Machtpoker
Portugal-Wahl: Konservative siegen, doch Chaos droht
18.05.2025Das konservative Bündnis von Ministerpräsident Luís Montenegro hat in Portugal nach Medienprognosen die vorgezogene Parlamentswahl am Sonntag gewonnen.
Laut der als zuverlässig geltenden Erhebung des staatlichen TV-Senders RTP setzte sich die Aliança Democrática (AD) mit 29 bis 34 Prozent vor der Sozialistischen Partei (PS) durch, die diesen Nachwahlbefragungen zufolge auf circa acht Prozentpunkte weniger kam. Andere Medien veröffentlichten ähnliche Zahlen.
AD verbesserte sich demnach gegenüber ihrem Triumph vom März 2024 um bis zu sechs Punkte - doch die absolute Mehrheit von 116 Parlamentssitzen verpasst sie damit erneut deutlich. Dem Urlaubsland winkt deshalb wieder eine instabile Minderheitsregierung. Eine Zusammenarbeit mit den Rechtspopulisten von Chega, die laut der RTP-Prognose mit 20 bis 24 Prozent mit einigen Gewinnen und nur sehr knapp hinter der PS erneut den dritten Platz belegen, hatte Montenegro zuletzt weiterhin ausgeschlossen. Es wurde unterdessen nicht ausgeschlossen, dass Chega noch auf den zweiten Platz klettert.
Es war bereits die dritte vorgezogene Wahl seit 2022. Diese neue Abstimmung war nötig geworden, weil Montenegro im März ein von ihm selbst gestelltes Misstrauensvotum deutlich verloren hatte. Der 52 Jahre alte Anwalt war von der Opposition aufgrund undurchsichtiger Geschäfte eines Familienunternehmens in Bedrängnis gebracht worden. Alles deutet nun darauf hin, dass die Affäre ihm nicht geschadet hat. Mit ersten aussagekräftigen offiziellen Ergebnissen wird gegen Mitternacht (MESZ) gerechnet.
Viele wichtige Projekte liegen auf Eis
Seit der Abstimmungspleite von Montenegro in der Lissabonner "Assembleia da República" hat Portugal nur noch eine geschäftsführende Regierung mit begrenzten Befugnissen. Mehrere wichtige Vorhaben liegen deshalb bis zur Bildung einer neuen Regierung auf Eis. Darunter ist die Privatisierung der Fluggesellschaft TAP, an der unter anderem die Lufthansa interessiert ist.
Der AD-Sieg verspricht zwar Kontinuität. Doch die Gespräche zur Bildung der neuen Regierung dürften - wie 2024 - wieder einige Zeit in Anspruch nehmen. Damit Montenegro von Präsident Marcelo Rebelo de Sousa erneut zum Kandidaten auf den Posten des Regierungschefs ernannt wird, müssen mehrere Parteien, darunter auch die Sozialisten, zusichern, dass sie bei der Abstimmung im Parlament nicht gegen Montenegro votieren werden. Als einziger echter Koalitionspartner kommt für die AD wohl nur die liberale Iniciativa Liberal infrage, die - jedoch mit weitem Abstand - auf Platz vier lag.
Was genau hat die politische Krise ausgelöst?
Bei den Vorwürfen gegen Montenegro geht es um die Firma Spinumviva, die von dem gelernten Juristen 2021 gegründete wurde. Das Beratungsunternehmen soll von der Position des Ministerpräsidenten profitiert haben, um Verträge mit Privatfirmen zu unterzeichnen. Die Opposition sprach von Interessenskonflikten.
Auch wenn den Wählerinnen und Wählern die Affäre offenbar weitgehend egal war und im Wahlkampf vor allem Themen wie Einwanderung und Kriminalität im Mittelpunkt standen: Ausgestanden ist die Sache für Montenegro wohl noch lange nicht. Es ist davon auszugehen, dass die linksgerichtete Opposition weiterhin auf eine parlamentarische Untersuchungskommission bestehen wird. Nach einer anonymen Anzeige beschäftigt sich auch die Staatsanwaltschaft mit dem Fall.