Katastrophe von Braz

Zug-Crash wird zur ÖBB-Affäre

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Knalleffekt im ÖBB-Crash von Braz. Ein internes Dokument belegt: Die Lok hatte einen Motorschaden, bei den Bremsen wurde geschlampt.

Der Mega-Crash eines ÖBB-Zugs am vergangenen Mittwoch in Braz (Vbg.) wird zum Thriller – und für die ÖBB möglicherweise zu einem Skandal. Ein bisher geheimer Werkstättenbericht der ÖBB, der ÖSTERREICH vorliegt, zeigt – eine ganze Pannenserie führte zum Crash. Die Details:

Motorschaden
Das Dokument zur Lok mit der Nummer 173 zeigt: Die 84 Tonnen schwere Maschine war mit nur drei funktionierenden von vier Motoren unterwegs. Schon am 7. Juni um 11.51 Uhr ist es in Zell am See (Sbg.) laut Schadensprotokoll zum Motorschaden gekommen.

Keine Reparatur
Dieser Defekt wurde in Linz gemeldet, die Lok nach Wien weitergeschickt, dort wurde alles dokumentiert, aber nicht repariert. Dann wurde die Lok an einen Autozug angehängt, der aus Rumänien 300 Autos nach Frankreich bringen sollte. Ein Insider zu ÖSTERREICH: „Wenn ein Motor ausfällt, ist die Bremswirkung um 25 Prozent verringert. Ein Wahnsinn.“ Zusätzlich soll sich ein ÖBB-Lokführer (nicht der Unglücksfahrer) in Wien beschwert haben, dass die E-Bremse der Lok ebenfalls nicht richtig funktioniert.

Schlamperei bei Bremsen
Und: Auch am doppelstöckigen Autozug gab es bereits technische Schwierigkeiten. Hintergrund: Die Bremsleitungen laufen zwischen den einzelnen Waggons, hängen dabei leicht nach unten. Da Autozüge niedriger sind als andere, ist die Gefahr sehr groß, dass die Leitung am Boden streift. In Rumänien behalf man sich mit Plastikbändern, mit denen man die Leitungen hochspannt.

Kontrolle
Aufgefallen ist das bei der technischen Kontrolle durch die ÖBB an der Grenze zu Österreich im ungarischen Hegyeshalom niemandem. Und auch in Wien nicht.

Folge: Millionen-Crash
Bei Braz in Vorarlberg ist am 16. Juni Lokführer Karlheinz V. mit dem Autozug unterwegs. Bei Bahnkilometer 122,3 reißt um 3 Uhr früh eines der Bremsseile zwischen erstem und zweitem Waggon. Die automatische Notbremsung funktioniert nicht, weil sich die Leitung „umstülpt“. Dadurch bleibt der Luftdruck gleich – das System erkennt den Riss nicht.

Die Folge: Nur die Lok und der erste Wagen bremsen. Dahinter schieben 615 Tonnen gegen die Lok, die immer schneller wird. Sechs Kilometer später crasht der 777-Tonnen-Koloss, der Lokführer und Dutzende Anrainer überleben mit Glück. Schaden: 5 Millionen Euro – 300 kaputte PKWs nicht mitgerechnet.

Die ÖBB weisen alle Vorwürfe zurück. Ein Sprecher: „Der ausgefallene Motor hat nichts mit der Bremsleistung zu tun. Das ist nicht die Unfallursache.“ Klar ist: Die Untersuchungen werden jetzt auch die Versicherungen interessieren ..

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