Gruselig

Rabenhof zeigt Frankenstein für Kinder

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Grusel-Klassiker als Außenseiter-Geschichte für Kinder, die Spieß umdreht.

Viktor Frankenstein V. hat offenbar tolle Sprachlernprogramme auf seinem Laptop. Denn als seine aus Leichenteilen zusammengeflickte, doch überaus passabel aussehende Kreatur per Enter-Taste ins künstlich geschaffene Leben gerufen wird, spricht sie fließend Deutsch, Englisch, Französisch, Russisch, Spanisch und Japanisch. Das Monster ist cool. Der wahre Außenseiter ist der verrückte Wissenschafter, der sich nach Liebe und Anerkennung sehnt. Das ist die Botschaft von Holger Schobers "Frankenstein"-Bearbeitung für Kinder ab 11 Jahren, die gestern, Dienstag (15. Jänner), im Wiener Rabenhof ihre gefeierte Premiere hatte.

Frankensteins als Totengräber-Dynastie   
Schober, viel gefragter Autor und Schauspieler, der sich bereits 2009 mit "Frankensteins Sohn" am Landestheater Linz an dem berühmten Roman von Mary Shelley abgearbeitet hat, macht die Frankensteins zur Totengräber-Dynastie (Leitspruch: "Bei uns liegen Sie richtig!"), die schwer am Erbe des Ur-Urgroßvaters trägt. Frau Shelley (!) vertraut dem Institut die Leiche ihres genialen Gatten an, doch statt wie verabredet an der Uni, landet das Gehirn des Toten im Hobbykeller des nach Höherem strebenden jungen Viktor (sehr gekonnt zwischen verklemmt und grenzgenial wechselnd: Markus Kofler), dem sein Opa (schrullig: Reinhold G. Moritz) bei den in der Familientradition liegenden Experimenten ein wenig zur Hand geht.

Zu brav für die Frankensteins
Die Kreatur (überaus normal: Julian Loidl) erweist sich als verträglicher, sympathischer Zeitgenosse - wesentlich geselliger und umgänglicher als sein Schöpfer. Auch Daddy Frankenstein IV. (besorgt: Bernhard Majcen) und die allzu schüchtern verehrte Bibliothekarin Elisabeth (Sonja Romei mit dauerklimpernden Wimpern) sind bald dieser Meinung. Der namenlose Freund des gehemmten jungen Wissenschafters ("Ich kenne ihn, seit ich denken kann") brilliert im Smalltalk, bei Partyspielen und in der Disco. Da nutzt es Viktor V. nichts, sich als Gott und Genie zu fühlen. Er wird eifersüchtig.

Spaß, nicht Gruseln im Vodergrund
Wer sich eine Horror-Show erwartet, ist im Rabenhof fehl am Platz. Nicht nur Autor Schober setzt auf manche Pointe, auch Regisseur Roman Freigaßner sorgt dafür, dass sich die Kinder nicht gruseln, sondern amüsieren. Dabei werden allerdings fast alle düsteren Seiten des Schauer-Romans, der 1818 nicht nur die Hybris der Wissenschaft thematisierte, sondern auch in die Abgründe des Menschen schauen ließ, beiseite geräumt. Was bleibt, ist der Appell, sich nicht künstlich zu verbiegen: "Sei immer Du selbst. Andere gibt's genug", rät die erstaunlich lebenskluge Kreatur ihrem Schöpfer. Und so gibt's für alle nach nur 75 Minuten ein Happy End: "Enter gut - alles gut."

Info
"Frankenstein"wird noch von 17.-20. und 24.-27.1 im Rabenhof Theater aufgeführt. Alle Informationen sowie Tickets erhalten Sie unter www.rabenhoftheater.com.

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