Fracht aus dem Jemen

Sprengsatz war in Passagierflugzeugen

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Die verdächtige Studentin wurde derweil freigelassen.

Die in Dubai gefundene Paketbombe ist an Bord von zwei Passagierflugzeugen transportiert worden. Ein Sprecher der Fluggesellschaft Qatar Airways erklärte am Sonntag, das Paket sei zunächst von der jemenitischen Hauptstadt Sanaa nach Doha in Katar geflogen worden. Von dort sei es weiter nach Dubai gebracht worden, wo es von den Behörden sichergestellt wurde.

Bombe in Deutschland umgeladen
Der stellvertretende Nationale Sicherheitsberater der USA, John Brennan, erklärte, möglicherweise gebe es weitere Paketbomben wie die in Dubai und London gefundenen. Deutschlands Innenminister Thomas de Maizière (CDU) bestätigte, dass eines der von Terroristen im Jemen aufgegeben Sprengstoffpäckchen für die USA in Deutschland umgeladen wurde.

Die deutschen Sicherheitsbehörden seien von einem befreundeten Geheimdienst in der Nacht zum Freitag informiert worden, hätten das Paket aber nicht mehr stoppen können, sagte der CDU-Politiker am Sonntag in Dresden. "Wir nehmen den Vorgang ernst, auch wenn Deutschland wohl nicht Anschlagsziel war", fügte er hinzu.

Keine erhöhte Sicherheitsmaßnahmen für Österreich
Die Regierung in Deutschland hatte am Samstag angeordnet, vorläufig kein Frachtgut aus dem Jemen ins Land zu lassen. Ähnliche Maßnahmen wurden in Frankreich und Großbritannien durchgeführt. Zudem sollen in Deutschland alle bisher eingetroffenen Frachtstücke lückenlos kontrolliert werden. Die Aufforderung gilt nicht nur für Luftpostsendungen, sondern auch für Fracht, die auf der Straße oder Schiene weitertransportiert werde.

Für die österreichischen Behörden gibt es "keine Veranlassung, zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen zu treffen". Wie Innenministeriums-Sprecher Rudolf Gollia am Sonntag erklärte, habe Österreich auf seinen internationalen Flughäfen ohnehin "ein sehr hohes Niveau bei den Kontrollen, auch bei der Großgepäckskontrolle". Außerdem gebe es hierzulande "keinen derartigen Großumschlagplatz wie in Deutschland mit dem Flughafen Köln".

Weitere Paketbomben vermutet

Sicherheitsberater Brennan erklärte, der vereitelte Anschlagsplan deute auf den Al-Kaida-Ableger im Jemen. "Sie sind eine gefährliche Gruppe. Sie sind eine entschlossene Gruppe", sagte Brennan dem Sender NBC. "Sie werden versuchen, Schwachstellen im System zu finden." Zudem wäre es unklug, davon auszugehen, dass es keine weiteren Paketbomben gebe.

Hinter den Paketbomben wird die gleiche Gruppe von Terroristen vermutet, die auch schon im vergangenen Jahr an Weihnachten einen Anschlag auf ein Flugzeug in den USA versuchte. Auch dabei wurde der Industriesprengstoff PETN verwendet, der jetzt in den beiden Paketen entdeckt wurde, die am Freitag in London und Dubai sichergestellt wurden. Aus US-Regierungskreisen verlautete, in beiden Fällen gelte Ibrahim Hassan al-Aziri als möglicher Bombenbauer.

Junge Frau wieder freigelassen

Die jemenitischen Sicherheitsbehörden nahmen kurzzeitig eine Frau fest, die in Verdacht stehen würde, die beiden Paketbomben aufgegeben zu haben. Die 22-Jährige studiert Informatik in Sanaa, von Kontakten zu extremistischen Gruppen ist nichts bekannt. Auch ihre Mutter wurde festgenommen, nach weiteren Verdächtigen, die Verbindungen zur Terrorgruppe Al-Kaida haben sollen, wurde gefahndet. Hinweise dazu seien aus den USA und den Vereinigten Arabischen Emirate gekommen, erklärte der jemenitische Präsident Ali Abdullah Saleh.

Am Sonntag wurde die Studentin aber wieder freigelassen. Wie Verwandte mitteilten, müsse sie sich jedoch für weitere Befragungen durch die Behörden zur Verfügung halten. Die Verhöre und Befragungen hätten ergeben, dass die 22-jährige Hanan Mohammad al-Samawi "die falsche Person" gewesen sei, sagte ein Angehöriger des Sicherheitsdienstes im vertraulichen Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. "Sie wurde ihrem Vater übergeben", hieß es.

Der Anwalt der jungen Frau hatte zuvor erklärt, seine Mandantin sei möglicherweise Opfer eines Identitätsdiebstahls geworden. Es mache keinen Sinn, dass jemand, der einen Bombenanschlag plane, eine Kopie seines echten Ausweises und seine Telefonnummer hinterlasse, zitierte die britische "Sunday Times" den Anwalt.

Hätten Bomben überhaupt funktioniert?
In Sanaa wurden 24 weitere verdächtige Pakete entdeckt. Wie aus Sicherheitskreisen verlautete, wurden Frachtarbeiter auf dem Flughafen sowie Mitarbeiter örtlicher Frachtfirmen befragt. Der britische Premierminister David Cameron erklärte, er glaube, dass die Bombe, die in England gefunden wurde, an Bord des Flugzeugs explodieren sollte. Wie Innenministerin Theresa May sagte, wäre sie auch stark genug gewesen, die Maschine zum Absturz zu bringen. Das gleiche gilt nach US-Angaben für die Bombe, die in Dubai sichergestellt wurde.

Unklar war aber noch, ob die mit Handys, Zeitzündern und Batterien verdrahteten Bomben auch tatsächlich in den Flugzeugen hätten ferngezündet werden können, wenn diese in der Luft sind. Aber allein die Tatsache, dass sie an Bord der Flugzeuge gelangten, ist Anlass zu großer Sorge. Zeigt es doch vor allem, dass Terroristen nach immer neuen Wegen für Anschläge suchen.

UPS stoppt Flüge aus dem Jemen

Der entscheidende Tipp für den Sprengstofffund kam aus saudi-arabischen Geheimdienstkreisen, wie aus Regierungskreisen in Washington verlautete. Sicherheitsberater Brennan dankte in einer offiziellen Erklärung Saudi-Arabien sowie Großbritannien und den Vereinigten Arabischen Emiraten für die geleistete Hilfe bei der Bewältigung der Gefahr.

xperten wiesen jedoch auf enorme Sicherheitsmängel bei der Frachtabfertigung an den Flughäfen hin. Besonders Frachtpakete, die von Passagiermaschinen befördert werden, würden oft nur wenig oder gar nicht überprüft. Die Gefahren seien seit Jahren bekannt, durch die vereitelten Terroranschläge seien sie nur wieder offengelegt worden, hieß es. Eine besondere Schwachstelle sei, dass Fluggesellschaften, die regelmäßig mit Frachtgesellschaften arbeiteten, auch Pakete befördern dürften, die als sicher deklariert, aber keinen weiteren Untersuchungen unterzogen würden.

Das US-Frachtunternehmen UPS stoppte mit sofortiger Wirkung die Beförderung aller Sendungen aus dem Jemen. Auch Großbritannien setzte die Beförderung unbegleiteter Luftfracht aus dem Jemen auf unbestimmte Zeit aus.
 

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