Das US-Nachrichtenmagazin "Time" hat den einfachen Internet-Nutzer zur "Person des Jahres 2006" ernannt.
Auf der Titelseite der am Montag erscheinenden Ausgabe ist eine spiegelnde Fläche auf einem Computerbildschirm zu sehen mit dem Text: "You." Die Redaktion würdigte damit das explosionsartige Wachstum und den immer stärker werdenden Einfluss von Internet-Gemeinschaften und Foren wie Blogs - Online-Tagebücher - die Amateur-Video-Website YouTube oder das soziale Netzwerk MySpace. "Time" vergibt seit 1927 den Titel an die Person, die nach Ansicht ihrer Redaktion im abgelaufenen Jahr den größten Einfluss auf die Welt hatte.
„Viele nehmen wenigen die Macht weg“
Die von
Internet-Nutzern gebildeten Gemeinschaften hätten einen noch nie da
gewesenen Grad der Zusammenarbeit entwickelt, begründete Redakteur Lev
Grossman die Wahl. "Es geht darum, wie die Vielen den Wenigen die Macht
wegnehmen, sich gegenseitig kostenlos helfen und wie das nicht nur die Welt
verändern wird, sondern auch verändert, wie sich die Welt verändert."
Sein Kollege Richard Stengel erklärte, Blogs und Videos im Internet transportierten die Nachrichten über Ereignisse oft schneller und glaubwürdiger als die traditionellen Medien. "Früher brachten ausschließlich die Journalisten die Leute an Orte, wo sie nie waren", sagte er. "Aber jetzt kann eine Mutter in Bagdad mit einem Video-Handy einen Bombenanschlag zeigen oder ein Gast in einem Nachtclub eine rassistische Hetzrede eines berühmten Komikers."
MySpace gehört zu News Corp. und hat mehr als 130 Millionen Nutzer weltweit. Jeden Tag kommen etwa 300.000 dazu, was mehr als die Einwohnerzahl von Graz - 233.600 - ist. YouTube, das im vergangenen Monat für 1,6 Milliarden Dollar (1,221 Mrd. Euro) von Google gekauft wurde, wird etwa 100 Millionen Mal täglich aufgerufen.
Entscheidung häufig umstritten
Die Entscheidung der "Time"-Redaktion
ist häufig umstritten. Adolf Hitler wurde 1938 zur Person des Jahres
ernannt, Ayatollah Khomeini 1979. Vergangenes Jahr wurden der
Microsoft-Mitgründer Bill Gates, seine Frau Melinda Gates und der U2-Sänger
Bono für ihre gemeinnützige Arbeit ausgewählt. Im Jahr 2004 war es
US-Präsident George W. Bush.