EU-Ratsvorsitz

Topolanek verhöhnt Obama

25.03.2009

Aus für Tschechiens Regierung. Brüssel ist in Sorge. Prag hat derzeit den EU-Ratsvorsitz inne. Noch-Premier Topolanek beschwichtigt. Einen Eklat gab es in Straßburg: Dort bezeichnete er Obamas Krisenmanagement als "Weg in die Hölle".

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Der tschechische Premier und EU-Ratspräsident Mirek Topolanek hat nach dem Sturz seiner Regierung in Straßburg versucht, die Sorgen mancher EU-Partner zu entkräften. Die "Demission der tschechischen Regierung wird den EU-Ratsvorsitz nicht bedrohen", sagte Topolanek am Mittwoch vor dem EU-Parlament. Kritischer erscheint aber die Situation in der Frage des EU-Reformvertrags, den Tschechien noch nicht ratifiziert hat. Vizepremier Alexandr Vondra erklärte in Straßburg, durch die Situation in seinem Land werde die Ratifizierung "natürlich schwieriger".

Nach der Zustimmung des Abgeordnetenhauses im Februar muss noch der Senat über das EU-Reformwerk abstimmen und Präsident Vaclav Klaus unterzeichnen. Der Senat werde das Vertragswerk wahrscheinlich bei seiner für die zweite Aprilhälfte angesetzten Sitzung prüfen, sagte Senatssprecher Petr Kostka der Nachrichtenagentur AFP in Prag. Der Ausgang gilt wegen der hohen Zahl euroskeptischer Parlamentarier in Topolaneks konservativer Demokratischer Bürgerpartei (ODS) als unsicher. "Wenn ich die Situation in der ODS nicht mehr unter Kontrolle habe, wird der Vertrag von Lissabon nicht ratifiziert", sagte Topolanek selbst.

Appell seitens der EU
Die EU-Kommission rief Prag am Mittwoch zur Ratifizierung des EU-Vertrags auf. EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso erklärte, der Lissabon-Vertrag dürfe nicht als "Geisel und als Vorwand für die innenpolitischen Probleme in Tschechien genommen" werden. Eine Sprecherin der Brüsseler Behörde ergänzte, sie vertraue darauf, dass Tschechien seine EU-Ratspräsidentschaft effizient wahrnehme. Die tschechische Regierungskrise sei nicht der erste solche Fall einer amtierenden Ratspräsidentschaft in der Geschichte der Gemeinschaft. Ähnliche Fälle habe es 1996 und 1993 gegeben, sagte sie unter Verweis auf Italien und Dänemark.

Tschechiens Vizepremier Vondra versicherte: Die "zweite Hälfte" der EU-Präsidentschaft werde "genauso verantwortungsbewusst sein wie die erste". Nach Angaben Topolaneks muss aber möglicherweise der für 18. und 19. Juni angesetzte EU-Gipfel verschoben werden, um mehr Zeit für die dann anstehenden Personalentscheidungen zu gewinnen.

Zwischen Topolanek und dem Vorsitzenden der Sozialdemokratischen Fraktion (SPE), Martin Schulz, kam es unterdessen zu einem heftigen Wortgefecht. "Sie repräsentieren nicht den Rat der EU, sondern sich selbst. Das ist ein großer Fehler", kritisierte der deutsche Sozialdemokrat. Topolanek reagierte deutlich verärgert und meinte, er wolle "nicht den Fehler Berlusconis wiederholen". Der italienische Ministerpräsident Silvo Berlusconi hatte Schulz einmal mit einem "Capo" in einem Nazi-Konzentrationslager in Verbindung gebracht und ziemlichen Wirbel ausgelöst.

"Weg in die Hölle"
Für einen Eklat sorgte in Straßburg außerdem, dass Topolanek die milliardenschweren US-Konjunkturhilfen als einen "Weg in die Hölle" bezeichnet hatte. Vondra sprach zwar später von einem "Übersetzungsfehler", aber auch tschechische Medien hatten den Premier entsprechend zitiert. Der deutsche Europaabgeordnete Jo Leinen schlug vor, dass Frankreich und Schweden bei einer fortgesetzten Regierungskrise den EU-Ratsvorsitz kommissarisch übernehmen sollten. Frankreich hatte vor Tschechien den EU-Vorsitz inne, Schweden übernimmt ihn am 1. Juli von Prag.

Nachdem Topolanek die Misstrauensabstimmung am Dienstagabend verloren hatte, wird der Premier Staatspräsident Vaclav Klaus am Donnerstag den Rücktritt seiner Dreier-Koalition aus der konservativen ODS, den Christdemokraten (KDU-CSL) und den Grünen überreichen. Klaus selbst reagierte gelassen auf den Sturz der Prager Regierung. Dies sei "keine katastrophale Sache", denn Tschechien sei eine entwickelte und gut funktionierende Demokratie, meinte er. "Ich nehme die Entscheidung des Abgeordnetenhauses mit Respekt an."

Regierungsbildung
Gemäß der Verfassung soll Klaus nach der Demission einem Politiker den Auftrag zur Regierungsbildung erteilen. Topolanek rechnet damit, dass er als Chef der stärksten Parlamentspartei damit beauftragt wird. Auch über eine Beamten-Regierung oder ein Experten-Kabinett wird in Prag spekuliert. Klaus sind in diesem Prozess in der Verfassung keine Fristen vorgeschrieben. Er könnte mit dem Auftrag theoretisch auch Wochen oder Monate zögern. Die sozialdemokratische Opposition (CSSD), die den Misstrauensantrag gestellt hatte, ist der Ansicht, dass Topolaneks Regierung bis zum Abschluss des EU-Vorsitzes Ende Juni im Amt bleiben sollte. Die CSSD forderte die Regierung außerdem auf, Privatisierungen wie die des Prager Flughafens Ruzyne und der Fluggesellschaft CSA (Ceske aerolinie) zu stoppen.

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