Nahost

USA halten Al-Shifa-Spital für Hamas-Kommandozentrum

14.11.2023

"Sie haben dort Waffen gelagert und sie sind darauf vorbereitet, auf einen israelischen Militäreinsatz gegen die Einrichtung zu antworten."

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© Getty/IDF
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Gaza/Genf. Die US-Regierung hat sich Israels Darstellung angeschlossen, wonach die islamistische Hamas ein Kommandozentrum auf dem Gelände des Al-Shifa-Spitals im Gazastreifen eingerichtet hat. Die Hamas und die militante Palästinenserorganisation Islamischer Jihad betrieben einen "Kommando- und Kontrollknoten von Al-Shifa in der Stadt Gaza" aus, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats der USA, John Kirby, am Dienstag zu Journalisten. Die Hamas dementierte.

Hamas-Führer Khalil al-Hayya sagte dem Sender Al Jazeera, Israel werfe mit Falschbehauptungen um sich. Kirby wiederum erklärte an Bord der Präsidentenmaschine Air Force One: "Sie haben dort Waffen gelagert und sie sind darauf vorbereitet, auf einen israelischen Militäreinsatz gegen die Einrichtung zu antworten." Er sprach von einem "Kriegsverbrechen". Die Einschätzung zur Nutzung des Krankenhauses als Hamas-Kommandozentrale fußt nach Angaben Kirbys auf eigenen Erkenntnissen der USA.

Hauptquartier in Tunneln

Die israelische Armee wirft der Hamas vor, ihr militärisches Hauptquartier in Tunneln unter dem Al-Shifa-Krankenhaus errichtet zu haben. Israels Armeesprecher Daniel Hagari veröffentlichte als Beweise entsprechende Videos und Fotos. Die radikalislamische Hamas wies die Vorwürfe zurück und bezeichnete die Aufnahmen als gefälscht.

In der Umgebung der größten Klinik des Gazastreifens gibt es seit Tagen heftige Gefechte. Nach UN-Angaben sitzen mindestens 2.300 Menschen - Patienten, Angestellte und Flüchtlinge - auf dem Gelände des Krankenhauses fest. US-Präsident Joe Biden hatte Israel am Montag aufgefordert, bei den Gefechten im Gazastreifen Rücksicht auf das Krankenhaus zu nehmen: "Das Krankenhaus muss geschützt werden."

"Sichere Evakuierung" von Patienten

Der Sprecher des US-Außenministeriums, Matthew Miller, warb am Dienstag für eine "sichere Evakuierung" von Patienten aus Krankenhäusern im Gazastreifen. Diese sollten vor einer "unabhängigen" und "respektierten" Organisation vorgenommen werden. Miller sagte, die israelische Regierung sei damit einverstanden, die Frage sei aber, ob die Hamas die Patienten ziehen lassen oder weiter als "menschliche Schutzschilde" einsetzen werde.

Die katastrophale humanitäre Lage im Gazastreifen spitzte sich unterdessen nach Angaben internationaler Organisationen weiter zu. Das Shifa-Krankenhaus, die größte Klinik des von Palästinensern bewohnten Küstengebiets, ist laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) trotz Stromausfalls und der israelischen Angriffen auf Gaza zwar weiter in Betrieb, aber nur sehr eingeschränkt.

Helfer können im Gazastreifen nicht mehr auf Notrufe reagieren, hieß es laut UNO-Angaben. Die Wasserversorgung für Hunderttausende Menschen ist wegen Treibstoffmangels bereits unterbrochen. Auf dem Gelände des Shifa-Krankenhauses sind laut Hamas-kontrolliertem Gesundheitsministerium Dutzende Leichen in einem Massengrab in einem Innenhof beerdigt worden, darunter rund 180 bereits verwesende Körper.

Klinik ist nicht außer Betrieb

Die Klinik ist aber entgegen den Angaben von palästinensischen Behörden vom Wochenende nicht außer Betrieb, wie die WHO am Dienstag in Genf mitteilte. "Für uns ist es wegen des heroischen Einsatzes des verbleibenden Personals ein funktionierendes Krankenhaus", sagte WHO-Sprecherin Margaret Harris. Es seien noch rund 700 schwer kranke Patientinnen und Patienten zu versorgen. "Wir betteln um eine Feuerpause."

Nach Angaben der Hamas sind nach israelischen Angriffen 25 der 35 Krankenhäuser nicht mehr nutzbar. "Sie haben auch 94 Regierungsgebäude und 253 Schulen zerstört", sagt der Hamas-Funktionär Osama Hamdan in Beirut. Die Aussagen ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen.

Straßenkämpfe in der Stadt Gaza

Zwei Wasserversorger im Süden des Gazastreifens stellten nach UNO-Angaben mangels Treibstoff ihre Arbeit ein. Rund 200.000 Menschen bekämen deshalb kein Trinkwasser mehr, berichtete das UNO-Nothilfebüro OCHA. Damit sei auch eine Verteilung von Hilfsgütern, die über den Rafah-Grenzübergang aus Ägypten kommen, in Frage gestellt. Straßenkämpfe in der Stadt Gaza verhinderten zudem, dass Nothelfer nach israelischen Bombardements auf Hilferufe von unter Trümmern Verschütteten reagieren können.

Israels Armee räumte Zivilisten im nördlichen Gazastreifen am Dienstag erneut ein Zeitfenster für die Flucht in den Süden ein. Zudem nannte ein Armee-Sprecher auf der Plattform X zwei Viertel der Stadt Gaza, in denen es tagsüber eine humanitäre Kampfpause geben sollte.

Insgesamt sind knapp 1,6 Millionen der rund 2,2 Millionen Einwohner des Küstengebiets auf der Flucht. Das UNO-Hilfswerk für Palästinenser (UNRWA) gibt an, in seinen Gebäuden im Süden - darunter viele Schulen - aktuell fast die Hälfte von ihnen zu beherbergen. Israels rechtsextremer Finanzminister Bezalel Smotrich sprach sich für eine "freiwillige Abwanderung" von Palästinensern aus dem Gazastreifen in mehrere Länder aus. "Die freiwillige Abwanderung und die Aufnahme von arabischen Gaza-Bewohnern durch die Länder der Welt ist eine humanitäre Lösung, die dem Leiden von Juden und Arabern gleichzeitig ein Ende setzen wird", schrieb Smotrich am auf X. Smotrich hat in der Vergangenheit bereits die Existenz des palästinensischen Volkes geleugnet.

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