Opernkritik

Nur eine halbe Sache

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Salzburg: Rossinis "Moses und Pharao".

Epische Berichte. Die letzte der vier Opernpremieren dieses Salzburger Sommers ist schon die dritte Produktion auf eher oratorienhafter Basis. Denn auch Rossinis Moses und Pharao, 1824 in Neapel uraufgeführt und drei Jahre später in Paris zur „Großen Oper“ umgearbeitet, besteht aus epischen Berichten, nicht aus dramatischer Aktion. Ähnlich wie zuvor die Stücke von Händel und Luigi Nono.

Moses und Pharao behandelt den Auszug der Israeliten aus dem Land der Pharaonen, enthält gewaltige Chöre und eine arg retardierende Liebesgeschichte. Rossinis szenische Anweisungen und das Libretto schildern die zehn ägyptischen Plagen, wie sie im Buch Exodus beschrieben sind, sowie die Hoffnungen der geknechteten Hebräer.

Größe nur in Massenszenen
Die Musik hat Größe nur in Massenszenen, die vom Wiener Staatsopernchor eindringlich gestaltet werden, und Rezitativen. Die Solistenensembles und die instrumentalen Nummern sind von elegantem Wohlklang und virtuosem Zuschnitt, was in krassem Widerspruch steht zu den geschilderten Ereignissen.

Regisseur Jürgen Flimm muss das gespürt haben. Er arrangiert inmitten eines variablen Rundhorizonts Chor-Tableaus, benützt sparsam religiöses Gerät, lässt häufig Texte aus der Bibel projizieren und hofft, dass wir beim Lesen auch 15 Minuten Ballettmusik ohne Tanz überstehen. Zumindest diese hätte man streichen müssen. Am finalen Höhepunkt verzichtet Flimm auf Theaterzauber: Nicht das Rote Meer teilt sich, sondern der Rundhorizont, und die Hebräer gehen ab. Das ist wenig wirkungsvoll, aber auch nicht peinlich.

Eine großteils gute Besetzung kulminiert in Marina Rebeka (Anai) und Ildar Abdrazakov (Moses). Die Wiener Philharmoniker veredeln Rossinis Musik, deren theatralische Qualität vom Dirigenten Riccardo Muti überschätzt wird. Für ihn und die Sänger gab’s zuletzt Ovationen, Flimm und seinem Team galt ein Buh-Orkan. Das war zweifach ungerecht.

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