Der als Underdog ins Präsidentenrennen gezogene parteifreie bisherige Oberbürgermeister von Bukarest Nicusor Dan ist Rumäniens neues Staatsoberhaupt.
Wie die Wahlbehörde nach Auszählung von mehr als 90 Prozent der Stimmzettel mitteilte, konnte der 55-Jährige 54,15 Prozent der abgegebenen Stimmen auf sich vereinen, während der als Favorit des Wahlrennens geltende Rechtspopulist George Simion auf 45,85 Prozent kam.
Rumänischen Demoskopen zufolge kann Dans Wahlsieg selbst mit den verbliebenen noch auszuzählenden Stimmen der Auslandsrumänen nicht mehr gekippt werden.
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Jubel auf den Straßen Bukarests
Vor Dans Bukarester Wahlkampfsitz versammelten sich am späten Sonntagabend Abertausende Rumäninnen und Rumänen, die ihm ausgelassen zujubelten. Der Wahlsieger selbst trat mit zwei Fahnen vor die Menschen - als Erstes schwenkte er die Fahne der Europäischen Union und erst danach die rumänische. In einer ersten Reaktion nach Bekanntgabe der beiden Exit Polls hatte der parteilose liberalkonservative Politiker versprochen, angesichts der schweren politischen Krise bereits am Montag auf Tuchfühlung zu den proeuropäischen Parteien zu gehen, um schnellstmöglich eine Mehrheitsfindung zu ermöglichen.
Im Wahlkampf hatte Nicusor Dan mehrfach betont, sich den liberalen Reformpolitiker und aktuellen interimistischen Staatspräsidenten Ilie Bolojan als künftigen Regierungschef zu wünschen. Den rumänischen Bürgerinnen und Bürgern im Allgemeinen und den Anhängern seines rechtspopulistischen Opponenten George Simion im Besonderen versprach Dan, "nicht zwei, sondern ein einziges Rumänien wiederaufbauen" zu wollen. Das Ergebnis dieser Stichwahl stelle eindeutig unter Beweis, dass die Bürger einen tiefgehenden Wandel wünschen - einen besser funktionierenden Staat, ein florierendes Unternehmertum, eine dezidiertere Korruptionsbekämpfung und nicht zuletzt eine Gesellschaft, die auf Dialog, nicht auf Hass basiere, sagte Dan.
Ultrarechter Simion sieht sich als "überdeutlicher Wahlsieger"
Der unterlegene Rechtspopulist Simion vermied es vorerst, seine Wahlniederlage einzuräumen. In einer ersten Reaktion nach Veröffentlichung der Exit Polls, die ihn um knapp zehn Prozent hinter Dan liegen sahen, hatte der 38-Jährige nichtsdestotrotz behauptet, der "überdeutliche Wahlsieger" zu sein, der seinen Sieg "im Namen des Volkes" beanspruche. Schon ab Montag beginne "eine neue Ära, in der er "Ihr aller Präsident" sein werde, so Simion.
Entsprechend schließen rumänische Politikbeobachter nicht aus, dass Simion womöglich das Wahlergebnis anfechten könnte, zumal er am Sonntag wiederholt behauptet hatte, dass es in vielen Wahllokalen im Ausland zu gravierenden Unregelmäßigkeiten gekommen sei - in Moldau etwa hätten Regierung und Staatspräsidentin Maia Sandu die Bürger mit doppelter, ergo auch mit rumänischer, Staatsbürgerschaft geradezu zu den Urnen "gezwungen", um einen "bestimmten" Kandidaten zu wählen - was die Behörden in Chisinau prompt bestritten.
Wohl eingedenk möglicher derartiger Vorstöße Simions und seiner Partei hatte Rumäniens Zentrales Wahlbüro (BEC) allerdings Vorbeugemaßnahmen ergriffen und alle Wahllokalleiter im Land per Verordnung angewiesen, die Auszählung der Stimmzettel von Anfang bis Ende mit den zur Verfügung stehenden Tablets aufzuzeichnen, um die Rechtmäßigkeit des Auszählungsprozesses belegen zu können.