Der 22. Bond

Bond-Kritik: Wenig Charme, viel Action

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Lesen Sie hier die finale ÖSTERREICH-Kritik zu "Ein Quantum Trost". Plus: Großes Interview mit Daniel Craig!

Gerade hat James Bond (Daniel Craig) in Venedig seine Geliebte, Vesper Lynd, verloren. So endete der Bond-Thriller Casino Royale.

Eine Stunde später, ein neuer Film: Jetzt rast 007 mit dem Aston Martin, einen feindlichen Agenten im Kofferraum, durch Italien, um Aufklärung zu finden für Vespers Tod. Er stößt rasch auf die Spur der mafiösen Quantum-Organisation, die offenbar die Regierungen der Welt korrumpiert hat.

Die Vorgeschichte ist wichtig, um die Atmosphäre von Ein Quantum Trost zu verstehen. In seinem 22. Leinwand-Abenteuer ist James Bond kein charmanter Lebemann sondern ein eiskalter Engel, der von seiner Lizenz zum Töten ausgiebig Gebrauch macht.

Nach dem Tod von Vesper traut er niemanden mehr – zunächst auch nicht seinen Vorgesetzten in London. Als Einzelkämpfer, unterstützt nur von der gleichfalls kämpferischen Camille (cool und schön: Olga Kurylenko), zieht er über die Kontinente, um die Pläne des Quantum-Syndikats zu durchkreuzen. Die Gangster, angeführt vom sinistren Manager-Typ Greene (faszinierend bedrohlich: Mathieu Amalric), wollen die Kontrolle über die Wasser-Vorräte.

Kühn
Quantum wendet sich ab vom alten Bond-Kosmos der technischen Tricks und der oberflächlichen Flirts. Marc Forster hat einen kühnen Film gedreht, dessen Action sich in heftigen Bildgewittern entlädt und dessen Figuren keine Schwarzmalerei betreiben.

Die Grenzen zwischen Gut und Böse verwischen sich; Erotik wird oft nur angedeutet. Dafür gibt’s Freundschaft als neues Element: Bond und seine Chefin M (die großartige Judi Dench) finden eine tiefe gemeinsame Basis.

Großes ÖSTERREICH-Intervie

Daniel Craig schwärmt von seiner Rolle als Bond – und er glaubt, dass die älteste Serie des Kinos weiterhin eine große Zukunft hat. Der Star im ÖSTERREICH-Interview.

ÖSTERREICH: Was sind, mit Ihren Worten, die Themen des neuen Bond-Thrillers Ein Quantum Trost?

DANIEL Craig: Der Film handelt von Liebe, Vertrauen und der Frage, wer deine wahren Verbündeten sind. Der Titel sagt es: Ein Quantum Trost ist das, was wir brauchen, um lieben zu können. Bond sucht diesen Trost, und am Ende des Films findet er ihn. Das ist die tiefe Botschaft in diesem Action-geladenen Schlamassel aus Mord, Attentaten und Abenteuern.

ÖSTERREICH: Man sieht im neuen Film fast nie ein Lächeln bei Bond. Warum?

Craig: Oh, er lächelt – wenn er tötet. Mag sein, dass ihm in diesem Film Leichtsinn und Leichtigkeit fehlen, aber ich finde die Produktion trotzdem sehr unterhaltsam. Bond ist an einem Punkt angelangt, an dem er Frieden mit sich macht. Er hatte sich verliebt, sein Herz wurde gebrochen, er wurde hintergangen. Jetzt hat er diese üble Organisation Quantum entdeckt, die ihre Leute in jeder Regierung hat. Er kann somit nicht zu seinen Chefs gehen, weil deren Chefs vermutlich von der Organisation unterwandert sind. Also zieht er allein los, um Quantum zu demaskieren.

ÖSTERREICH: Wie kann sich die Bond-Serie nach diesem Film weiterentwickeln?

Craig: Ich glaube, wir können alles tun. Wir haben jetzt eine Story beendet; wir wissen, dass Bond mit seiner Chefin M eine fantastische Verbündete hat, wir kennen die Verbindungsleute zur CIA, wir wissen, dass Bond seine potenziellen Gegner kennt. Und weil wir die Bond-Geschichte seit Casino Royale ja praktisch von Beginn noch einmal neu erzählen, würde ich mich freuen, wenn Q und Moneypenny im nächsten Film auftreten – als neue Figuren, nicht als Zitate.

ÖSTERREICH: Warum gerade der Tüftler Q und Miss ­Moneypenny?

Craig: Weil sie großartige Figuren sind. Ich bin ja ein ewiger Bond-Fan, und ich finde, wir sind zu den Wurzeln der Serie zurückgekehrt. Ich bin auch ein großer Fan des Mein Name ist Bond, James Bond-Satzes und des Martini-Satzes Geschüttelt, nicht gerührt. Wir müssen diesen Figuren und Phrasen aber ein neues Leben geben.

ÖSTERREICH: Und wer könnte das nächste Bond-Girl sein?

Craig: Keine Ahnung. Ich weiß nicht, wie ich diese Frage beantworten soll: Eine Frau, die spielen kann und die hübsch ist.

ÖSTERREICH: Sie scheinen sich als Bond sehr wohl zu fühlen. Craig: Ich muss nicht beweisen, dass ich ein guter Schauspieler bin – das habe ich vor Bond schon 20 Jahre lang getan. Vermutlich bin ich bei den Bond-Filmen weniger als Schauspieler gefordert als in jeder anderen Produktion, denn hier geht es ja vor allem um Action.

ÖSTERREICH: Was tun Sie nach einem Bond-Dreh?

Craig: Nichts Abenteuerliches. Ich bevorzuge eine angenehme Art des Reisens, durch Europa in Richtung Osten oder Süden. Solche Trips kann ich durchaus unerkannt machen, wenn ich Bart und Hut trage.

Regisseur Marc Forster sorgte persönlich dafür, dass die Bregenzer Seebühne zum Bond-Schauplatz wurde.

Lauschangriff
Bond belauscht per Funk seine, ihm noch unbekannten, Gegner. Diese flüchten und bekommen für 007 erstmals ein Gesicht: Das ist die Handlung der siebenminütigen Bregenz-Sequenz in Ein Quantum Trost.

Regisseur Marc Forster zu ÖSTERREICH: „Laut Skript sollte das bei der UNO gedreht werden, wobei sich Bond in die Dolmetsch-Anlage einschalten sollte. Doch dann sah ich die Seebühne und beschloss, die Szene während einer Opern-Gala spielen zu lassen. Auch deshalb, weil das Tosca-Auge Parallelen zum Auge des klassischen Bond-Filmvorspanns hat. Und dann hatte ich die Idee, Opern- und Actionszenen parallel zu schneiden. Diese Technik wendete ich auch bei den Szenen in Siena – Verfolgungsjagd und Pferderennen – an.“

Foto (c): DPA

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