Japanische Lehrer haben nun angefangen, die beliebte Spielkonsole auch in ihren Unterricht zu integrieren - mit gutem Erfolg.
Eigentlich stehen Spielkonsolen in dem schlechten Ruf, Kinder vom Lernen abzuhalten. Japanische Lehrer haben nun angefangen, sich die Begeisterung der Jugend für die Konsolen im Unterricht zunutze zu machen. Offenbar mit Erfolg: Obwohl der Besuch der zusätzlichen Mathematikstunden an der öffentlichen Wada-Schule in Tokio freiwillig ist und der Unterricht Samstagfrüh stattfindet, sind 13 von 26 Schülern gekommen.
Statt in die Mathebücher schauen sie aber in die aufklappbaren Spielkonsolen, in die zwei kleine Bildschirme eingebaut sind. Der zwölfjährige Saito Miyauchi hält seinem Lehrer Raita Hirai schüchtern lächelnd den Bildschirm seiner Spielkonsole entgegen. "Das ist sehr gut", lobt Hirai. 45 Multiplikationen in 15 Minuten hat Saito auf seiner Konsole gelöst so viele wie kein anderer in der Klasse. "Ich habe mich schnell daran gewöhnt", erzählt Saito und zeigt, wie er die Konsole durch Berührung des Bildschirms mit einem Stift bedient.
Mathe auf der Konsole
Nana Watanabe stehen Schweißperlen auf der
Stirn, als sie die Rechenaufgaben löst. Mit der Spielkonsole Mathe zu üben
findet sie aber ganz praktisch: "Ich bin sehr beschäftigt mit meinem
Badminton-Club. Mit der Spielkonsole kann ich überall und sehr schnell
lernen." "Das Ziel ist, dass die Kinder selbst lernen", sagt Lehrer Hirai.
Mit den Spielkonsolen sei es wie mit dem Fernsehen, vergleicht Schuldirektor
Kazuhiro Fujiwara, ein ehemaliger Geschäftsmann. Sie könnten gut oder
schlecht für die Schüler sein, je nachdem, wie sie benutzt würden.
In der Stadt Yawata im Westen des Landes sind die Spielkonsolen seit diesem Jahr im Einsatz - im Englischunterricht. Jeden Tag üben die Schüler zehn Minuten lang neue Vokabeln mit den kleinen Computern. "Der Vorteil ist, dass die Schüler ein englisches Wort gleichzeitig sehen, hören und es schreiben können", sagt Yukimitsu Hayashi von der Schulbehörde der Stadt. Um 40 Prozent stieg ersten Studien zufolge der englische Wortschatz der Mittelschüler durch den Einsatz der Konsolen.
Günstiges Lehrmittel
Im Vergleich zu Computern sind die
Spielkonsolen ein günstiges Lernmittel, schildert Hayashi die Vorteile. Die
Konsole Nintendo DS koste etwa 17.000 Yen (105 Euro), das entspreche etwa
sechs Prozent der Kosten für einen Computer.
Auch die private Otemon Gakuin Volksschule in der Großstadt Osaka testete Spielkonsolen im Klassenzimmer. 38 Viertklässler im Alter von neun und zehn Jahren lernten ein halbes Jahr mit der Sony Playstation. Lehrer Toyokazu Takeuchi wurden die Ergebnisse der Kinder direkt auf seine Konsole übertragen. So konnte er sofort erkennen, welche Schüler welche Fehler machten. Von "E-Learning made in Japan" schwärmt der Lehrer. "Wir kombinieren die traditionelle Lehre des Lesens, Schreibens und Rechnens mit der Kraft der Informationstechnik und der Spielcomputer." Nach Abschluss des Pilotprojektes will Takeuchi bald auch in der zweiten Klasse die Playstation einsetzen.
Einen flächendeckenden Einsatz der Konsolen plant das japanische Bildungsministerium bisher zwar nicht. Für die Hersteller der Geräte ist die neue Anwendung in den Schulen dennoch eine positive Überraschung. Aufgrund der einfachen Bedienung rechne er damit, dass immer mehr Schulen Spielkonsolen einführten, sagt Kenichi Fukunaga von Sony. Die Eltern allerdings sorgten sich immer noch über neue Medien, "die sie nicht verstehen, die ihre Kinder aber faszinieren". Lehrer Hirai aus Tokio sieht in dem Trend hingegen sogar Chancen für Entwicklungsländer: "Eine Stromquelle reicht, und schon kann man sich das Wichtigste selbst beibringen."