Wien testet Tempo-Sanierung im bewohnten Haus
In der Arenberggasse 4 entsteht ein Pilotprojekt, das zeigt, wie schnell und leistbar eine Gebäudesanierung heute sein kann. Die Sozialbau AG erneuert hier ein Wohnhaus aus 1977 – ohne Lärm, ohne Staub und ohne, dass auch nur eine Bewohnerin ausziehen muss. Möglich wird das durch vorgefertigte Fassadenmodule, die Dämmung, Heizung, Kühlung und Gebäudetechnik bereits integriert haben. Die Montage dauert nur wenige Tage. Vizekanzler Andreas Babler (SPÖ) spricht von einem „entscheidenden Schritt zu mehr finanzieller Sicherheit für Bewohnerinnen und Bewohner“, weil der Energiebedarf um bis zu 80 Prozent sinkt.
Forschung wird zum Turbo für die Sanierung
Das Projekt ist Teil des Großforschungsprogramms Renvelope, einer Initiative des Klima- und Energiefonds. Ziel ist es, großvolumige Gebäude in Serie zu erneuern – rasch, hochwertig und leistbar. Die Module, hergestellt in einem Holzbaubetrieb, werden wie ein Puzzle per Kran an die Fassade gesetzt. So entsteht eine komplett neue Gebäudehülle, inklusive integrierter Wärmeabgabe, Steigsträngen, Wärmepumpen-Setup und Photovoltaik. Innovationsminister Peter Hanke (SPÖ) betont: „Renvelope zeigt, wie ein bewohntes Gebäude in kurzer Zeit aus dem fossilen Zeitalter geholt werden kann.“ Die Methode verkürzt Sanierungszeiten massiv und senkt langfristig Energie- und Betriebskosten.
Stadt Wien baut Innovationsvorsprung aus
Für Wien ist das Projekt ein wichtiger Baustein, um den riesigen Wohnungsbestand zukunftsfit zu machen. 220.000 Gemeindewohnungen und weitere 200.000 geförderte Wohnungen brauchen moderne Energieversorgung und gute Dämmung. Vizebürgermeisterin Kathrin Gaál (SPÖ) betont: „Nachhaltige Sanierung und erneuerbare Energieversorgung sind zentrale Zukunftsthemen für den Wohnkomfort kommender Generationen.“ Wien setzt dafür gezielt auf Förderungen, die es ermöglichen, innovative Methoden rasch im Realbetrieb zu testen.
Wie das System funktioniert – und warum es so schnell geht
Insgesamt 60 voll ausgestattete Fassadenelemente werden an der Arenberggasse montiert. Sie enthalten Dämmung, Leitungen und ein Wärmeabgabesystem, das im Winter heizt und im Sommer sanft kühlt. Die bestehende Wand wird dabei zum Wärmespeicher. Versorgt wird das System durch eine zentrale Wärmepumpe im Keller, zwei Luft-Wasser-Wärmepumpen am Dach und eine Photovoltaikanlage. Der große Vorteil: Die gesamte Sanierung erfolgt im Vollbetrieb – ohne Baustellenchaos, ohne Abriss.
Modell für tausende Gebäude in Österreich
Eine Studie des Forschungsprojekts zeigt: Rund 70.000 Gebäude in Österreich wären für die serielle Sanierung geeignet. Der Effekt wäre enorm – bis zu 80 Prozent weniger Wärmebedarf, rund 100 Tonnen weniger CO₂ pro Gebäude und langfristig stabile Energiekosten. Schon jetzt sind weitere Projekte in Vorbereitung, von Schulen über Wohnbauten bis zu Studentenheimen. Experten sehen in der Methode eine Chance, die Sanierungsquote in Österreich deutlich zu erhöhen und den Gebäudebestand schneller klimafit zu machen.