Ausschreitungen in Athen

Griechische Rechte und Linke gegen Sparpaket

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Griechenland brodelt: LAOS-Chef Karatzaferis gegen EU-Vereinbarung; Gewalt in Athen.

Nach der politischen Rechten haben nun auch die Linken das von EU, EZB und IWF vereinbarte Sparpaket im Parlament nicht mitzutragen.

"Ich habe es den anderen politischen Führern erklärt, dass ich nicht für diese Kreditvereinbarung stimmen kann", sagte George Karatzaferis, Chef der ultrarechten LAOS ("Völkische Orthodoxe Gesamtbewegung") am Freitag bei einer Pressekonferenz.

Auch die stellvertretende Außenministerin Marilisa Xenogiannakopoulou von der sozialistischen Partei PASOK aus Protest gegen die Sparvorgaben zurückgetreten. Zuvor waren bereits der stellvertretende Arbeitsminister Yannis Koutsoukos von der PASOK und vier Regierungsmitglieder der rechtsgerichteten Partei LAOS zurückgetreten. Sie könne das Sparprogramm nicht unterstützen, habe die Sozialistin in ihrem Rücktrittsschreiben erklärt.

Regierungsparteien über Sparpakete einig
Die Spitzen der drei die Regierung stützenden Parteien - Sozialisten (PASOK), Konservative (Nea Dimokratia/ND) und LAOS hatten sich in der Nacht auf Donnerstag in siebenstündigen Verhandlungen auf Eckpunkte des Sparpakets geeinigt. Karatzaferis Partei hat 15 Abgeordnete in dem 300-köpfigen Parlament, das voraussichtlich am kommenden Sonntag über das Paket abstimmen soll.

Karatzaferis forderte eine Umbildung der Regierung, die von dem parteilosen früheren EZB-Vizepräsidenten Loukas (Lucas) Papademos geführt wird. Der Leiter der IWF-Mission in Griechenland, Poul Thomson, solle zur unerwünschten Person erklärt werden. "Wenn es vorangehen soll, muss Poul Thomsen zur persona non grata in Griechenland werden", sagte Karatzaferis.

Polizeigewerkschaft droht, Troika festzunehmen
Der Vorstand der Gewerkschaft der Polizisten des Landes (POESY) droht mit der Festnahme der Kontrolleure der EU, des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Europäischen Zentralbank (EZB). Nach Ansicht der Gewerkschaft versucht die "Troika", mit den harten Sparmaßnahmen die demokratische Ordnung umzuwerfen. Zudem versuche sie, die "nationale Souveränität" zu verletzen und vom griechischen Volk wichtige Güter zu rauben.

"Wir warnen Sie, dass wir die sofortige Ausgabe von Haftbefehlen fordern werden", hieß es am Freitag unter anderem in einer schriftlichen Erklärung, die an die Troika-Vertreter geschickt wurde.

EU stellt Bedingungen
Griechenland kann nur mit dem raschen Beschluss weiterer Milliardenhilfen rechnen, wenn es vorher mehrere Bedingungen erfüllt. Die Euro-Länder stellten der Regierung in Athen dafür ein Ultimatum bis Mittwoch, bevor sie einem zweiten Hilfspaket zustimmen, wie Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker sagte. Das Land muss sich zudem auf eine deutlich strengere Überwachung einstellen.

"Trotz des wichtigen Fortschritts, den wir in den vergangenen Tagen erreicht haben, hatten wir nicht die notwendigen Elemente auf dem Tisch, um heute Entscheidungen zu treffen", sagte Juncker nach einem Treffen der Eurogruppe. Der Luxemburger stellte der Regierung in Athen aber eine weitere Sitzung am Mittwoch in Aussicht, um dann ein zweites Hilfspaket in Höhe von 130 Milliarden Euro zu beschließen. Juncker nannte jedoch drei Bedingungen, die das hoch verschuldete Land erfüllen dafür muss.

Generalstreik gegen Sparpaket
Aus Protest gegen das neue Sparprogramm haben die Gewerkschaften in Griechenland am Freitag einen 48-stündigen Streik begonnen. Vor allem der öffentliche Verkehr wurde weitgehend lahmgelegt. Tausende Menschen mussten zu Fuß zur Arbeit gehen. Ministerien und staatliche Unternehmen blieben größtenteils geschlossen. In der Hauptstadt Athen fuhren keine Busse und Bahnen. Auch zu den Inseln gab es keine Fährverbindungen. Bis Sonntag sind zudem mehrere Demonstrationen geplant. Die Polizei zog Einheiten in Athen zusammen.

