Alte Menschen trainieren Gehirn, Muskeln und Reflexe.
Speziell entwickelte Spielautomaten und Videogames sollen japanische Senioren auf Trab halten. In dem Land mit einer der höchsten Lebenserwartungen weltweit wird im Jahr 2055 fast die Hälfte der Einwohner älter als 65 Jahre sein.
Erprobt wird das bereits von Tagesbesuchern eines Seniorenheims in Yokohama, einem Vorort von Tokio. Dort dreschen Menschen zwischen 80 und 90 Schaumstoffhämmern auf Plastikkrokodile ein und amüsieren sich, wenn aus dem Spielautomaten permanent neue Köpfe auftauchen. Die Alten kämpfen um Punkte, aber nicht allein zum Spaß. Die computergesteuerten Spiele sollen gleichzeitig Gehirn, Muskeln und Reflexe trainieren.
Geführt wird das Heim von einem Ableger der Firma Namco Bandai, die in den 1980er Jahren mit dem pillenfressenden PacMan den Videospiel-Markt revolutionierte. Inzwischen entwickelt das Unternehmen Video- und Computerspiele für die japanische "Silbergeneration", die wachsende Bevölkerungsgruppe der Senioren.
In dem von der Regierung ausgezeichneten Seniorenzentrum sind Automaten- und Videospiele nur eine von vielen Aktivitäten. "Wir bieten Unterhaltung, so dass die Senioren den ganzen Tag mit Spiel und Spaß verbringen und richtig müde sind, wenn sie nach Hause zurück kehren", sagt Yoshiaki Kawamura, Firmenchef des Betreibers Kaikaya Ltd.
Ranglisten
Mit Ranglisten und Wettbewerben versucht das Personal, die Senioren für Spiele wie "Thrilling Snakebuster II" zu begeistern. Bei dem von Namco Bandai in Kooperation mit der Universitätsklinik Kyushu entwickelten Spiel muss ein sitzender Spieler auf Schlangen treten, die nach dem Zufallsprinzip um ihn herum auftauchen. Nach Firmenangaben stärkt die Bewegung Beine und Hüftmuskeln, was Stürzen vorbeugen soll. Gleichzeitig werde das Gehirn besser durchblutet.
Vor allem der psychologische Effekt sei unbestreitbar: "Das Spiel ist ein wirksames Werkzeug, um die Stimmung älterer Menschen aufzuhellen, die tendenziell zuhause bleiben und sich vom sozialen Leben zurückziehen", befand der Mediziner Shinichiro Takasugi von der Universitätsklinik Kyushu. "Es kann auch dazu beitragen, dass sie sich auf möglicherweise sonst langweilige Reha-Übungen einlassen."
Bisher wurden Videospiele meist im Sitzen und allein gespielt, nun macht eine verbesserte Technologie mehr Bewegung möglich. Mit einem Bewegungssensor entwickelte der Physiotherapeut und Universitätsdozent Keizo Sato eine Spielesoftware, mit der Kraft und Gelenkigkeit trainiert werden sollen. Auch Senioren in ländlichen Gebieten ohne Therapeuten sollen damit anspruchsvolle Übungen machen können.
"Der Mangel an Fachpersonal für Ältere in kleineren Städten und die Kosten für Reha-Kurse werden das alternde Japan vor große Herausforderungen stellen", sagt Sato. Insgesamt entwickelte er vier Spiele, jedes habe spezielle Muskelgruppen im Fokus. "Die Software bietet nicht nur die Motivation, damit die Leute die Übungen gern machen, sondern zeigt auch, wie sie korrekt gemacht werden, ohne dass ein Therapeut dabei sein muss."
Der Medica Shuppan Verlag in Osaka brachte im vergangenen Jahr eine ähnliche Spielemaschine auf den Markt, entwickelt von Forschern der Universität Kyushu. In einem von der Regierung finanzierten Drei-Jahres-Projekt arbeitet dasselbe Team an einem weiteren Gerät. Auch Nintendo kündigte im Jänner an, auf dem Gesundheitsmarkt aktiver zu werden. Bereits jetzt bietet der führende Spielekonsolen-Hersteller mit seiner Wii Fit-Serie Fitness-Software an.