Größte Demo seit Jahrzehnten

240.000 demonstrierten gegen Polens Regierung

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Eindrucksvolle Bekenntnis zu Europa und seinen Werten.

Bei der größten Demonstration seit dem Fall des Eisernen Vorhangs haben Oppositionelle in Warschau gegen die Politik der nationalkonservativen Regierung protestiert. 240.000 Menschen kamen nach Angaben der Stadt unter dem Motto "Wir sind und bleiben in Europa" am Samstag zusammen.

Zu der Kundgebung hatten linke und konservative Parteien sowie das außerparlamentarische Demokratiebündnis KOD aufgerufen. Das Bündnis hatte sich Anfang Mai offiziell gegründet. Ihm gehören mit der neoliberalen Partei Nowoczesna und der Bauernpartei PSL auch zwei im Parlament vertretene Parteien an.

Größte Demo seit 1989
Der ehemalige Außenminister Grzegorz Schetyna, der auch Chef der liberalkonservativen Bürgerplattform (PO) ist, sprach von der größten Demonstration seit 1989. Zu Beginn des Marsches, der bis zum Präsidentenpalast führen sollte, sang die Menge die Nationalhymne und rief: "Wir verteidigen Demokratie und Verfassung".

Umstrittene Gesetzesreformen
Die mit absoluter Mehrheit regierende Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) sorgte in den vergangenen Monaten mit umstrittenen Gesetzesreformen für Kontroversen zwischen Warschau und Brüssel. Zuvor schränkten neue Gesetze die Arbeit des Verfassungsgerichts ein. Ein neues Mediengesetz ermöglicht der Regierung die Besetzung von Führungsposten in öffentlich-rechtlichen Medien.

Für Entscheidungen des Verfassungsgerichts ist künftig eine Zweidrittelmehrheit notwendig statt wie bisher eine einfache Mehrheit. Zudem müssen bei wichtigen Entscheidungen mindestens 13 der 15 Verfassungsrichter anwesend sein - vorher reichten neun. Die amtierende niederländische EU-Ratspräsidentschaft leitete wegen der Schwächung des Verfassungsgerichts und anderer umstrittener Gesetze bereits ein Verfahren zur Prüfung der Rechtsstaatlichkeit in Polen ein - eine Premiere in der EU.

"Alptraum nicht zulassen"
"Wir sind hier, weil wir an polnisches Recht, an polnische Freiheit und gemeinsames Handeln in der EU glauben", sagte der ehemalige polnische Präsident Bronislaw Komorowski zu Beginn der Demonstration. "Wir sind heute zusammen hier, um zu sagen, dass wir den Alptraum einer autoritären Regierung nicht zulassen", betonte Schetyna. "Wir stehen am Anfang eines langen Marsches."

"Die PiS-Regierung wendet sich von Europa ab", warnte Kamila Gasiuk-Pihowicz von der liberalkonservativen Partei Nowoczesna. Für sie stehen die Polen an einer entscheidenden Weiche: "Entweder wir nehmen den Europa-Express oder die Transsibirische Eisenbahn."

Zweite Demonstration
An einer zweiten Demonstration von Nationalisten beteiligten sich rund 2500 Menschen, wie die Stadtverwaltung mitteilte. Ihr Protest richtete sich gegen Polens EU-Mitgliedschaft.

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