Scharfe Kritik an der Piste

Vorwürfe nach Unfall: „Streif zu gefährlich“

21.01.2011

Der Horror-Sturz von Kitz überschattet den ganzen Nobel-Skiort

Zur Vollversion des Artikels
© Kernmayer
Zur Vollversion des Artikels

Kitzbühel. Die Party geht weiter, trotz Horrorcrash. Ganz ausblenden konnten die 20.000 Fans in den Straßen und die VIPs auf den zahllosen Festen den Grugger-Sturz aber doch nicht.

Die Tragödie um den Abfahrer bleibt Haupt-Gesprächsthema, der Schock sitzt tief. Auch bei den Fahrern: „Der Schock steckt tief drinnen. Das ist nicht einfach für die Fahrer. Wir sind alle bei Hans und hoffen, dass es gut ausgeht“, sagte etwa ÖSV-Star Benni Raich, der beim gestrigen Super-G nur mit viel Glück an einem Sturz im Zielhang vorbeischrammte.

HIER GIBT'S ALLE GRUGGER-STORIES!


Schwere Vorwürfe
Die Frage, die sich alle stellen: Muss die Streif so gefährlich sein? ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel erhob schwere Vorwürfe gegen den Veranstalter und die FIS: „Man sollte nicht alles dem Geld unterordnen und sich eine Woche Zeit für die Abfahrt nehmen, damit man dreimal trainieren und entsprechend nachjustieren kann“ (siehe Interview unten).

Sieger kritisiert
Auch Super-G-Sieger Ivica Kostelic sparte nicht mit Kritik an der FIS: „Die Mausefalle ist einfach zu gefährlich. Nach dem Sturz vom Hans hätte die Mausefalle radikal entschärft werden müssen, das aber ist nicht geschehen.“

Kostelic nennt als Vergleich die Formel 1: „Als Ayrton Senna verunglückte, reagierten Bernie Ecclestone und die Fahrergewerkschaft schnell, alles wurde geändert – die Strecken, die Autos, die Sicherheitsvorkehrungen. Hier aber geschieht rein gar nichts, alles geht weiter – wie gehabt.“ Formel-1-Legende Niki Lauda meint sogar, dass das Risiko der Rennläufer in Kitzbühel viel höher sei als bei dem berüchtigten Rennen in Monte Carlo (siehe rechts).

Auch die Prominenten sind nachdenklicher geworden. Der deutsche TV-Star Alexandra Neldel: „Ich habe den Sturz Gruggers im Fernsehen gesehen. Es ist Wahnsinn, was die Fahrer hier tun. Es ist sehr, sehr waghalsig.“

Keine Absagen
Trotz schaumgebremster Partylaune und zahlreicher Diskussionen am Rande der Piste: Die Veranstalter können die großen Feste nicht absagen, wollen es auch nicht, es steckt einfach zu viel Geld in diesem Renn-Wochenende: „The Show must go on“, sagen deshalb die Marketingmanager.

Denn die Events werden oft ein halbes Jahr lang vorbereitet. Der Society-Rummel wird ebenso in die ganze Welt ausgestrahlt wie die Rennen. Das bedeutet unbezahlbare Werbung für Österreich, Tirol, den gesamten Skisport – in der Höhe von Dutzenden Millionen.
 

Peter Schröcksnadel: "Man kann nicht alles dem Geld unterordnen"

Im Ö3-Interview übte ÖSV-Präsident Schröcksnadel schwere Kritik am Streif-Spektakel.

Frage: Wie werden Ihre Läufer am Start mit der Situation um Hans Grugger fertig?
Peter Schröcksnadel: Es ist schwer, das auszublenden. Vielleicht sagen sie sich: ,Jetzt fahren wir für den Hans!‘

Frage: In Kitzbühel heißt es immer höher, weiter, schneller. Muss das so sein?
Schröcksnadel: Es hat vor 20, 30 Jahren auf der Streif nicht mehr Unfälle gegeben als heute. Also muss man sich überlegen, ob da nicht irgendwas schiefläuft, ob die Entwicklung nicht in die falsche Richtung läuft. Ich glaube, dass es zum Beispiel falsch war, nur ein Abschlusstraining zu fahren.

Frage: Ihr Ansatz?
Schröcksnadel: Man kann nicht alles dem Geld unterordnen – die Sicherheit der Läufer kommt als Erstes. Man sollte sich für eine Abfahrt eine Woche Zeit nehmen – mit drei Trainings. Dann fängt man halt langsam an und kann, wenn es notwendig ist, Stellen noch korrigieren. Damit würde man ein größeres Risiko ausschalten. Mein Credo: Geschwindigkeiten runter, Schwierigkeiten hinauf. Wenn ich mit 140 auf einer glattgebügelten Piste fahre, spüre ich die Geschwindigkeiten nicht. Wenn es uneben ist und es einen schüttelt, spürt der Rennläufer auch bei 100 km/h die Gefahr. Dann ist das Risiko einer schweren Kopfverletzung geringer.


Hermann Maier & Niki Lauda über den Horror-Sturz

Lauda: "Solche Stürze sind 'part of the game'."

ÖSTERREICH: Herr Lauda, ist Kitz so brutal wie die Formel 1 in Monte Carlo?
Niki Lauda: Immer wieder werden Vergleiche zwischen Kitzbühel und Monte Carlo angestellt. Das ist Unsinn. Das Risiko der Skirennläufer ist in Kitzbühel viel höher als in der Formel 1 in Monte Carlo.

ÖSTERREICH: Hätte man das Rennen nach Gruggers Sturz absagen sollen?
Lauda:
Es wird sich nie ändern. Solche Stürze sind part of the game.
 

Maier: "Das hat nichts mit der Streif zu tun."

ÖSTERREICH: Herr Maier, ist die Streif in Kitzbühel zu gefährlich?
Hermann Maier: Das hat nichts mit der Streif zu tun. Solche Unfälle sind auch schon auf leichten Abfahrten wie in Lake Louise passiert. 
Das Problem ist, wenn man so wie Hans Grugger abhebt, dann ist man nur noch Passagier und wartet auf den Aufprall.

ÖSTERREICH: Wie gut kennen Sie Hans Grugger?
Maier:
Ich bin noch mit ihm im Team gefahren. Mein ganzes Mitgefühl gehört jetzt ihm.

Zur Vollversion des Artikels
Weitere Artikel