Bei der Veranstaltung im Rathaus soll die Diskussion um Spiele vertieft werden. Man will "Gutes Empfehlen, statt schlechtes verbieten."
Was früher Fernsehen, Rock'n'Roll oder gar Unterhaltungsliteratur waren, sind derzeit Computerspiele: Sie dienen als Sündenbock für gesellschaftliche Probleme. Games werden als Ursache für Gewaltbereitschaft von Jugendlichen ebenso abgestempelt wie für mangelnden Lern- und Leseeifer. Dass diese reflexartige "Verteufelung" an der Sache vorbeigeht, betonte Wissenschaftsminister Johannes Hahn (V) heute, Freitag, Vormittag im Wiener Rathaus. Dort will die "Game City" bis Sonntag eine weniger oberflächliche Diskussion über Computerspiele bieten.
Immer mehr "Zocker"
Immer mehr junge Männer, aber auch
Mädchen und ältere Semester spielen Computergames. In der öffentlichen
Debatte werden diese Spiele jedoch eher eindimensional behandelt:
Thematisiert wird hauptsächlich der angenommene Konnex zwischen Brutalität
der Spiele und Gewaltbereitschaft der Spieler sowie die Spielsucht. Dies
sagte der Spielspaßforscher Christoph Klimmt von der Hochschule für Musik
und Theater Hannover zum Auftakt des Symposiums, das die Präsentation von
Computerspielen im Rahmen der "Game City" begleitet.
Verbote bringen nichts
Nach Amokläufen an den Schulen
beispielsweise werden reflexartig rasch Rufe nach Verboten von besonders
gewalttätigen Spielen laut. Diese "Verbotsdiskussion spiegelt mitnichten
wider, was Stand der Forschung ist", so Klimmt. Auch Hahn betonte: "Verbote
sind das Letzte, was wir brauchen können. Wir brauchen Bewusstsein,
Verständnis, Auseinandersetzung." Man dürfe nicht das "Kind mit dem Bade
ausschütten".
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Die Selbstmordwelle im Anschluss an Goethes "Die Leiden des jungen Werther" rief eine Verbotsdiskussion über Unterhaltungsliteratur hervor und selbst der Walzer wurde als unsittlich verteufelt, lieferte Purgathofer Beispiele für vergangene "Medienängste". "Nur weil gewalttätige Kinder mehr Gewaltspiele spielen, heißt das nicht, dass die Spiele diese aggressiver gemacht haben." Vielmehr könnte es auch umgekehrt sein: "Instabilere Kinder könnten sich zu gewalttätigen Spielen mehr hingezogen fühlen." Die Medien "gehen mit dem Thema vollkommen falsch um". Spiele zeugen keine Gewalt, aber "unsere Gesellschaft hat ein Problem mit Gewalt". Games seien jedoch ein "sehr gutes Outlet" für Aggression.
Diskussionsplattform
Die notwendige Diskussionsplattform will die
"Game City" bieten, bei der neben der Vorführung von Computerspielen auch
ein Gamer-Wettbewerb sowie Information für Eltern und Pädagogen bietet. "Man
wolle "Gutes empfehlen statt Schlechtes verbieten".
Spielen bewirkt oft wünschenswertes
Am Freitagvormittag ging
man den Gründen für das Spielen selbst auf den Grund: Denn es gebe durchaus
auch "Wirkungen, die die Gesellschaft für wünschenswert hält", sagte Klimmt.
Diese seien u.a. Kompetenzerwerb und das so genannte "Game based learning".
Die Spieler erleben sich als "wirksam" und können "immer authentischer"
anerkannte oder einflussreiche gesellschaftliche Rollen (Held, Polizist,
Politiker) einnehmen.
Dies sei etwa in einflussarmen gesellschaftlichen Schichten ein guter Grund zum Computerspielen. Immer noch vorhanden sei die Rollentrennung der Geschlechter: Mädchen spielen weniger und anderes, "Kriegscomputerspiele sind Experimentierkasten für Männlichkeit".