Standing Ovations

Studenten als Burg-Besetzer

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Burgtheater-Chef Hartmann: „Sympathien“

Samstagabend, 14.11., übersiedelten die Audi-Max-Besetzer auf die Bühne des Burgtheaters, um ihren Forderungen „theatralisch“ Ausdruck zu verleihen. Instinktsicher hatten sich die Studenten das „revolutionärste“ Stück auf dem Spielplan ausgesucht: Lorenzaccio.

Überraschung
In der Burg ahnte man von der Aktion nichts und wurde von den Studenten überrascht. Sie drohten, die Vorstellung zu stören, schließlich einigte man sich darauf, dass sie ihre Forderungen dem Publikum nach der Pause zu Gehör bringen könnten.

Spruchband mit Brecht-Slogan
Was dann auch geschah: 200 Studenten entrollten ein Spruchband mit dem Brecht-Slogan „Schwierigkeiten werden nicht dadurch überwunden, dass sie verschwiegen werden“.

Dialog
Prompt ergab sich ein heftiger Dialog zwischen Studenten und Publikum. Eine Studentin appellierte von der Bühne herunter: „Es geht um die Zukunft Ihrer Kinder!“ Spontaner Applaus, sogar Standing Ovations, aber auch Missmutsäußerungen („Schafft die Narren fort!“) von Seiten des Publikums. Wie ausgemacht gingen die Studenten nach 20 Minuten von der Bühne ab. Und die Aufführung wurde fortgesetzt. Am Ende viel Jubel nach einem Theaterabend, wie man ihn nicht alle Tage erlebt.

Hartmann
„Wir haben in den letzten Tagen darüber diskutiert, wie wir den Problemen der Studenten auf unserer Bühne ein Forum geben können“, kommentiert Burg-Direktor Matthias Hartmann gegenüber ÖSTERREICH. „Denn das Burgtheater hat große Sympathien für ihre Anliegen. Bildung und Kultur gehören im Kern zusammen. Die Studenten sind die Zukunft unseres Staates und nicht zuletzt eine große Besuchergruppe des Burgtheaters. Insofern sind wir der überraschenden Demonstration gestern Abend auf der Bühne freundlich begegnet. Wir denken daran, das Burgtheater für Studenten, Politiker und Fachleute als Diskussionsforum zu öffnen und werden am Montag Stellung zu weiteren Vorhaben nehmen.“

Demonstration 2: Musiker stürmen die Opern-Bühne
Eine ungewöhnliche Aktion fand Samstagabend auch in der Staatsoper statt: Als sich nach Wagners Götterdämmerung die Solisten verbeugt hatten, hob sich der Vorhang nochmals. Auf der Bühne standen die Musiker des Opernorchesters, großteils identisch mit den Wiener Philharmonikern. In ihrer Mitte Franz Welser-Möst, der künftige Generalmusikdirektor des Hauses.

Verblüffung
Das Publikum reagierte ein paar Sekunden verblüfft, bereitete dem Orchester dann stürmische Ovationen. Sie galten nicht nur der künstlerischen Leistung. Die Besucher verstanden den unüblichen Auftritt auch als stumme Demonstration.

Mehr Premieren und mehr Proben
Der künftige Opernchef, Dominique Meyer, will mehr Premieren und mehr Proben. Das würde die Aktivitäten des Vereins Wiener Philharmoniker einschränken. Seit zweieinhalb Jahren kämpfen die Musiker daher um bessere Bezahlung. Sie wollen eine Angleichung an die Bezüge erster deutscher Opernorchester.

Verhandlungen
Er sei jetzt „vorsichtig optimistisch“, was die Verhandlungen um einen neuen Kollektivvertrag betrifft, sagt Betriebsratsobmann Michael Bladerer. Eines muss allen klar sein: Ohne dieses Orchester würde die Wiener Oper, aber ohne Oper würde auch das Orchester an Wert verlieren.

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