Zusammenstöße mit der Polizei
Im Zentrum Athens gab es gewaltsame Zusammenstöße mit der Polizei. Dutzende Demonstranten warfen am Freitag im Zentrum Athens Molotow-Cocktails und Steine auf die Polizeikräfte, die mit dem Einsatz von Tränengas reagierten, wie das griechische Fernsehen berichtete. Auf den TV-Bildern war zu sehen, wie junge Männer auf dem Syntagma-Platz vor dem Parlament Steine abschlugen und auf die Polizei warfen. Ein Mensch war zu sehen, der offenbar verletzt auf dem Boden des Platzes lag.

Parlament muss noch zustimmen
Griechenland soll weitere Einsparungen in Höhe von 325 Millionen Euro für dieses Jahr benennen. Zudem verlangen die Euro-Länder von den Chefs der Koalitionsparteien schriftliche Verpflichtungen auf den vereinbarten Spar- und Reformkurs, damit dieser auch nach den für April geplanten Wahlen fortgeführt wird. Schließlich muss das griechische Parlament einem weiteren Sparpaket zustimmen, auf das sich die Athener Koalition am Donnerstag nach langem Ringen verständigt hatte. Die Abstimmung ist für Sonntag geplant.

Erfüllt die Regierung in Athen die Forderungen, wollen die Euro-Länder neben dem zweiten Hilfspaket auch einem Schuldenschnitt für Griechenland zustimmen. Dabei verzichten die privaten Gläubiger des Landes auf 100 Milliarden Euro. Ziel beider Schritte ist es, den griechischen Schuldenstand bis zum Jahr 2020 auf ein einigermaßen erträgliches Maß zu senken.

In den vergangenen Monaten hatten die Euro-Länder die Athener Regierung wiederholt kritisiert, weil vereinbarte Maßnahmen nicht umgesetzt oder durch den Parteienstreit in Griechenland aufgehalten wurden. Daher fordern die  Euro-Länder nun weitere Absicherungen, bevor sie grünes Licht für weitere Hilfen geben. "Griechenland muss noch Hausaufgaben machen", sagte der niederländische Finanzminister Jan Kees de Jager.

Sperrkonto
Die Eurozone will zudem die Umsetzung der Sparmaßnahmen strenger überwachen. Es gehe darum, Griechenland "institutionell in den Stand zu versetzen, seine Schulden zu bedienen", sagte Juncker. "Ernsthaft geprüft" wird dafür auch der deutsch-französische Vorschlag für ein Sonderkonto, auf das Geld für die Abzahlung von Schulden fließen soll, wie EU-Währungskommissar Olli Rehn ankündigte. Die Kommission soll am Mittwoch weitere Vorschläge machen.

Ein solches Sperrkonto hatte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy vorgeschlagen. Die Idee ist, dass Staatseinnahmen auf das Sperrkonto fließen und allein für die Zurückzahlung der griechischen Schulden eingesetzt werden. Besonders Deutschland fordert eine strengere Kontrolle, war aber auf breite Ablehnung mit der Idee gestoßen, einen "Haushaltskommissar" in Athen einzusetzen.

So sieht das Sparpaket für Griechenland aus

Der Sparhammer, den die Griechen umsetzen müssen, sieht nun so aus:

  • 150.000 Staatsbeamte müssen bis 2015 gehen. 15.000 in diesem Jahr.
  • Alle Zusatzrenten werden um 15 Prozent gekürzt. Die anderen Rentner verlieren sieben Prozent.
  • Der Mindestlohn soll von 751 Euro auf 586 Euro verringert werden.
  • Alle Lohnzuschüsse werden abgeschafft. Löhne im Staatsdienst eingefroren.
  • 19 Milliarden müssen bis 2015 durch Privatisierungen erzielt werden, das Steuersystem soll effizienter gemacht werden.

Offen ist noch, ob sich private Gläubiger durch Forderungsverzicht von rund 100 der 350 Mrd. Euro Schulden an der neuen Griechenhilfe beteiligen.


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