Terror in Russland

Weit über 100 Tote nach IS-Anschlag in Moskau – mehrere Festnahmen

23.03.2024

Nach dem Anschlag auf Besucher einer Konzerthalle bei Moskau ist die Zahl der Todesopfer deutlich gestiegen. Die staatliche Ermittlungskomitee sprach am Samstag von mindestens 115 Toten, im Staatsfernsehen war wenig später bereits von 143 Toten die Rede.

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© APA/AFP/STRINGER
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Der Kreml vermeldete die Festnahme von elf Personen im Zusammenhang mit dem tödlichsten Anschlag in Russland seit 20 Jahren. Darunter seien auch die vier mutmaßlichen Attentäter.

Diese waren nach Angaben des Inlandsgeheimdienstes FSB auf dem Weg zur ukrainischen Grenze, als sie gefasst worden seien. Auf der ukrainischen Seite hätten sie über Kontakte verfügt. Belege für eine Verbindung in die Ukraine, gegen die Russland seit mehr als zwei Jahren Krieg führt, wurden jedoch zunächst nicht präsentiert. Die radikale Miliz Islamischer Staat (IS) reklamierte den Anschlag für sich.

Der russische Präsident Wladimir Putin nannte den Angriff eine "barbarische terroristische Tat" und sagte in einer Fernsehansprache Samstag, alle Angreifer seien festgenommen worden und hätten versucht, in die Ukraine zu fliehen.

Beim Wegräumen der Trümmer in der Konzerthalle des Zentrums hätten Einsatzkräfte weitere Leichen gefunden, teilte das Moskauer Ermittlungskomitee am Samstagvormittag bei Telegram mit. Außerdem gingen die Behörden von mehr als 100 Verletzten aus. Nach Angaben des russischen Gesundheitsministeriums sind darunter 44 Schwerverletzte.

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In dem großen Konzertsaal der Crocus City Hall mit Tausenden Plätzen hatten mehrere Täter am Freitagabend offenbar wahllos auf Besucher geschossen. Menschen, die um ihr Leben rannten, und Verletzte berichteten in sozialen Netzwerken von vielen Opfern. Zu sehen waren auch einzelne auf dem Boden liegende Tote oder Verletzte. Nach Augenzeugenberichten in sozialen Medien brauchten viele Besucher lange, um aus dem Gebäude herauszukommen. Die Ermittler fanden später Waffen und viel Munition. Zudem gab es Explosionen in dem Gebäude und einen Großbrand.

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Die Hintergründe des Anschlags waren zunächst unklar, die russischen Sicherheitsbehörden ermittelten wegen Terrorismus. Die Terrormiliz Islamischer Staat reklamierte den Anschlag für sich, wie das IS-Sprachrohr Amak im Internet unter Berufung auf nicht näher genannte Quellen meldete. Dort hieß es: "Kämpfer des Islamischen Staates griffen eine große Versammlung von Christen in der Stadt Krasnogorsk am Rande der russischen Hauptstadt Moskau an, töteten und verwundeten Hunderte und richteten große Zerstörungen an." Experten gingen davon aus, dass dieses Bekennerschreiben echt ist.

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Auch wie die Männer in Tarnuniform und schwer bewaffnet in die Konzerthalle gelangen konnten, war unklar. Die russische Hauptstadt Moskau gilt mit einem Großaufgebot an Sicherheitskräften, mit Überwachungskameras und Metalldetektoren an vielen Stellen als sichere Stadt. Die Geheimdienste der USA und anderer westlicher Länder hatten aber Anfang März vor einem drohenden Anschlag gewarnt. Präsident Wladimir Putin tat das als westliche Provokation ab. Ziel solcher Warnungen des Westens sei es, die Lage in Russland zu destabilisieren, sagte er Anfang der Woche bei einer Rede beim FSB. Auch am Samstag gab es zunächst keine Stellungnahme von ihm.

Verfolgungsjagd mit Terroristen

Zu den ersten Festnahmen teilte der russische Parlamentsabgeordnete Alexander Chinstein mit, dass am Freitagabend ein mutmaßliches Fluchtfahrzeug mit Waffen im Inneren im Gebiet Brjansk gestoppt worden sei. Weitere Verdächtige würden in einem Wald gesucht. Das Fahrzeug habe bei einer Verfolgungsjagd der Polizei nicht angehalten, sei beschossen worden und habe sich dann überschlagen. "Ein Terrorist wurde auf der Stelle festgenommen, die anderen haben sich im Wald versteckt", sagte Chinstein. Am frühen Morgen sei ein zweiter Verdächtiger festgenommen worden.

Im Inneren des Fahrzeugs seien eine Pistole, ein Patronenmagazin und eine Kalaschnikow sowie Pässe von Bürgern des zentralasiatischen Republik Tadschikistan gefunden worden. Wenig später gab der Inlandsgeheimdienst bekannt, dass insgesamt elf Verdächtige festgenommen worden seien.

Aufräumarbeiten am Morgen danach

Die Lage an der Crocus City Hall war am Morgen ruhig. Einsatzkräfte löschten Glutnester nach dem Großbrand, wie die Feuerwehr mitteilte. Nach dem kompletten Löschen sollten die Trümmer des eingestürzten Daches der Konzerthalle beseitigt werden. Polizei, Nationalgarde und Ermittlungskomitee nahmen die Schäden auf und sicherten Spuren.

Die Crocus City Hall im Nordwesten der russischen Hauptstadt gehört zu den beliebtesten Veranstaltungszentren der Millionenmetropole. Dort werden immer wieder auch Messen und Ausstellungen organisiert.

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