1995-2006

Systematisches Doping bei Team Telekom

13.05.2009

Freiburger Expertenbericht erhebt schwere Anschuldigungen. Auch Österreicher im fraglichen Zeitraum bei diesem Team unter Vertrag.

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Der Abschlussbericht zur Doping-Affäre an der Universitätsklinik Freiburg wirft einen Schatten auf die komplette Erfolgsgeschichte des früheren deutschen Rad-Vorzeigeteams Telekom/T-Mobile. Nach der Befragung von 77 Zeugen kam die Doping-Untersuchungskommission zu dem Ergebnis, dass im Profiteam mehr als zehn Jahre lang manipuliert wurde. "Die Untersuchungskommission hat ermittelt, dass im Team Telekom/Team T-Mobile von 1995 bis 2006 durch die beiden Ärzte Dr. Heinrich und Prof. Schmid systematisch gedopt wurde", heißt es in dem 63-seitigen Abschlussbericht.

Auch Österreicher betroffen?
Im angegebenen Zeitraum fuhren auch drei Österreicher für den deutschen Radrennstall: Der Tiroler Georg Totschnig (1997 bis 2000), dessen Landsmann Gerhard Trampusch (2000 und 2001) sowie der Niederösterreicher Bernhard Kohl (2005 und 2006). Kohl, der im Vorjahr bei nachträglichen Dopingkontrollen der Tour de France als Sportbetrüger entlarvt worden war, hat am 31. März dieses Jahres Doping seit 2005 gestanden.

Statement von Trampusch
Während Totschnig vorerst für keine Stellungnahme erreichbar war, ließ Trampusch folgendes Statement veröffentlichen. Er sei zwar selbst mehrmals in der Uniklinik Freiburg gewesen, "allerdings nur zu sportmedizinischen Untersuchungen und Tests." Von systematischem Doping bei seinem Team habe er nichts mitbekommen. "Da habe ich nie etwas gemerkt oder gesehen", betonte der Tiroler, um dann noch anzumerken: "Ich war damals ja ein kompletter Außenseiter im Team - jung und Ausländer. Ich war deshalb überrascht, als ich erstmals davon gehört habe, was da abgegangen ist. Vor allem Professor Schmid, der als Typ ein feiner Kerl war, hätte ich das nicht zugetraut."

Doping perfektioniert
"Das systematische Dopen unter ärztlicher Kontrolle wurde perfektioniert", sagte der Kommissionsvorsitzende Hans Joachim Schäfer bei der Vorstellung des Berichts am Mittwoch in Freiburg. Neben zahlreichen geständigen Dopingsündern wurden die beiden deutschen Radprofis Andreas Klöden und Matthias Kessler namentlich erwähnt und damit schwer belastet.

Kommission nennt Namen
Die drei Kommissionsmitglieder unter dem Vorsitz des Juristen Schäfer kamen zu dem Schluss, dass "neben dem geständigen Fahrer Patrik Sinkewitz während der Tour de France 2006 zumindest zwei weitere Radfahrer mit Hilfe der beiden Ärzte Eigenblutdoping betrieben haben: Matthias Kessler und Andreas Klöden." Kessler, noch bis zum 26. Juli wegen Testosteron-Dopings gesperrt, und Klöden haben bisher alle Doping-Vorwürfe bestritten.

"Ein Rhein-Konvoi mit mehreren Fahrzeugen hat sich nicht erweisen lassen. Aber es war in jedem Fall ein Fahrzeug mit Sinkewitz, Klöden und Kessler", sagte Schäfer. Die drei Fahrer sollen sich am 2. Juli 2006 während der Tour Eigenblut-Transfusionen unterzogen haben. Sinkewitz' frühere Freundin habe sie im Auto von Straßburg nach Freiburg gefahren - und wieder zurück.

Doping unter ärztlicher Leitung
Laut dem Dokument begann systematisches EPO-Doping in der Telekom-Equipe unter Anleitung der Teamärzte Schmid und Heinrich im Jänner 1995 während eines Trainingslagers auf Mallorca. Schon 1994 seien Glucocorticoide und Wachstumshormone im Team Telekom eingesetzt worden. Der Bericht listet verschiedene Indizien auf, "die in Verbindung mit weiteren Erkenntnisquellen der Kommission auf Doping mit EPO-Präparaten oder Blutdoping bis einschließlich 2006 hindeuten".

77 Zeugen einvernommen
Für seinen Bericht hat das Gremium mit Schäfer, Biochemiker Wilhelm Schänzer und dem Pharmakologen Ulrich Schwabe insgesamt 77 Zeugen, viele aus dem Bereich des Profi-Radsports, befragt. Zudem wurden zahlreiche Quittungen und Kontobewegungen ausgewertet und nachträglich 58.800 Blutproben nachgetestet. "Mühsam war es", betonte Schäfer.

Sponsoren entlastet
Zugleich entlastete die Kommission die Bonner Unternehmen Telekom und T-Mobile. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass die früheren Hauptsponsoren "in die Aktivitäten der dopingbelasteten Ärzte verwickelt waren". Auch die Uniklinik habe demnach keine Kenntnis von den Dopingvorgängen in ihrem Haus gehabt. "Ein Ergebnis des Kommissionsberichts ist, dass die maßgeblich für die Betreuung von Profiradsportlern verantwortlichen Ärzte ohne Kenntnis und ohne Nebentätigkeitsgenehmigung des Universitätsklinikums zusätzliche persönliche Einkünfte erzielten", hieß es.

Auch die Apotheke der Uniklinik sei "zu keiner Zeit in die Beschaffung von Dopingmitteln durch die beiden Ärzte" involviert gewesen. "Vielmehr konnte aus Sicht der Kommission eine Apotheke in Elzach als eine der Haupt-Lieferanten ermittelt werden", schreibt die Kommission. Neben den beiden maßgeblich beschuldigten Medizinern Schmid und Heinrich hätten drei weitere Ärzte ungenehmigte Nebeneinkünfte erhalten.

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