Panzergeschoß habe bei einem Einsatz irrtümlich ein Gebäude getroffen, in dem sich die Soldaten aufhielten, sagte ein Armeesprecher. Ein Soldat sei lebensgefährlich verletzt worden, drei weitere schwer, 20 Soldaten hätten leichte bis mittlere Verletzungen davongetragen. Die israelischen Streitkräfte haben im Gaza-Streifen 80 Palästinenser festgenommen, etliche seien zum Verhör nach Israel gebracht worden, verlautete am Montag aus Militärkreisen. Die Gefechte kosteten nach Ärzteangaben am Montag mindestens 20 Kinder das Leben.

Resolution zu sofortigem Waffenstillstand
Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen soll am Dienstag auf Ministerebene über Forderungen arabischer Staaten nach einem sofortigen Waffenstillstand beraten. Frankreich, das im Jänner den Vorsitz im höchsten UNO-Gremium führt, arbeite mit arabischen Staaten an einem Resolutionsentwurf, sagte ein westlicher Diplomat am Montagabend in New York. Darin werde eine sofortige Waffenruhe gefordert, die sowohl ein Ende der israelischen Militäroffensive im Gaza-Streifen als auch ein Ende der palästinensischen Raketenangriffe auf israelisches Staatsgebiet vorsehe. Gefordert werden solle zudem ein Ende der israelischen Blockade des Küstengebietes. Österreichs Außenminister Michael Spindelegger wird an der Dringlichkeitssitzung des UNO-Sicherheitsrates teilnehmen. Israels Botschafter in Wien, Dan Ashbel, verwies unterdessen in einem ORF-Fernsehinterview auf die unerträgliche Lage der israelischen Bevölkerung im Süden angesichts der Bedrohung durch Raketen aus dem Gaza-Streifen; Israel müsse seine Bevölkerung verteidigen.

IKRK stellt "humanitäre Krise" im Gaza-Streifen fest
Im umkämpften palästinensischen Gaza-Streifen besteht nach Einschätzung des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz nach der israelischen Militäroffensive eine "humanitäre Krise" in vollem Ausmaß. Die Lage für die palästinensische Zivilbevölkerung sei "als Folge von zehn Tagen ununterbrochener Kämpfe extrem und traumatisch", sagte der Delegationsleiter der Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK), Pierre Krähenbühl, am Dienstag in Genf. Die Nacht auf Dienstag sei nach Informationen von IKRK-Mitarbeitern in Gaza die "bisher schrecklichste" gewesen. Die Zahl von getöteten oder verletzten Bewohnern steige weiter, sagte Krähenbühl. Die prekäre Stromversorgung in der Stadt Gaza könne jeden Augenblick zusammenbrechen, so dass dann auch 500.000 Menschen ohne sauberes Wasser wären.

Zur Vollversion des Artikels
Weitere Artikel